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Diagnose Krebs: So finden Sie das richtige Krankenhaus

In Sachsen bieten viele Kliniken Krebsbehandlungen an. Doch selbst der Zusatz Tumorzentrum garantiert noch keine Qualität.

Von Steffen Klameth
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Die allermeisten Patienten in Deutschland müssen keine weiten Wege zum nächsten Darmkrebszentrum zurücklegen.
Die allermeisten Patienten in Deutschland müssen keine weiten Wege zum nächsten Darmkrebszentrum zurücklegen. © 7activestudio/123RF

Die Diagnose Krebs trifft die allermeisten Patienten völlig unvorbereitet. Nur die wenigsten haben sich vorher schon mal mit dem Thema beschäftigt. Man blendet es einfach aus, in der Hoffnung, dass man selbst nie davon betroffen sein wird.

Doch ist der Krebs dann da, steht irgendwann die Frage: Wo soll ich mich behandeln lassen? Und welche Therapie ist für mich die beste? Erfahrungen von Betroffenen zeigen, dass niedergelassene Ärzte gern Krankenhäuser in der näheren Umgebung empfehlen. Das klingt zunächst plausibel, denn Patienten schätzen kurze Wege. Doch die Entfernung allein sollte nie das einzige Kriterium sein.

Der Krebsinformationsdienst – eine Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums – weist darauf hin, dass die Entscheidung von mehreren Faktoren abhängt: von der Krebsart, von der Erkrankungssituation und von der Behandlung, die man benötigt. Eine Orientierung liefert etwa die Zahl der behandelten Patienten mit der gleichen Krebsart und das Angebot mehrerer verschiedener Therapiemöglichkeiten. Bei der Suche kann es hilfreich sein, wenn man eine Zweitmeinung einholt. Auch die Krankenkasse kann Patienten dabei unterstützen.

Zertifikat benötigt

Für Laien erscheinen die vielen verschiedenen Bezeichnungen zunächst verwirrend, häufig taucht dabei das Wort Zentrum auf. Das allein sagt aber – etwa im Falle eines Tumorzentrums – noch nicht viel aus. Hilfreicher ist das dreistufige Konzept, das die Deutsche Krebsgesellschaft und die Stiftung Deutsche Krebshilfe entwickelt haben. Es besteht aus Organkrebszentren, Onkologischen Zentren und Onkologischen Spitzenzentren. „Diese Strukturen sollen dazu führen, dass Tumorpatienten in Deutschland flächendeckend nach einheitlichen, hohen Qualitätsstandards behandelt und versorgt werden“, heißt es bei der Deutschen Krebshilfe.

Ein wesentliches Merkmal eines Krebszentrums ist die enge Zusammenarbeit von stationären und ambulanten Einrichtungen einerseits und das Zusammenwirken verschiedener Fachrichtungen andererseits. Nicht nur Chirurgen, Radioonkologen und Pathologen zählen zu diesen Netzwerken, sondern beispielsweise auch onkologische Pflegekräfte, Psychoonkologen und Sozialarbeiter. Bei den Darmkrebszentren in Sachsen kann sich die Anzahl der Kooperationspartner deutlich unterscheiden. Der Vorteil für die Patienten: Sie werden in jeder Phase der Erkrankung – von der Diagnose über die Therapie bis zur Nachsorge – von Spezialisten behandelt.

Um als Krebszentrum anerkannt zu werden, benötigt die Einrichtung ein Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft. Die Zentren müssen jedes Jahr nachweisen, dass sie die fachlichen Anforderungen für die Behandlung einer Tumorerkrankung erfüllen und über ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem verfügen. Auf diese Weise will die Krebsgesellschaft sicherstellen, dass Patienten in jeder Phase ihrer Erkrankung eine Behandlung erhalten, „die sich an hohen Qualitätsmaßstäben orientiert.“

13 Spitzenzentren

Deutschlandweit sind derzeit 1.425 Zentren von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert. Man findet sie im Internet unter www.oncomap.de. Auch Angaben zu Kooperationspartnern und zu Selbsthilfegruppen sind dort hinterlegt.

In dem dreistufigen Konzept bilden Organkrebszentren die Basis. Sie sind auf ein bestimmtes Organ spezialisiert; es gibt sie inzwischen für fast jede Krebsart. In Onkologischen Zentren werden mehrere Tumorarten behandelt. In Onkologischen Spitzenzentren spielen die Forschung und die Erprobung neuer Therapien eine wichtige Rolle.

Derzeit gibt es in Deutschland 13 solcher Spitzenzentren, Dresden ist neben Berlin das Einzige im Osten. Doch ausgerechnet Dresden sucht man bei Oncomap vergeblich. „Es gibt kein gültiges Zertifikat“, heißt es zur Begründung. Das Universitätsklinikum Dresden bestätigt den Fakt und verweist darauf, dass man sich derzeit auf eine Gesamtzertifizierung mit allen Tumorarten, darunter künftig auch die Hämatoonkologie, im Jahr 2021 vorbereite. Für die Patienten bedeute dies „eine echte Weiterentwicklung und Innovation“, betont Professor Maria Eberlein-Gonska, Leiterin des Zentralbereiches Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement am Uniklinikum Dresden.

Masse ist Klasse

Wie steht es aber nun um die Meinung, dass eine große Anzahl an Behandlungen auch eine höhere Qualität bedeutet? Die Barmer hat in ihrem aktuellen Krankenhausreport genau diese Frage am Beispiel ausgewählter Eingriffe untersucht, darunter auch Operationen bei Darmkrebs. Dabei konnten die Autoren nach der Auswertung einer Vielzahl deutscher und internationaler Studien einen engen Zusammenhang zwischen höheren Fallzahlen und einer höheren langfristigen Überlebensrate der Patienten nachweisen. Zugleich ist in Kliniken mit einer hohen Fallzahl die Rate an Wiedereinweisungen höher. Eine Erklärung könnten die höheren Überlebensraten sein, welche überhaupt erst eine erneute Erkrankung und Wiedereinweisung ermöglichen.

Darüber hinaus wurden auch die Ergebnisse zwischen zertifizierten Darmkrebszentren und nichtzertifizierten Krankenhäusern verglichen. Eine Analyse der Daten von knapp 6.200 Patienten aus Sachsen, die zwischen 2005 und 2015 aufgrund von Darmkrebs behandelt wurden, zeigt zwar keine signifikanten Unterschiede bei den Komplikationsraten. Schaut man jedoch auf die Sterblichkeitsraten, so sind zertifizierte Krankenhäuser im Vorteil.

Die allermeisten Patienten in Deutschland müssen übrigens keine weiten Wege zum nächsten Darmkrebszentrum zurücklegen. 99 Prozent der Bevölkerung benötigen dafür maximal 60 Auto-Minuten, hat der Barmer-Report ausgerechnet. Und damit sind nur jene Zentren gemeint, die besonders hohe Fallzahlen haben. Bei anderen Zentren ist der Weg noch kürzer.