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Generationswechsel im Hotel Rabennest

Regina Kiesewalter hat in Rabenau Hotel und Gaststätte an den Sohn übergeben. Doch anderen Wirten gelingt das nur selten.

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© Egbert Kamprath

Von Annett Heyse

Rabenau. Rudi klettert auf seinem Ast herum und krächzt. Freundlich klingt das nicht gerade und ist es höchstwahrscheinlich auch nicht gemeint. „Ich schätzte, der hat Hunger“, sagt Ronny Kiesewalter mit Blick auf die Rabenkrähe. Rudi ist seit 1995 das Maskottchen vom Rabenauer „Rabennest“. Da kam er als Küken zu den Kiesewalters, nachdem er aus seinem Nest gefallen war. Nun kann Rudi bei der jüngeren Generation unterschlüpfen. Regina Kiesewalter, bisher Chefin von Gaststätte und Hotel an der Nordstraße, hat das Haus an Sohn Ronny und Schwiegertochter Marlene übergeben. „Glück gehabt“, sagt sie dazu.

Denn Gaststätten und Hotelbetriebe haben es zunehmend schwerer, wenn ein Generationswechsel ansteht. Viele ältere Betreiber können ihren Nachwuchs nicht vom Gastrogewerbe überzeugen. Unregelmäßige und familienunfreundliche Arbeitszeiten, aber teils auch schlechte Verdienstmöglichkeiten, sind dabei nicht die alleinigen Gründe, weshalb es viele ausgebildete Köche und Kellner in andere Branchen zieht. „Übergaben sind auch schwierig zu finanzieren“, sagt Jens Vogt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands in Sachsen (Dehoga). Das sei von laufenden Krediten, notwendigen Investitionen, der Altersvorsorge für die Eltern abhängig. Auch wagen viele die Selbstständigkeit in der Gastronomie nicht mehr, weil die Branche mit immer neuen hohen Auflagen regelrecht überschüttet werde, so Vogt. Und oft sind die Hierarchien in den Betrieben auch nicht klar geregelt. „Da können die Eltern nicht loslassen und wollen weiter mitmischen.“

13 Mitarbeiter im Team

Loslassen möchte auch Regina Kiesewalter nicht gleich. Sie hatte sich schon vor Jahrzehnten dem Gastgewerbe verschrieben. Zu DDR-Zeiten bediente die Ökonomin gemeinsam mit ihrem damaligen Mann nebenberuflich in Freitals Goldenem Löwen. Als in der Wendezeit jemand für die Gastronomie in Rabenaus Haus der Jugend gesucht wurde, bewarb sie sich. Damals waren in dem Mehrzweckgebäude am Stadtrand nicht nur der Jugendklub, sondern auch die Tischtennisspieler und eine Mütterberatung untergebracht. An den Wochenenden schenkte Regina Kiesewalter fortan Imbiss und Getränke an die Jugend aus. Als die Stadt das Gebäude zum Verkauf anbot, schlugen die Kiesewalters zu. Sie kauften das Haus und verwandelten es innerhalb von knapp drei Jahren in ein Hotel mit Gaststätte. Das „Rabennest“ wurde 1993 eröffnet.

Da lernte Sohn Ronny bereits Koch und stieg 1995 anstelle des Vaters in den Betrieb ein. Die Küche ist aber nicht mehr sein Domizil. „Ich mache hier alles außer Kochen“, sagt er und lacht. Dafür ist er Hausmeister, Manager, Gärtner, Handwerker. Seine Partnerin, gelernte Restaurantfachfrau, kümmert sich um den Service. Insgesamt gehören zum Rabennest-Team 13 Mitarbeiter.

Ein Haus für jede Generation

Das Haus hat elf Hotelzimmer und insgesamt 20 Betten. Es gibt jeweils zwei Kegel- und Bowlingbahnen, zur Gaststätte gehören auch zwei separate Räume zum Feiern. Man wolle, das war immer Philosophie des Hauses, für ein gemischtes Publikum da sein. „Deshalb ist es gut“, sagt der neue Chef, „dass hier mehrere Generationen zusammenarbeiten“. Schon immer habe man wichtige Schritte gemeinsam im Team entschieden, obwohl natürlich die Senior-Chefin das letzte Wort hatte. Die wird sich jetzt etwas aus dem Betrieb nehmen, dem „Rabennest“ aber erhalten bleiben: „Ich kümmere mich um die Büroarbeiten, als Ökonomin brauche ich das ab und zu.“

Ändern solle sich im Rabennest unter seiner Führung nicht viel, sagt Ronny Kiesewalter. Im Kleinen habe man ohnehin immer wieder neue Ideen entwickelt um umgesetzt. So kam 2005 der Anbau mit den Kegel- und Bowlingbahnen dazu. Der ist so angelegt, dass man darauf auch noch einen Wintergarten, eine Terrasse oder Ähnliches setzen könnte. Und die Familie hat immer wieder ins Haus investiert: Heizanlage, Küchengeräte, die Ausstattung der Zimmer, ein kleiner Spielplatz neben dem Biergarten – manches bemerkt der Gast auf einen Blick, vieles spielt sich aber auch hinter den Kulissen ab.

So dürfte selbst vielen Stammgästen gar nicht auffallen, dass in der Rabennest-Geschichte nun eine neue Zeit anbricht. Für Regina Kiesewalter jedenfalls hat es sich zwar nach 25 Jahren harter Arbeit etwas seltsam angefühlt, das Haus zu übergeben. „Aber es ist auch ein großer Segen, dass ich weiß: Die Arbeit wird fortgeführt.“

www.hotel-rabennest.de