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Gerichtshof verurteilt Deutschland in Fall von DDR-Verstaatlichung

Straßburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Deutschland in einem Fall von verstaatlichtem Grundbesitz in der DDR verurteilt. Geklagt hatten die Erben eines deutschen Unternehmers, der 1939 ein fast 3.000 Quadratmeter großes Gelände in Babelsberg bei Berlin gekauft hatte.

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Straßburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Deutschland in einem Fall von verstaatlichtem Grundbesitz in der DDR verurteilt. Geklagt hatten die Erben eines deutschen Unternehmers, der 1939 ein fast 3.000 Quadratmeter großes Gelände in Babelsberg bei Berlin gekauft hatte. Ursprünglich gehörte das Gelände einer jüdischen Familie, die es unter den Nationalsozialisten zwangsweise verkaufen musste. 1953 enteignete die DDR dann den Unternehmer und führte das Grundstück in Staatsbesitz über. Das Gelände wurde dann für die staatliche Filmindustrie genutzt.

Die Ansprüche der Erben des Unternehmers auf Rückerstattung oder Entschädigung hatten deutsche Gerichte bisher abgewiesen. Nach diesem Urteil des EGMR von Donnerstag können sie ihre Forderungen vor deutschen Gerichten geltend machen. Den Wert des Geländes in Babelsberg schätzt Klägeranwalt Otto Depenheuer auf etwa 1,5 Millionen Euro.

Prozessflut nicht zu befürchten

Die Bundesregierung muss nach diesem Urteil aber kaum eine Prozessflut befürchten. Wegen der komplexen Umstände handelt es sich eher um einen Sonderfall. Statistiken über offene Ansprüche nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, auf die diese besonderen Umstände zutreffen, gibt es nicht.

Gerügt wurde Deutschland wegen einer Verletzung des Schutzes auf Eigentum. Der Grund: Deutschland hatte das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen 1998 rückwirkend verändert. „Die rückwirkende Änderung des Vermögensgesetzes hat „eine Ungleichheit zugunsten des Staates und zuungunsten der Beschwerdeführer“ geschaffen, hieß es in der Urteilsbegründung.

Einen zweiten Fall, der ein Grundstück in Erfurt betraf, wiesen die Richter ab. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtsgültig. Dagegen kann innerhalb von drei Monaten Berufung beantragt werden. (dpa)