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Gefährliche Farbenspiele in Thailand

Die Angst geht um im „Land des Lächelns“. „Es ist zu gefährlich, heute gelbe Hemden zu tragen“, sagt die 43-jährige Hausfrau Chom Jong auf dem Markt Klong Toey, „das ist jetzt politisch.“ Seit mehreren...

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Von Willi Germund,SZ-Korrespondent in Bangkok

Die Angst geht um im „Land des Lächelns“. „Es ist zu gefährlich, heute gelbe Hemden zu tragen“, sagt die 43-jährige Hausfrau Chom Jong auf dem Markt Klong Toey, „das ist jetzt politisch.“ Seit mehreren Jahren geht ganz Bangkok montags – dem Wochentag, an dem König Bhumibol geboren wurde – zum Zeichen der Verehrung für den Monarchen in gelben (der Farbe des Monarchen) Hemden zur Arbeit.

An diesem Montag wagte sich kein einziger Thailänder in einem solchen Kleidungsstück auf die Straßen der Hauptstadt. Die Regierungsgegner von der rechtsgerichteten „Volksallianz für Demokratie“ (PAD) tragen ebenfalls gelbe Hemden. Auch den Lehrerinnen, Hausfrauen, Pensionären und Schlägertrupps der PAD, die seit Ende August den Amtssitz des Premierministers im Regierungsviertel Bangkoks besetzt hielten und dort Uzi-Maschinenpistolen, Gewehre und Revolver erbeuteten, wurde es am Montag zu mulmig.

Die Nervosität steigt

Sie räumten das Gelände und fuhren mit einer Flotte von bereitstehenden Fahrzeugen zu den okkupierten Flughäfen Suvarnabhumi und Don Muang, ohne dass die Polizei sie stoppte. Die Begründung des ehemaligen Armeegenerals Chamlong Srimuag, einem ihrer fünf Führer: „Das ist zu gefährlich geworden.“ In der Nacht zum Sonntag war eine Granate auf dem Gelände explodiert und hatte Dutzende von Verletzten gefordert.

Die Nervosität steigt, seit sich am Sonntagabend Tausende von „Roten Hemden“ vor Bangkoks Stadtverwaltung versammelt haben, die von der regierungstreuen „Demokratischen Allianz gegen die Diktatur“ (DAAD) mobilisiert wurden. Viele Teilnehmer waren mit kleinen Mopeds gekommen, für Autos reicht ihr Einkommen meistens nicht. Einige schwenkten Porträts des 2006 von den Militärs gestürzten und jetzt im Exil lebenden ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra.

„Die Militärs und die PAD sind wie eine Mafia“, sagt die 32-jährige Ticktok Pratibha, „sie wollen uns bestehlen.“ Auf der blutrot verkleideten Bühne mobilisiert derweil ein Sprecher die Menge. „Wir müssen einen Staatsstreich der Justiz verhindern“, ruft er, „am Dienstag werden wir das Gebäude des Verfassungsgerichts blockieren.“

Die Taktik haben sie von den „Gelben Hemden“ kopiert, und die Aktion soll die Regierung von Premierminister Somchai Wongsawat, einem Schwager Thaksins, vor der Absetzung bewahren. Die Richter des Verfassungsgerichts, die während der Militärherrschaft von 2006 bis Ende 2007 von den Generälen ernannt wurden, wollen heute das öffentliche Verfahren über eine Auflösung der regierenden „Peoples Power Party“ (PPP) beginnen und möglicherweise auch ihr Urteil verkünden.

Zumindest Premier Somchai, dessen Absetzung die „Gelben Hemden“ erzwingen wollen, ließ gestern anklingen, dass er noch etwas Vernunft besitzt. „Ich bin bereit, den Rat von König Bhumibol einzuholen“, sagte er. Sollte das militärhörige Verfassungsgericht die Auflösung seiner Partei beschließen, muss er wohl zurücktreten.

Übergangsregierung denkbar

Das Gericht könnte eine Übergangsregierung einsetzen, spekulieren Diplomaten. „Thailand droht außer Kontrolle zu geraten“, sagt der Politologe Thitinan Pongsudhirak von der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Er muss es wissen. Vor einigen Monaten weigerte sich das medizinische Personal des Hospitals, Polizisten zu behandeln, die bei einem Zusammenstoß mit den „Gelben Hemden“ verletzt worden waren.