Görlitz
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Dank großer Bibliothek: Wie der Kaiser einen Görlitzer Juristen adelte

Karl Gottlob von Anton gründete die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften, legte den Grundstock für deren Bibliothek und galt als moderner Landwirt seiner Zeit. Das sah auch der Kaiser so.

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Mit diesem Diplom wurde der Görlitzer Karl Gottlob Anton 1802 geadelt. Er war auch einer der Gründer der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Mit diesem Diplom wurde der Görlitzer Karl Gottlob Anton 1802 geadelt. Er war auch einer der Gründer der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. © Görlitzer Sammlungen/OLB

Von Steffen Menzel

Am 7. September 1802 ließ Kaiser Franz II. (1768–1835) in Wien dem Görlitzer Juristen und Mitbegründer der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften (OLGdW) Karl Gottlob Anton ein prachtvolles Adelsdiplom ausstellen. In der Begründung für diese Nobilitierung hieß es, Anton habe „eine starke jedermann offenstehende Bibliothek gesammelt, im Jahre 1777 ein Institut von allen gelehrten Zeitungen, im Jahre 1778 aber eine Verbindung mehrerer Gelehrten, sowohl adeligen als bürgerlichen Standes, errichtet“.

Von Anton erwarb Güter in Groß-Krauscha, Nieder-Horka

Wenngleich der Schreiber des Diploms das Gründungsdatum der OLGdW mit 1778 ein Jahr zu früh ansetzte, so fand Antons Erhebung in den erblichen Adelsstand zuvorderst in dessen Beiträgen zu Wissenschaft und Bildung seinen Ursprung. Zum anderen erhielt er die Ehrung für sein landwirtschaftliches und ökonomisches Engagement. Auf seinen Gütern Ober-Neundorf, Groß Krauscha, Nieder-Horka und Uhsmannsdorf hatte er die Bewirtschaftung außerordentlich verbessert, wodurch „auch die Unterthanen selbst aus ihren vorherigen armseligen Umständen so wohltätig gezogen worden seyen, daß sie nun ein reichliches Auskommen hätten“.

Das Diplom ist in Schönschrift auf sieben Seiten feinstes Pergament geschrieben. Das verliehene Wappen ist seitenfüllend als farbige Tuschezeichnung beigeführt. Es zeigt drei zweiköpfige Hämmer, die Antons Mitgliedschaft in der Loge „Zur gekrönten Schlange“ als Meister vom Stuhl symbolisieren. Mit seinem Wappen stempelte er fortan auch die Bücher seiner Bibliothek, sodass sie noch heute leicht auszumachen sind. Der Einband des Adelsbriefes besteht aus rotem Samt, zwei schwarz-gelbe Seidenbänder sorgen für den Verschluss. An einer goldfarbenen Kordel hängt das kaiserliche Wachssiegel, das sich geschützt in einer Kapsel aus Messing befindet. Auf dem Deckel der Kapsel ist das Wappen Franz II. eingraviert. Für Diplom und Siegel wurde eine passgenaue Schachtel aus Zinkblech gefertigt, die sich sogar mit einem Schloss sichern lässt.

Moderne Methoden in der Landwirtschaft angewandt

Das außergewöhnliche Sammlungsstück in der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften entstammt dem Nachlass Karl Gottlob von Antons. Der Kaufmannssohn wurde am 23. Juli 1751 in Lauban geboren, studierte Jura in Leipzig und begann 1775 als frisch promovierter Amtsadvokat eine Tätigkeit in Görlitz. Die Heirat mit Johanne Christiane Meißner, einer Tochter aus reichem Elternhaus, verschaffte ihm gewisse finanzielle Freiheiten. Er kaufte sich mehrere Rittergüter und wandte auf diesen moderne Agrarmethoden an.

Das Barockhaus Neißstraße 30 mit dem  Eingang des Kulturhistorischen Museums in Görlitz. Dieses Gebäude hinterließ Karl Gottlob von Anton der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Das Barockhaus Neißstraße 30 mit dem Eingang des Kulturhistorischen Museums in Görlitz. Dieses Gebäude hinterließ Karl Gottlob von Anton der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Der historische Bibliothekssaal im Barockhaus Neißstraße 30 der Görlitzer Sammlungen.
Der historische Bibliothekssaal im Barockhaus Neißstraße 30 der Görlitzer Sammlungen. © Dirk Hildebrandt/Görlitzer Samm

Neben einer „Geschichte der deutschen Landwirtschaft“ in drei Bänden publizierte er Werke zur Ökonomie, die weithin Beachtung fanden. Seine Sprachforschungen zu slawischen Sprachen, insbesondere zum Sorbischen, verschafften ihm internationale Anerkennung. Das größte Verdienst für die Oberlausitz jedoch bestand in der Initiative zur Gründung einer wissenschaftlichen Gesellschaft, die 1779 gemeinsam mit dem Naturforscher Adolf Traugott von Gersdorf (1744–1807) als Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften ins Leben gerufen wurde. Testamentarisch überließ Karl Gottlob von Anton „seiner Gesellschaft“ nicht nur Bibliothek und wissenschaftlichen Nachlass, sondern auch das Barockhaus Neißstraße 30 als dauerhaften Ort ihres Wirkens. Am 17. November 1818 verstarb er und wurde auf dem Nikolaifriedhof in Görlitz bestattet. Sein Erbe wird heute in den Görlitzer Sammlungen gepflegt und die Erinnerung an ihn wachgehalten.

Der Autor Dr. Steffen Menzel ist Leiter der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften bei den Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur.