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Geheimnis der Rabensteine gelüftet

Um 1850 verschwanden die letzten Kolkraben. Inzwischen fühlen sie sich hier wieder wohl. Mit der Nachzucht hapert es.

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© Ulrich Augst

Von Ulrich Augst

Kirnitzschtal. Sie zählt zu den zeitigsten Naturschauspielen im Jahr, die Balz der Kolkraben. Mit lauten „Krrock“- oder „Rrack“-Rufen und lauten Flügelschlägen flattern sie immer dicht beieinander über die Felsen und Wälder unserer Heimat. Immer wieder drehen sie sich dabei auf den Rücken und immer haben sie sich etwas zu erzählen. Kolkraben sind unsere größten Singvögel – größer als ein Mäusebussard.

Um 1850 verschwanden die letzten Brutpaare aus Sachsen. Restpopulationen existierten in Deutschland nach dem letzten Krieg nur im Süden und Nordosten. Die Bestände erholten sich dank strenger Schutzmaßnahmen rasch und nahmen stetig zu. Heute ist ganz Mitteleuropa wieder flächendeckend vom Raben besiedelt.

Im Elbsandsteingebirge beobachtete man Anfang des 19. Jahrhunderts die letzten Kolkraben auf Reinhardtsdorfer Revier und später erinnerten nur noch die Rabensteine im Kirnitzschtal an ihre einstigen Bewohner. Im Februar 1979 wurde der erste Kolkrabe im Elbsandsteingebirge gesichtet und weitere folgten in den Jahren danach. Im Frühjahr 1984 entdeckte man nah der Landesgrenze die erste Ansiedlung.

Vogelexperten gelang es damals nicht, eine Brut nachzuweisen, doch in den Jahren 1986 und 1987 beobachteten sie im bekannten Revier das Brutpaar mit seinen flüggen Jungvögeln. Im Jahr 1988 gelang der erste Brutnachweis im Bielatal auf sächsischer Seite. Drei Jungvögel flogen aus. Rasch hatte der Kolkrabe wieder das gesamte Elbsandsteingebirge besiedelt, wo er fast ausschließlich an Felsen nistet.

Lilienstein als Lieblingsbrutplatz

Dass der Rabe, mit etwa 15 bis 20 Brutrevieren, im gesamten Elbsandsteingebiet seine optimale Bestandsdichte erreicht hat, zeigt der oftmals recht geringe Bruterfolg. Nur die Hälfte aller jährlich begonnenen Bruten verläuft erfolgreich und nur selten sind es mehr als drei Jungvögel, die ausfliegen. Oft werden Horste über viele Jahre hin bezogen. Felsen wie der Lilienstein und der Pfaffenstein sind nun mittlerweile schon über Jahrzehnte bewohnt. Nach auffälliger Balz mit bemerkenswerten Flugspielen, begleitet von auffälligen und formenreichen Rufen, beginnen Kolkraben sehr zeitig im Jahr, oft schon im Februar, mit der Brut. Das Weibchen bebrütet die drei bis sechs Eier im Nest 20 bis 22 Tage allein. Die Eier sind übrigens bläulich-grünlich gefärbt und haben dunkle, olivbraune Flecken. Die Rabendame wird vom Männchen mit der im Kehlsack transportierten Nahrung gefüttert. Sind die Jungvögel nach etwa 40 Tagen ausgeflogen, werden sie bald von den Eltern ins mitunter recht weit entfernte Nahrungsgebiet geführt. An den Brutplätzen ist es dann auffallend ruhig.

Im August erscheinen die Altvögel wieder an ihren Horstplätzen und es kommt zu den gleichen Verhaltensweisen wie bei der Balz im zeitigen Frühjahr. Dabei werden mitunter ein oder mehrere neue Horstanlagen errichtet, die aber oft unvollständig bleiben. Erst in späteren Jahren werden sie ausgebaut und auch dann erst zur Brut benutzt. Die flüggen Jungvögel und weitere unverpaarte Kolkraben schließen sich zu mitunter recht großen Schwärmen zusammen. Dann ist es keine Seltenheit, zehn oder viel mehr Kolkraben beisammen zu sehen.