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Görlitz: Tattoos bleiben trotz neuer EU-Vorschriften bunt

Zwar sind herkömmliche Farben verboten. Aber es gibt Alternativen - allerdings auch zwei Probleme damit. Ein Besuch beim Experten in Görlitz.

Von Matthias Klaus
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Marcel Hieronimus bekommt von Pascal Wojciechowski seine erste Tätowierung im Studio Stygmat, Hospitalstraße Görlitz..
Marcel Hieronimus bekommt von Pascal Wojciechowski seine erste Tätowierung im Studio Stygmat, Hospitalstraße Görlitz.. © Martin Schneider

Marcel Hieronimus ist ganz entspannt. Sein linker Unterarm wird gerade "bearbeitet". Pascal Wojeiechowski hat die Nadel angesetzt. Letzterer ist Tätowierer, Marcel Hieronimus bekommt von ihm an diesem Vormittag eine bleibende Erinnerung verpasst. "Das Tattoo ist für mein Kind", schildert er zwischen ein paar Nadelstichen. Es geht alles sehr entspannt zu im Studio Stygmat an der Görlitzer Hospitalstraße. Pascal Wojeiechowski schaut konzentriert auf die Linien, die auf der Haut vorgezeichnet sind. Das Geschäft beziehungsweise die Tinte läuft. Aber eben nicht wie immer.

Corona? Ja, die Pandemie macht Chef Robert Kemblowski Sorgen. Gerade erst durfte das Tattoo-Studio wieder öffnen. Wer weiß wie lange? Der Unternehmer zuckt mit den Schultern. Man könne eben nur abwarten. So lange gibt es eben wie gefordert eine strenge 2G-Regelung im Studio. Und nun kommt auch noch die EU mit einer neuen Regelung um die Ecke.

Seit dem 4. Januar unterliegen viele Chemikalien in Tattoo-Farben in der Europäischen Union den Beschränkungen durch die sogenannte Reach-Verordnung. Die Abkürzung steht für "Registrierung, Evaluierung, Autorisierung und Restriktion von Chemikalien". Auf der Bannliste stehen um die 4.000 Substanzen für Kosmetika, darunter auch für Tattoos. Aus Sicht der EU sind viele potenziell gefährlich oder nicht ausreichend erforscht. 2020 wurde das Verbot beschlossen, die Übergangszeit ist mit dem Jahresbeginn ausgelaufen. Die Europäische Chemikalienagentur sagt dazu, es gehe darum, "Tätowierfarben und Permanent-Make-up sicherer zu machen". Krebserregend könnten die nun verbotenen Farben möglicherweise sein, Hautallergien auslösen.

Das klingt für einen Fortschritt für den Verbraucher, bringt aber Studios wie Stygmat in Görlitz in Bedrängnis. Etwa die Hälfte der Tattoos, die hier gestochen werden, haben mehr oder weniger mit Farbe zu tun, sagt Tätowierer Lukasz Melcher. Gibt es denn hier nun nur noch Tattoos in Schwarz? "Nein", beruhigt er. Denn das Studio hat vorgesorgt. Es gibt Anbieter von Tattoo-Farben, die die Reach-Bedingungen erfüllen.

Dabei gebe es aber zwei Probleme, sagt Lukasz Melcher. Zum einen sind diese Farben meist bereits ausverkauft, zum anderen sind sie in etwa doppelt so teuer wie die herkömmlichen, die inzwischen entsorgt werden mussten. Bei Stygmat hat man EU-konforme Farben ergattert. Lukasz Melcher stellt ein 120-Milliliter-Fläschen auf den Tisch. Wie lange reicht das? "Das kommt drauf an. Es gibt Tätowierungen, die sehr farbintensiv sind, da ist die halbe Flasche weg", schildert er.

Kosten für Masken, zusätzliche Desinfektionen in Zeiten von Corona, nun auch noch teurere Farben - kosten Tattoos deshalb künftig mehr? Ausschließen will es Chef Robert Kemblowski nicht. Momentan hat das Studio zu tun, die Kundenwünsche abzuarbeiten. Das Telefon klingelt fast ununterbrochen. "Viele möchten gerade im Winter tätowiert werden, nicht während der Urlaubszeit im Sommer", sagt Lukasz Melcher. Aber gerade im Winter ereilte die Tattoo-Studios eben die Schließung.

Robert Kemblowski schaut trotz allem optimistisch in die Zukunft. Er kommt aus Bogatynia. Im benachbarten Zittau ein Studio einrichten, nein, das wollte er nicht, In Görlitz ist doch mehr Publikumsverkehr, sagt der Chef. Stygmat gibt es hier inzwischen seit sechs Jahren. Fünf Leute arbeiten hier, plus ein Lehrling.

Bei Marcel Hieronimus läuft es inzwischen nach Plan. Es ist das erste Tattoo für ihn. Tut es weh? "Nein, gar nicht", lacht er. Es kribbele nur ein bisschen. "Eigentlich ist es sogar ganz angenehm", sagt Marcel Hieronimus. Tätowierer Pascal Wojeiechowski schaut nicht auf. Er zieht seine Linien, demnächst hoffentlich auch wieder in Farbe.