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Geburtstagsgrüße aus Moskau

Überschattet von internem Streit feiert die Nato ihr 70-Jähriges Bestehen. Die USA lesen Deutschland wieder einmal die Leviten. Und aus Moskau kommen spöttische Wünsche.

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© Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

Washington. Unter dem Druck der USA haben Deutschland und die anderen Nato-Verbündeten bei den Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen des Militärbündnisses ein neues Bekenntnis zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben abgegeben. "Wir haben wesentliche Fortschritte erzielt, aber wir können, müssen und werden mehr tun", heißt es in einer von den Außenministern in Washington verabschiedeten Erklärung. Der Streit über die Verteidigungsausgaben hatte das zweitägige Treffen zuvor ebenso überschattet wie eine Auseinandersetzung zwischen den USA und der Türkei über den Kauf eines umstrittenen russischen Raketenabwehrsystems durch die Regierung in Ankara.

Moskau richtete am Donnerstag scharfzüngige Geburtstagsgrüße an die Nato. Die russische Regierung wünschte dem Bündnis "innere Ruhe" - ein Seitenhieb auf die internen Streitigkeiten. "Was kann man der Nato denn mit auf den Weg geben?", fragte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Moskau. "Weniger nervös zu sein und nicht zwanghaften Ideen und Ängsten zu folgen." Als Nachsatz fügte sie hinzu: "Und natürlich Weisheit."

Die Regierung von Präsident Donald Trump hatte zuvor erneut deutliche Mahnungen an Deutschland und andere Alliierte gerichtet. Außenminister Mike Pompeo warnte mit Blick auf die Verteidigungsausgaben, es sei nicht die Zeit, "müde Ausreden" zu wiederholen. Stattdessen sei es die Pflicht jedes Mitgliedstaates, seine Bürger von der Notwendigkeit höherer Ausgaben zu überzeugen.

Maria Sacharowa ist die Sprecherin des russischen Außenministeriums.
Maria Sacharowa ist die Sprecherin des russischen Außenministeriums. © imago/ITAR-TASS

Trumps Vize Mike Pence hatte schon am Mittwoch zu einem neuen Rundumschlag gegen Deutschland ausgeholt: Er kritisierte die deutschen Verteidigungsausgaben und rügte Deutschlands Kooperation mit Russland beim Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2.

Konkret erneuerten die 29 Nato-Staaten am Donnerstag noch einmal ihr Versprechen, das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel aus dem Jahr 2014 einzuhalten. Dieses wird allerdings unterschiedlich interpretiert. Nach Auffassung der USA haben sich damals alle Nato-Staaten verpflichtet, spätestens 2024 mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Die Bundesregierung verweist jedoch darauf, dass im Beschluss lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der zwei Prozent zu bewegen.

Die Bundesregierung hat bislang nur 1,5 Prozent zugesagt und kann nicht einmal darlegen, wie sie dieses Ziel erreichen will. Die mittelfristige Planung sieht nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium nur 1,26 Prozent für das Jahr 2023 vor. Demnach müssten die Verteidigungsausgaben von 2023 auf 2024 um einen zweistelligen Milliardenbetrag erhöht werden, wenn das Ziel erreicht werden soll.

Bundesaußenminister Heiko Maas war bemüht, den Streit über die Verteidigungsausgaben herunterzuspielen. "Es ist nicht so, dass diese Debatte hier in irgendeiner Weise unversöhnlich geführt wird", sagte er. "Die Nato ist eine große multilaterale Erfolgsgeschichte, daran hat auch Deutschland seinen Anteil."

Der SPD-Politiker versicherte erneut, dass Deutschland seine Zusagen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben einhalten werde. "Deutschland wird sich an seine Verpflichtungen halten und wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass die Nato allen Herausforderungen der Zukunft auch gerecht werden kann." 70 Jahre Nato bedeuteten 70 Jahre Sicherheit auch für Deutschland. "Wir werden die Nato auch in Zukunft brauchen."

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte: "Alle Verbündeten haben das Versprechen abgegeben, mehr in Verteidigung zu investieren und die Lastenteilung im Bündnis zu verbessern." Man habe dieses Versprechen nicht abgegeben, um die USA zu erfreuen, sondern weil man in einer zunehmend unsicheren und unberechenbaren Welt leben.

Heiko Maas (SPD, 2. Reihe Mitte), Außenminister von Deutschland, steht neben den Außenministern der NATO-Staaten für ein Gruppenfoto während eines Festaktes zum 70-jährigen Bestehen der NATO. 
Heiko Maas (SPD, 2. Reihe Mitte), Außenminister von Deutschland, steht neben den Außenministern der NATO-Staaten für ein Gruppenfoto während eines Festaktes zum 70-jährigen Bestehen der NATO.  © Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

In der Abschlusserklärung bekräftigten die Außenminister noch einmal ihre Unterstützung für Artikel 5 des Nordatlantikvertrags. In diesem ist festgeschrieben, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere von ihnen als ein Angriff gegen alle angesehen werden wird und sie sich gegenseitig unterstützen. Der Bündnisfall wurde bislang erst einmal ausgelöst - und zwar nach den Terrorangriffen gegen die USA vom 11. September 2001.

Trump hatte in der Vergangenheit mehrfach Zweifel daran geweckt, ob die USA im Fall eines Angriffs auf einen europäischen Alliierten wirklich bedingungslos militärische Unterstützung leisten würden. Aus Verärgerung über die seiner Meinung nach zu geringen Verteidigungsausgaben von Ländern wie Deutschland drohte er sogar mit einem Rückzug der USA aus dem Bündnis. Auch seine russlandfreundlichen Aussagen hatten in der Vergangenheit zu Verunsicherung in der Nato geführt.

Die Außenminister einigten sich nun darauf, nach der jüngsten Eskalation des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland die Ausbildung von ukrainischen und georgischen Küstenschützern zu intensivieren. Zudem soll es weitere Hafenbesuche von Nato-Schiffen, gemeinsame Übungen und einen verstärkten Informationsaustausch geben. "Gerade jetzt ist ein Marine-Einsatzverband der Nato zu einer Patrouille im Schwarzen Meer", erklärte Stoltenberg.

Auslöser der jüngsten Eskalation des Ukraine-Konflikts war eine Konfrontation im Schwarzen Meer. Die russische Küstenwache hatte Ende November drei ukrainische Marineboote gewaltsam an der Fahrt durch die Meerenge von Kertsch ins Asowsche Meer gehindert. Die Boote samt Besatzung wurden festgesetzt. Die Seeleute sind bis heute in U-Haft.

Zwischen den USA und Türkei verschärfte sich unterdessen der Streit um den Kauf eines umstrittenen russischen Raketenabwehrsystems durch Ankara. Die USA erhöhten den Druck auf die Türkei, die an dem Deal mit Moskau aber unbeirrt festhielt. (dpa)