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Gastronomen in Personalnot

In der Stadt ein Zimmermädchen oder einen Koch zu finden, ist schwer. Darunter leiden Hotels, Restaurants und Touristen.

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Von Matthias Nicko

Ramona Faber schüttelt die Betten aus und sagt: „Wir sind ein gutes Team.“ Sie freut sich über ihren Job im Hotel zum Hothertor. Dort arbeitet sie als Zimmermädchen.

Die aus Jelenia Gora (Hirschberg) stammende Frau ist fest angestellt. Sie kümmert sich um 18 Zimmer mit 31 Betten und hält die Bäder sauber.

Vor der Stelle bei Hotelchef Gunnar Buchwald hat Frau Faber in Görlitz in zwei Hotels und zwei Firmen gearbeitet. Dort war das Personal knapp. Von früheren Kolleginnen weiß sie, dass die Chefs auch derzeit Zimmermädchen suchen. Die Polin erhielt selbst Angebote.

Gunnar Buchwald verwundert die Personalnot nicht. Er sagt: „Die Arbeiten eines Zimmermädchens sind nicht angenehm.“ Mancher richte sich lieber in der sozialen Hängematte ein, als sich für wenig Geld den Buckel krumm zu machen. Der Hotelchef hat ein Stundenkonto eingerichtet: Was Ramona Faber im touristenreichen Sommerhalbjahr an Überstunden anhäuft, kann sie im Winter abbummeln. Denn dann folgt im Hotel laut Buchwald „der Totentanz“ – bei weiterlaufenden Löhnen.

Wie wenig attraktiv die Arbeit als Zimmermädchen an der Neiße ist, beweist die Tatsache, dass andere Hotels die Frauen nur im Sommer beschäftigen und bezahlen. Welcher Arbeitnehmer aber will sich damit arrangieren? Einige Gastronomen mieten nach Bedarf Reinigungskräfte aus Fremdfirmen an, anstatt ein Zimmermädchen fest anzustellen.

Freie Stellen, die keiner will

21 freie Stellen in Beherbung und Gastronomie gibt es derzeit in und um Görlitz. Das sagt Alexander Ulbricht, Sprecher der Arbeitsagentur Bautzen. Auf „Jobtouren“ versucht die Behörde, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenzubringen.

Neben Zimmermädchen werden in Görlitz vor allem Köche, Kellner oder Küchenhilfen gesucht. Doch kaum jemand möchte die offenen Stellen haben, beklagt Vincenzo Colucci, Chef des Ristorante La Taverna an der Brüderstraße. Er suchte anderthalb Jahre nach einem Koch. „Wir arbeiten schnell und haben Druckzeiten“, erklärt der 29-Jährige. Damit könne nicht jeder umgehen. Hinzu kämen Wochenend- und Feiertagsarbeit.

Colucci, der aus einer Gastronomenfamilie stammt, beschäftigt einen italienischen Koch, drei deutsche Küchenhilfen und ebensoviele Kellner. Diese kommen aus Deutschland, der Ukraine und Bulgarien. Ein Sprachproblem gebe es nicht, denn die Servicekräfte hätten in Görlitz studiert.

Heidrun Walter kennt die Probleme ihres Berufskollegen: Die Inhaberin des „Faltenrock“ am Obermarkt bemühte sich zwischen März und Juni um einen neuen Küchenchef. Die junge Frau, die sie schließlich vor drei Wochen fand, beginnt aber im Herbst eine andere Ausbildung. Dann geht die Suche von vorn los. Das Arbeitsamt hatte Frau Walter im vergangenen Vierteljahr 20 Köche und Köchinnen auf Stellensuche benannt. Doch von den Arbeitslosen meldeten sich ganze drei bei ihr.

Teilweise schmiss die Chefin Küche und Service notgedrungen allein, zuweilen half die Tochter aus. Die langen Tage mit dem wenigen Personal seien körperlich anstrengend, sagt Frau Walter. Auch deshalb schließt die 50-Jährige von 14.30 bis 17 Uhr ihr Lokal.

Lohnniveau ist gering

Dass sich Arbeitskräfte nur schwerlich für Görlitzer Gaststätten und Hotels begeistern lassen, liegt nicht zuletzt am geringen Lohnniveau. Ein ausgebildeter Koch erhält laut Tarifvertrag 1450 Euro brutto, ein angelerntes Zimmermädchen 1345 Euro. Das teilt Gerhard Schwabe vom Hotel- und Gaststättenverband Sachsen mit. Doch manchem langt sein Arbeitslosengeld. Etwa, nachdem er in Österreich in einer Skisaison gutes Geld verdient hat. So berichtet es ein Görlitzer, der Einblick in die Materie hat, namentlich aber nicht genannt werden möchte.

Gunnar Buchwald vom Hotel zum Hothertor kann froh sein, eine Mitarbeiterin wie Ramona Faber gefunden zu haben. Sie hält dem Haus seit 2008 die Treue.