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Kreis Görlitz: Ist Bärlauch sammeln gefährlich?

Die nach Knoblauch duftende Pflanze ist in der Frühlingsküche begehrt. Doch es gibt giftige Doppelgänger und sammeln ist nur mit Einschränkungen erlaubt. Warum das so ist.

Von Constanze Junghanß
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Gärtner Reinhard Pötschke verkauft Bärlauch aus dem Garten zum Markttag in Reichenbach.
Gärtner Reinhard Pötschke verkauft Bärlauch aus dem Garten zum Markttag in Reichenbach. © Constanze Junghanß

Fast ausverkauft. Reinhard Pötschke hat noch ein letztes Bündel Bärlauchblätter übrig. Auch die getopften Pflanzen gehen am Mittwochvormittag zum Markttag in Reichenbach weg, wie die buchstäblich warmen Semmeln. Der Gärtner aus Malschwitz kommt seit 15 Jahren mit seinem Stand in die Kleinstadt. Der Bärlauch in der Küche ist begehrt, so seine Erfahrung. Kunden nehmen den gerne. Beliebt ist Bärlauch für die Kräuterbutter, zum Aufpeppen von Quark und Joghurt, im Frühlingssüppchen oder als Pesto. Doch zu kaufen gibt es den nicht überall.

Bärlauchpflanzen sind bei manchen Gärtnereien zu bekommen und können in den Garten gepflanzt werden, wo sie sich vermehren.
Bärlauchpflanzen sind bei manchen Gärtnereien zu bekommen und können in den Garten gepflanzt werden, wo sie sich vermehren. © Constanze Junghanß

In der Nähe der Reichenbacher Feuerwehr an der Nieskyer Straße wächst ein Bärlauchteppich wie aus dem Bilderbuch. Unterhalb der Brücke direkt am Bach – bekannt bei vielen, die Bärlauch mögen. Und unerreichbar. Es geht einige Meter steil nach unten, der Abstieg ist gefährlich und nicht erlaubt. Für Bärlauchfans kein Sammelort. „Geheime“ Sammelstellen mag kaum jemand öffentlich preisgeben. Das Bärlauch-Sammeln ist so oder so eine rechtliche Gratwanderung.

Zarten Knoblauchduft verströmen – eine feine Nase vorausgesetzt – die sattgrünen Blätter, aus denen sich wenige Wochen später weiße Blüten hervorschieben, die wie kleine Sterne an einem Büschel wachsen. Die Blätter sind heiß begehrt. In Großstädten offenbar so sehr, dass die Bärlauchpflanzen sogar die Polizei beschäftigen. Wie die Polizei Sachsen auf ihrer Facebookseite jetzt mitteilte, sind in diesem Jahr bereits knapp 20 Fälle von Bärlauchdiebstählen in großen Mengen in Leipzig registriert worden.

Einsatzbeamte der Fahrradstaffel und des Polizeireviers Leipzig-Nord fanden in den Auenwäldern in und um Leipzig mehrere kilo- und teilweise zentnerschwere Säcke und Tüten, gefüllt mit den Knollenwurzeln des Bärlauchs – sowie deren Diebe, die oft in Gruppen auftreten“, teilt die Polizei da mit. Organisierte Bärlauch-Diebesbanden also, die mit empfindlichen Geldstrafen rechnen müssen, wenn sie erwischt werden. In besonders schweren Fällen kann die Bußgeldsumme bis auf 10.000 Euro hochklettern, wie die sächsische Polizei informiert.

Es gibt eine "Handstrauß"-Regel

Dass es beim Sammeln so oder so Einschränkungen gibt, bestätigt auf Nachfrage auch die Polizei Görlitz. Zwar ist nach Auskunft von Sven Möller, Sachbearbeiter Medienarbeit bei der Polizeidirektion Görlitz, das Sammeln von beispielsweise Wildblumen, Gräsern, Farnen, Früchten und Pilzen auf öffentlichen Naturflächen grundsätzlich gestattet.

„Zu beachten gilt dabei jedoch der allgemeine Artenschutz und die daraus abgeleitete „Handstrauß-Regel“, erklärt Möller. Das heißt: Geringe Mengen für den persönlichen Bedarf und damit das, was zwischen Daumen und Zeigefinger passt, dürfen gepflückt werden. Ausnahmen sind Naturschutzgebiete und Biosphärenreservate. Da sind Sammeln, Ausgraben, Abpflücken absolut tabu. „Das soll den regionalen Fortbestand einer Pflanze schützen“, sagt Sven Möller.

Während in Leipzig die Polizei im letzten Jahr den wohl bisher größten Fund mit fast einer Tonne illegal geerntetem Bärlauch machte, sind solche und ähnliche Vorkommnisse im Görlitzer Kreisgebiet bei der Polizei nicht bekannt. „Zu diesem Themenfeld erfolgt polizeilich keine dezidierte Erfassung“, sagt Sven Möller. Die Polizei rät, sich über die Zulässigkeit des Sammelns im jeweiligen Gebiet zu vergewissern und weist auf die Verwechslungsgefahr mit Maiglöckchen und Aronstab hin. Beide Pflanzen sind stark giftig.

Verwechslung mit tragischem Ende

Katrin Tschischkale, Geschäftsführerin vom Landschaftspflegeverband Oberlausitz mit Sitz in Reichenbach, warnt zudem vor einer möglichen Verwechslung mit der toxischen Herbstzeitlose. Da gab es vor einigen Jahren einen dramatischen Vorfall in Österreich, über den auch der Naturschutzbund (Nabu) auf seiner Internetseite informiert. Demnach starben ein Mann und eine Frau aus Linz nach dem Verzehr von Herbstzeitloseblättern an akutem Organversagen, weil sie die giftige Pflanze mit Bärlauch verwechselt hatten.

Der Landschaftspflegeverband führte in der Vergangenheit Frühlingsspaziergänge durch, bei denen der Bärlauch eine Rolle spielte. So oder so schätzt Katrin Tschischkale ein, dass der beste Sammelort der im eigenen Hausgarten ist, wenn dort die beim Gärtner gekauften Bärlauchpflanzen angebaut werden. Sie vermehren sich von Jahr zu Jahr.