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Gerüchte um Brand in Lotzdorf

Das schlimme Feuer im Gasthof sorgt noch immer für Diskussionen. Nun heißt es sogar, ein Hydrant habe nicht funktioniert.

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© Willem Darrelmann

Von Jens Fritzsche

War es Brandstiftung? Noch kann das nicht klar gesagt werden, heißt es von der Polizei. Die Brandermittler prüfen noch, was letztlich das schlimme Feuer im seit Jahren leer stehenden Gasthof „Neues Leben“ im Radeberger Ortsteil Lotzdorf ausgelöst hat. Am frühen Sonnabendmorgen, kurz vor sechs, musste jedenfalls ein Großaufgebot der Feuerwehr nach Lotzdorf ausrücken. Insgesamt 64 Feuerwehrwehrleute aus Radeberg, Liegau-Augustusbad, Ullersdorf, Großerkmannsdorf und Ottendorf-Okrilla waren im Einsatz – ein Einsatz, der verhinderte, dass die Flammen auf die nahen Wohngebäude ringsum übergriffen.

Doch nun macht in Radeberg ein Gerücht die Runde. Medien hatten berichtet, ein Hydrant neben dem alten Gasthof habe nicht genügend Wasserdruck gehabt, so dass wertvolle Zeit verloren gegangen sei, bis die Schlauchverbindungen zur Röder an der Tobiasmühle und der Löschwasser-Entnahmestelle an der Röderbrücke am Abzweig nach Liegau hergestellt worden waren. Aussagen, die Radebergs Feuerwehrchef Frank Höhme nur mit Kopfschütteln kommentieren kann, wie er sagt. „Das ist völliger Blödsinn, die Hydranten in Radeberg funktionieren!“ Die Schlauchverbindungen – immerhin 1 600 Meter aus rund 80 verbundenen Schläuchen – seien vielmehr aufgebaut worden, „weil wir für die Hochdruck-Wasserwerfer eine Unmenge Wasser brauchen“, beschreibt Höhme. Würde diese Menge über die Hydranten aus dem Trinkwassernetz gezogen, würde das zum einen unheimliche Kosten verursachen, so der Feuerwehrchef. „Und zum anderen wirbelt das in den Trinkwasserkanälen das Wasser derart auf, dass es zu Problemen kommen kann!“ Aus diesen Gründen sei die Feuerwehr bemüht, möglichst natürliche Ressourcen – wie die nahe Röder – zu nutzen. „Natürlich nur dort, wo es auch funktioniert“, stellt Höhme klar.

Hydranten funktionieren

In Lotzdorf wurde zudem für Brandfälle extra vorgesorgt. So ist hier eine unterirdirsche Zysterne angelegt – ein unterirdischer Wasserspeicher sozusagen –, die im Brandfall „angezapft“ wird. „Das haben wir gemacht“, sagt Feuerwehrchef Frank Höhme. Außerdem war für den vor einem Jahr eingeweihten Erweiterungsbau der Ludwig-Richter-Oberschule – nur wenige Meter vom abgebrannten Gasthof entfernt – eigens eine neue Löschwasser-Entnahmestelle an der Röder in Höhe der Brücke nach Liegau gebaut worden. Die ist nun zum ersten Mal für den Ernstfall genutzt worden.

Die Hydranten, stellt der Radeberger Feuerwehrchef klar, werden zudem regelmäßig gewartet. „Das ist eine Aufgabe des Wasserversorgungsbetriebs – die Hydranten sind in Ordnung“, unterstreicht Frank Höhme. „Die Radeberger können beruhigt sein – die Hydranten funktionieren in jedem Fall!“

Wie es nun mit der Brandruine mitten in Lotzdorf weitergehen wird, ist dabei derzeit offenbar genau so offen wie die Brandursache. Wobei ein technischer Defekt als Auslöser auf den ersten Blick wohl ausgeschlossen werden kann, heißt es im Ort. Weder Gas noch Strom lagen in dem seit Jahren ungenutzten Gasthof an…

Man muss von einem Totalschaden ausgehen

Wie hoch der Schaden letztlich ist, kann noch nicht beziffert werden. Wobei schon am Sonnabendmittag von einem Totalschaden ausgegangen wurde. Das morsche Dach ist komplett zerstört – das Gebäude zu betreten ist lebensgefährlich, heißt es. Die Decken sind in den alten Saal gestürzt – eine rot-weiße Absperrung soll allzu neugierige Schaulustige abhalten. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass Mauerteile abstürzen.

In Lotzdorf gehen die meisten jedenfalls davon aus, dass der Ort nun endgültig sein seit Jahren verfallendes einstiges Wahrzeichen verloren haben dürfte. Ein fast legendärer Ort. Denn hier im Saal waren gut hundert Jahre lang Lotzdorfs Radballer und Kunstradfahrer zu Hause. Gegründet 1899 standen später zahllose Sachsenmeister-Titel, etliche DDR-Meistertitel, und auch Weltmeisterschaftsteilnahmen in der Chronik des Vereins. Doch nach der Wende war Schluss. Der Gasthof war verkauft worden – und damit die Trainingsstätte der Radsportler passé. Doch auch der alte Gasthof geriet mehr und mehr in Vergessenheit. Genutzt wurde er längst nicht mehr. Dabei wurden hier über Jahre durchaus auch spektakuläre Feste gefeiert. Im Januar 1922 zum Beispiel war hier zum „größten Ballfest aller Zeiten“ eingeladen worden. Es gab Feuerwerk und der damals bekannte Weltmeister im Turniertanz, Hans Römer-Leonard, war zu Gast. Er hatte zuvor große Tanzturniere in London, Paris und Berlin gewonnen – nun war er in Lotzdorf zu Gast gewesen…

Es deutet jedenfalls alles darauf hin, dass mit dem Feuer am Sonnabend nun endgültig keine neuen Geschichten aus dem alten „Neuen Leben“ mehr hinzukommen werden…