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Oberlausitzer Kulturraum lebt über seine Verhältnisse

Nächstes Jahr wird wohl mehr Geld für Kultur in den Kreisen Bautzen und Görlitz ausgegeben, als eingenommen. Kurzfristig ist das möglich. Doch auch das mildert die großen finanziellen Sorgen bei den Theatern kaum.

Von Irmela Hennig
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Auch wenn der Görlitzer Landrat und Chef des Kulturraumes Oberlausitz/Niederschlesien gleich nach seiner Wahl Gemälde in seinem Büro aufgehängt hat, das Geld reicht für die Kultur in den Kreisen Bautzen und Görlitz nicht mehr.
Auch wenn der Görlitzer Landrat und Chef des Kulturraumes Oberlausitz/Niederschlesien gleich nach seiner Wahl Gemälde in seinem Büro aufgehängt hat, das Geld reicht für die Kultur in den Kreisen Bautzen und Görlitz nicht mehr. © Martin Schneider

Die größten Befürchtungen sind nicht eingetreten. Die Zahlungsfähigkeit der Theater-GmbH Görlitz-Zittau ist nach Aussage des Görlitzer Landrats Stephan Meyer nicht gefährdet. „Es besteht kein Tatbestand der Insolvenz“, erklärte er gegenüber der SZ. Intendant Morgenroth hatte diese Entwicklung im Herbst befürchtet. Doch besser ist die finanzielle Lage bei den kommunalen Theatern nicht geworden. Dies zeigte sich auch am Mittwoch, als der Kulturkonvent des Kulturraumes Oberlausitz-Niederschlesien zusammenkam und über die institutionelle Förderung von Kultureinrichtungen in der Oberlausitz entschied.

Kreistag Görlitz entscheidet nicht mehr dieses Jahr

So hatte Meyer zuvor schriftlich bestätigt, dass dem Gerhart-Hauptmann-Theater seines Landkreises ein Jahresverlust von 1,7 Millionen Euro drohe. Ausgelöst durch hohe Tarifabschlüsse. Die seien gerechtfertigt gewesen, so Meyer. Dennoch stelle dies die sächsischen Bühnen in kommunaler Hand vor große Herausforderungen. Allerdings, so betonte der Landrat gegenüber der SZ, werden die Gesellschafter alle Maßnahmen ergreifen, um Insolvenz und Zahlungsfähigkeit zu vermeiden. Darum verhandelt nicht nur der Görlitzer Kreis mit dem Freistaat über Hilfen. Auch die Träger anderer Häuser sind mit dem Land im Gespräch. Meyer sagte im Kulturkonvent: „Es wird ein Angebot des Freistaats geben, um zu unterstützen. Das wird aber eine kommunale Beteiligung erfordern.“ Das sei für den Kreis Görlitz schwierig. Noch fehle dem Landkreis ein bestätigter Haushalt.

Auch für das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen laufen die Gespräche. Verwaltungsleiter Ronald Kohrs bestätigte zwar, dass die Geldgeber vom Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien, über die Stiftung für das Sorbische Volk bis hin zum Landkreis Bautzen als Rechtsträger, ihre Zuschüsse zuletzt erhöht haben. Auch die Stadt Bautzen hatte den Sitzgemeindeanteil auf über eine Million Euro angehoben. Das Haus könne Lücken zudem aus Rücklagen zumindest teilweise ausgleichen. „Aber das ist begrenzt“, so Kohrs. Auch hier hofft man, dass der Freistaat einspringt - erneut.

Eigentlich sollte es schon Ende Oktober Klarheit zum Landeszuschuss für die Theater geben. Doch ob das noch zu schaffen ist, sei ungewiss. Auf SZ-Nachfrage im zuständigen Kulturministerium blieb ein Sprecher verhalten. Es gebe intensive Gespräche. Die Situationen der Bühnen seien sehr verschieden. „Alle Seiten arbeiten intensiv an einer Lösung“, so der Sprecher.

