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Früherer Thomaskantor Rotzsch ist tot

Von 1972 bis 1991 leitete er den Thomanerchor. Dann musste Hans-Joachim Rotzsch sein Amt niederlegen. Mit 84 Jahren ist er nun gestorben.

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© dpa

Leipzig. Der frühere Thomaskantor Hans-Joachim Rotzsch ist am Mittwoch in Leipzig im Alter von 84 Jahren gestorben. Das teilte der Thomanerchor mit und bestätigte damit einen Meldung der „Leipziger Volkszeitung“. Rotzsch war bei dem Chor zunächst Stimmbildner und von 1972 bis 1991 Thomaskantor. „Sein Thomaskantorat fiel in eine von politischen Umbrüchen geprägte Zeit. Unter Hans-Joachim Rotzsch konnte der Thomanerchor seine Spitzenposition unter den Knabenchören weltweit ausbauen“, würdigte der berühmte Knabenchor seinen früheren Chef. Er hatte 1991 wegen Zusammenarbeit mit der Stasi sein Amt niederlegen müssen. Die traditionelle Motette in der Thomaskirche an diesem Freitag soll nun dem Andenken des Toten gewidmet werden.

Rotzsch stammte aus Leipzig. Von 1949 bis 1953 studierte er an der Musikhochschule in der Messestadt. 1972 übernahm er den Thomanerchor, der gemeinsam mit dem Dresdner Kreuzchor die Jahrhunderte alte Chortradition in Sachsen pflegte und auch damals schon international bekannt war. 1983 übernahm Rotzsch zusätzlich das Amt des Präsidenten des „Johann-Sebastian-Bach-Komitees“ der DDR. Als CDU-Mitglied war er seit 1977 zudem Stadtverordneter von Leipzig. Den Chorknaben wurde er in den langen Jahren seines Wirkens zu einer Symbolfigur. „Ich glaube, dass ich im Endeffekt unter den obwaltenden Bedingungen das Optimale erreicht habe“, resümierte er 1991.

Zu diesem Zeitpunkt stand Rotzsch bereits wegen seiner Stasi- Verstrickung im Fokus. Nach Untersuchungen der damaligen Gauck- Behörde war er bis Herbst 1989 als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi geführt worden. Im Mai 1991 trat er von seinem Amt als Chorleiter zurück - die Leipziger Stadtverordnetenversammlung hatte eine Weiterbeschäftigung als „nicht mehr vertretbar“ bezeichnet. Bis zum Jahr 2000 wirkte er am Lehrstuhl für Evangelische Kirchenmusik am Mozarteum Salzburg. (dpa)