SZ + Görlitz
Merken

Den Apotheken geht der Impfstoff aus

Hausärzte in Görlitz und Niesky haben aber noch Vorräte an Grippeschutzmitteln. Zu lange warten sollte man jedoch mit der Impfung nicht.

Von Gabriela Lachnit
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Kleiner Piks mit großer Wirkung: Schutzimpfung gegen die Virusgrippe.
Kleiner Piks mit großer Wirkung: Schutzimpfung gegen die Virusgrippe. © dpa/Julian Stratenschulte (Symbolfoto)

Christine Müller lässt sich am Mittwoch bei ihrer Hausärztin gegen die Virusgrippe impfen. Das macht die 69-Jährige seit Jahren regelmäßig im Oktober. Doch damit gehört die Frau zu einer Minderheit.

Zwei Drittel ihrer Altersgenossen nehmen dieses Angebot, das in der Regel die Krankenkassen bezahlen, nicht an. Nur knapp 35 Prozent der über 65-Jährigen in Deutschland holen sich die Grippeschutzimpfung. Dabei ist diese Impfung für Ältere und Risikogruppen ausdrücklich empfohlen.

Apotheken lieferten den Impfstoff schon aus

Den Impfstoff bestellen Haus- und Fachärzte in der Apotheke. Die wiederum erhalten die Impfdosen vom Großhandel. Carsten Stubbe, Inhaber der Linden- und der Robert-Koch-Apotheke, hatte sogar doppelt so viele Impfdosen geordert wie 2019. Er bekam sie, lieferte aus und wartet nun auf bestellte Nachlieferungen.  Ähnlich geht es Apotheker Thomas Neumann. Der Inhaber der Bären- und der Engel-Apotheke beliefert eine Kinderarztpraxis mit dem Grippeschutz-Impfstoff. Im Moment hat er keine Impfdosen vorrätig, dafür aber etwa 600 Menschen vorgemerkt, die den Impfstoff möchten. 

"Ich habe zwar bestellt, aber eine Garantie, dass ich tatsächlich etwas bekomme, habe ich nicht", sagt er.  Ähnlich sieht das Apothekerin Stefanie Scheibe-Mimus. Die Inhaberin der Fortuna-Apotheke hat derzeit keinen Vorrat. Sie hofft darauf, dass das Paul-Ehrlich-Institut, das bislang reichlich 19 Millionen Dosen Grippeimpfstoffe freigab, noch weitere etwa sechs Millionen Impfdosen freigibt. "Mitte November könnte das sein", sagt Frau Scheibe Mimus.

Jeder Sachse, der es wünscht, wird geimpft

Auch sie bestätigt, dass viele Ärzte etwa die gleiche Menge an Impfstoff bei den Apotheken bestellt hätten wie 2019. Allerdings bezweifelt die Apothekerin, dass der hergestellte Impfstoff überhaupt ausreicht angesichts der verstärkten Nachfrage. Insgesamt sind bundesweit etwa 26 Millionen Impfdosen verfügbar und damit vier Millionen mehr als noch in der letzten Grippesaison. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass 2019 bundesweit vier bis sechs Millionen Influenza-Impfstoffe ungenutzt entsorgt werden mussten.

Für Sachsen stehen in dieser Grippesaison 1,3 Millionen Impfdosen zur Verfügung, erklärt das sächsische Sozialministerium und geht davon aus, dass alle Sachsen, die es wünschen, eine Grippeschutzimpfung bekommen können. Sachsen hat rund vier Millionen Einwohner. Bei der sächsischen Grippeschutz-Impfquote von 28,2 Prozent könnte das klappen.  In der Grippesaison 2019/2020 wurden in Sachsen 1,037 Millionen Menschen gegen das Influenza-Virus geimpft.

Hausärzte sehen größere Nachfrage

Dieses Jahr könnte sich der Trend ändern. Mathias Arnold, der Vizepräsident des Deutschen Apothekerverbandes, sieht das besondere Interesse an der Influenza-Impfung nicht nur angesichts der leergefegten Impfstoff-Kühlschränke in den Apotheken, sondern er sieht die hohe Nachfrage in den Arztpraxen. Hausärzte in Görlitz und Niesky berichten, dass die Grippeschutzimpfung häufiger gewünscht wird als  vor einem Jahr. 

Das bestätigt Bettina Krahl. Die Hausärztin in Jauernick-Buschbach erklärt: In den zwei Wochen, in denen jetzt in der Praxis auf dem Kreuzberg die Grippeschutzimpfung angeboten wird, seien schon 20 Patienten dagewesen, die sonst eine Grippeschutzimpfung immer abgelehnt hatten. "Darunter sind sowohl Jüngere, die in Bereichen mit Publikumsverkehr arbeiten  als auch ältere Menschen im Ruhestand, die es sich diesmal anders überlegt haben", erklärt sie und betont, dass es in ihrer Praxis viele Patienten gibt, die regelmäßig jedes Jahr zur Grippeschutzimpfung kommen.

Die bestellten Impfdosen hat die Hausärztin rechtzeitig bekommen. Bettina Krahl rät, mit der Grippeschutzimpfung nicht zu lange zu warten. "Wenn der Impfstoff alle ist und ich keinen Nachschub bekomme, kann ich nicht mehr impfen", sagt sie.

Die Hausärztin Friederike Sauer empfiehlt Menschen, die vielleicht gar keinen Hausarzt haben, sich die Grippeschutzimpfung im Gesundheitsamt zu holen. Geimpft wird dienstags, 14 bis 17.30 Uhr, in Görlitz, Reichertstraße 112. Allerdings muss man sich anmelden unter Telefon 03581-6632627. Am heutigen Dienstag, 27. Oktober 2020, fällt die Impfsprechstunde aber aus.

Bürger aus Polen mit Rezepten

Einen neuen, verstärkten Trend sehen Görlitzer Apotheker. Thomas Neumann erklärt, dass vermehrt polnische Bürger in seine Apotheke kommen und ein Rezept für den Grippeimpfstoff vorlegen. Mangels Impfdosen kann er es nicht einlösen. "Dazu kommt", erklärt der Apotheker, "dass die Dosen nur in kleiner Stückzahl als Einzelverpackung geliefert werden." Meist handele es sich um Zehnerpackungen oder sogar noch größere Abpackungen, die er an den privaten Kunden nicht abgeben kann. 

Vier Influenza-Tote in der Vorsaison

Die Grippesaison 2019/20 begann im Oktober und endete Anfang April 2020. Die Influenza hatte im Januar 2020 Fahrt aufgenommen und  Anfang Februar 2020 mit 190 Neuinfizierten in einer Woche ihren Höhepunkt im Kreis. Sie forderte vier Todesopfer. Eine Saison zuvor waren es doppelt so viele. Sachsenweit starben 59 Menschen an der Grippe. Etwa 89 Prozent der Influenza-Kranken hatten in der Saison 2019/20 keine Schutzimpfung.

Mehr Nachrichten aus Görlitz lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Niesky lesen Sie hier.