Sachsens Kulturpakt hilft den Theatern

Doch auch über die noch nicht festgelegten Notgelder vom Freistaat hinaus erhalten mehrere Theater im Land dieses und kommendes Jahr jeweils neun Millionen Euro zusätzlich. Das ist dem sogenannten Kulturpakt zu danken. Der Landtag hatte den Kulturpakt-Topf zuletzt um zwei Millionen Euro pro Jahr aufgestockt. Doch auch damit können die wachsenden Kosten nicht überall aufgefangen werden, betonen die Bühnen.

Für das Gerhart-Hauptmann-Theater bestätigte Landrat Stephan Meyer die Notwendigkeit struktureller Veränderungen, um eine dauerhafte Lösung zu schaffen. Man warte aber noch mit einem konkreten Zeitplan dafür auf die Entscheidung des Freistaates zur Zwischenfinanzierung. Konkrete Beschlüsse fassen – das sei wohl erst im kommenden Jahr sinnvoll und kassierte damit seine ursprüngliche Ankündigung, dass der Görlitzer Kreistag im Dezember über das Theater im Kreis Görlitz entscheiden soll.

Der Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien hat nun zumindest die institutionelle Förderung für regionale Kultureinrichtungen, und damit auch für die Theater in der Oberlausitz, für 2024 beschlossen. Insgesamt verteilt wurden rund 18 Millionen Euro. Die drei hiesigen Bühnen erhalten auch 2024 wieder den Löwenanteil der verfügbaren Mittel und genauso viel wie 2023. Für Görlitz-Zittau sind es reichlich sieben Millionen Euro. Für das Deutsch-Sorbische Volkstheater stehen rund 2,6 Millionen Euro zur Verfügung, für das Sorbische National-Ensemble Bautzen 260.000 Euro. Es wird hauptsächlich durch die sorbische Stiftung bezuschusst.

Mehr Anträge als Geld vorhanden war

Das Antragsvolumen aller Kultureinrichtungen habe die zur Verfügung stehende Gesamtsumme von eingeplanten 18 Millionen Euro aber um reichlich 900.000 Euro überschritten, wie Kulturkonventsvorsitzender Stephan Meyer sagte. Kultursekretärin Annemarie Franke informierte, man habe daher entschieden, keine weiteren Einrichtungen in die institutionelle Unterstützung aufzunehmen und die Fördersummen im Wesentlichen auf dem Niveau vom Vorjahr zu deckeln. Darum unterscheidet sich die Zuwendung 2024 für Museen, Tierparks und andere vielfach nicht von der laufenden.

So gibt es für das Museum Schloss Klippenstein in Radeberg wieder 112.830 Euro und für die Radeberger Bibliothek 85.960 Euro.

An manchen Stellen wurde gekürzt, mitunter aber auch, weil wohl weniger beantragt wurde als für 2023. So bekommt das Pulsnitzer Stadt- und Pfefferkuchenmuseum beispielsweise etwa 700 Euro weniger als in diesem Jahr. Der Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund, zu dem unter anderem Schloss Krobnitz gehört, erhält um die 80.000 Euro weniger.

Noch offen ist, wie die Projekt- und Investitionsförderung 2024 aussieht. Laut Haushalt stehen für Projekte 650.000 Euro bereit. Bei den Investitionen hofft man im Kulturraum, 522.000 Euro verteilen zu können. Das hängt aber davon ab, wie viel Geld Sachsen dafür gibt.

Der Kulturraum insgesamt gibt 2024 wohl mehr Geld aus, als durch Zuschüsse vom Freistaat, Kreisumlage und weitere Zuwendungen eingenommen werden und wird auf seine Rücklagen zugreifen. „Wir leben mittelfristig über unsere Verhältnisse“, räumte Stephan Meyer ein und mahnte tragfähige Strukturen an.