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Höhere Hundesteuer setzt Görlitzer Stadtrat unter Druck

Besitzer von Hunden müssen mehr bezahlen. Die fragen sich, was tut die Stadt für uns. Einige Stadträte reagieren darauf.

Von Sebastian Beutler & Gabriela Lachnit
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Vielen Görlitzern reicht es mit den Hinterlassenschaften der Hunde auf den Straßen.
Vielen Görlitzern reicht es mit den Hinterlassenschaften der Hunde auf den Straßen. © Pawel Sosnowski

Es ist nicht so, dass in den vergangenen Jahren das Thema Hundekot in der Stadt Görlitz keine Rolle gespielt hätte.

Auf dem Otto-Buchwitz-Platz steckte eine Bürgerinitiative ihre Fähnchen "Mir stinkt's" in die Erde, weil der Platz ein großes Hundeklo in Görlitz war. Sogar Liegestühle wurden dort zeitweise aufgestellt und Kinder zu einem Mal-Wettbewerb aufgerufen, aus den besten Einsendungen sollten Signets für Papierkörbe entstehen.

CDU-Stadtrat Matthias Urban warb für eine DNA-Nachverfolgung, immerhin seien die Hinterlassenschaften der Tiere Träger von Keimen und erhielt Unterstützung von Tierärzten, andere sprachen sich für verstärkte Kontrollen aus. Und die Stadt selbst und der zuständige Bürgermeister Michael Wieler verklärten das Aufstellen von Hundebeutel-Spendern im Stadtpark zur großen Offensive gegen nachlässige Hundebesitzer.

Juliane Brandt blies zur Offensive vor zehn Jahren gegen die Hundehaufen auf den Görlitzer Straßen und Plätzen.
Juliane Brandt blies zur Offensive vor zehn Jahren gegen die Hundehaufen auf den Görlitzer Straßen und Plätzen. © Pawel Sosnowski

Durchschlagender Erfolg blieb aus im Kampf gegen Hundekot

Der durchschlagende Erfolg blieb damit aber aus. Auf den Straßen und auf den Plätzen der Gründerzeitstadt, in den Wohngebieten Ost und West um die Innenstadt herum ist das in diesen Tagen wieder zu beobachten: Große Haufen zieren das Trottoir, als gäbe es keine Papierkörbe oder die Auflage, den Kot wegzuräumen.

Im Grunde ist das Problem nur dort einigermaßen gelöst, wo die Stadt kleine Kehrmaschinen einsetzt, also auf den Touristenmeilen im Zentrum und in der Görlitzer Altstadt.

Viel wurde schon gegen den Hundekot auf den Straßen versucht, beispielsweise diese Fähnchenmarkierungen auf den Haufen.
Viel wurde schon gegen den Hundekot auf den Straßen versucht, beispielsweise diese Fähnchenmarkierungen auf den Haufen. © Jens Trenkler

Das Görlitzer Hundekotproblem wurde auch deswegen nicht kontinuierlich angegangen, weil bis in die Görlitzer Rathausspitze das Problem nicht als solches angesehen wurde. Legendär die Aussage von Bürgermeister Michael Wieler, er halte das für eine "Fata Morgana". Und selbst in der Erklärung der Freundlichen in dieser Corona-Pandemie Ende vergangenen Jahres spotteten die Autoren über Medien, die sich mehr mit Hundekot beschäftigen als mit einer Spaltung der Gesellschaft.

So überraschte es aber, dass gerade aus diesem politischen Spektrum der Görlitzer Gesellschaft nun Vorschläge kamen, wie man dem Phänomen den Garaus machen könnte. So schlug Danilo Kuscher von Motor Görlitz medienwirksam vor, so genannte Wurstsauger einzusetzen, um der Haufen Herr zu werden.

Ärger unter Hundebesitzern über höhere Hundesteuern

So ganz von ungefähr kam der Vorschlag freilich nicht. Seit die Hundebesitzer die Bescheide über die fällige höhere Hundesteuer erhielten, sehen sich die Stadträte dem Vorwurf des Abkassierens ausgesetzt, weil sie ja mit den höheren Steuereinnahmen nichts für die Hundebesitzer tun, sondern nur Haushaltslöcher stopfen. So ist das aber nun mal mit Steuern, sie werden im Gegensatz zu Müll- oder Straßenreinigungsgebühr nicht eingenommen, um einen bestimmten Zweck zu finanzieren, sondern sie sind allgemeine Finanzierungsquellen für den Haushalt einer Kommune, eines Landes oder des Bundes.

Stadtrat Danilo Kuscher schlug jetzt den Einsatz eines Wurstsaugers vor.
Stadtrat Danilo Kuscher schlug jetzt den Einsatz eines Wurstsaugers vor. © Pawel Sosnowski

Doch dieser Hinweis ist Motor Görlitz nicht genug, wie sich auch beim vergangenen Stadtrat zeigte, als Danilo Kuscher meinte, dass die Stadtverwaltung mehr Hundebeutel-Spender, mehr Papierkörbe aufstellen müsste, ein besseres Beschwerde-Management einrichten sollte - und als all das nur auf bedingte Gegenliebe bei Wieler stieß, stellte er herzhaft seinen Laptop auf den Tisch und maulte, es könne doch nicht sein, dass die Stadt bei all den Beschwerden nichts ändern wolle.

Neu sind diese Beschwerden aber in der Tat nicht. Seit Jahren geht es um Papierkörbe und Hundebeutel-Spender. Doch selbst, wo es sie gibt, führt das mitunter zu Problemen. So landen Plastebeutel mit Hundekot oftmals auf der Straße und in Gullys. Das führt zu zusätzlichen Kosten. Der Görlitzer Bürgermeister Michael Wieler berichtete vorm Stadtrat, dass dieses Phänomen auf ganz bestimmten Straßen besonders häufig auftritt.

Phänomen im Stadtteil Weinhübel

Auf SZ-Nachfrage kann die Stadt zwar nicht sagen, welche Straßen es betrifft. Doch Sprecherin Juliane Zachmann sagt auch: "Ja, wir hatten vor zwei Jahren im Görlitzer Stadtteil Weinhübel verstärkt das Phänomen, dass Gullys mit gefüllten Hundekotbeuteln verstopft waren. Solche Fälle gab und gibt es im gesamten Stadtgebiet."

In der Regel wird jeder Straßenablauf zweimal im Jahr gereinigt. Ist ein Gully jedoch verstopft, muss er zusätzlich gereinigt werden. Das sorgt für zusätzliche Kosten. "Eine einzelne Sonderreinigung verursacht Kosten in Höhe von 13,31 Euro pro Straßenablauf", erklärt Frau Zachmann.

Sonderreinigungen entstehen aber nicht nur wegen der Hundekotbeutel. Auch Laub sorgt dafür. Mitunter wird Bauschutt bei Regen von einer Baustelle weggespült, was eine Gully-Verstopfung verursachen kann. Nach Unfällen müssen mitunter Straßenabläufe saubergemacht werden, weil ein Fahrzeug Ladung verlor.

Hundekotbeutel zum Papierkorb zu tragen, ist zumutbar

Solche Wurstsauger kommen in Berlin zum Einsatz, um Hundekot einzusammeln.
Solche Wurstsauger kommen in Berlin zum Einsatz, um Hundekot einzusammeln. © Sönke Tollkühn

Warum es immer wieder einmal zu dem Phänomen kommt, dass bestimmte Straßen oder Stadtteile für eine Weile häufiger mit Hundekot verunreinigt werden, kann die Sprecherin nicht erklären. "Hier müssen die Hundehalter befragt werden", sagt sie. Dem Görlitzer Rathaus erscheint es in jedem Fall zumutbar, Hundekotbeutel bis zum nächsten Abfallbehälter oder bis zur Restmülltonne zu Hause zu transportieren – egal, ob die Straßen abgelegen sind oder nicht. Ob viele oder wenige Anwohner mit Hund an der Straße wohnen, sollte nicht der Maßstab für eine saubere oder verdreckte Straße und deren Grünstreifen am Rand sein.

Seit Jahren würden zudem Bürger im Rathaus darauf hinweisen, wo im Stadtgebiet noch Papierkörbe fehlen. Das sei eine der Grundlagen, um die Zahl der Behältnisse zu erhöhen oder die Standorte zu optimieren, sagt die Sprecherin. Die Aufstellung weiterer Papierkörbe hatte Bürgermeister Wieler bereits seit Längerem für alle Görlitzer Stadtteile angekündigt. Allerdings ist das auch eine Kostenfrage, denn jeder Papierkorb und dessen Leerung kostet Geld, so dass er die Stadträte dazu aufrief, wenn sie hier Veränderungen wünschen, sollten sie das bei der Haushaltsdebatte einbringen - und natürlich im Gegenzug sagen, woher die Summen kommen sollen.

Wurstsauger verleitet zum Liegenlassen der Haufen

Danilo Kuschers Vorschlag, einen Wurstsauger in Görlitz einzusetzen, machte zwar medial die Runde. Bei Wieler aber hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Schon vor Jahren habe die Stadt den Einsatz eines solches Gerätes geprüft und dabei auch in Städten nachgefragt, die den Wurstsauger nutzten. Die Erfahrung sei überall die gleiche gewesen: Zunächst herrschte große Begeisterung, aber nach einem halben Jahr wunderten sich die Städte, dass nicht weniger Hundekot und Beutel auf den Straßen lagen, sondern eher mehr. Da der Wurstsauger alles wegsaugte, gaben sich die Hundebesitzer noch weniger Mühe. Den Dreck, so die Lehre, machten ja jetzt andere weg.