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Görlitzer Feste vertreiben Randgruppen

Bei Viathea oder Altstadtfest gibt es viel weniger Probleme auf dem Marienplatz als im Alltag. Aus gutem Grund.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Marienplatz und Altstadtfest? Michael Wieler ist bei diesem Gedanken nicht bange. Seit zwei Jahren zäunen die Veranstalter den Platz ein, erklärt der Geschäftsführer der Kulturservicegesellschaft. An den zwei Toren gibt es Kontrollen wegen Glasflaschen und Minderjährigen, die versuchen, mit Alkohol ins Festgelände zu gelangen: „Das hat sehr gut funktioniert, in beiden Jahren war es auf dem Marienplatz viel ruhiger als in den Jahren davor.“

Dieses Jahr aber ist manches ein bisschen anders hier: Immer wieder musste in den vergangenen Monaten die Polizei gerufen werden – meist, weil es Streit unter Jugendlichen verschiedener Nationen gab, darunter Deutsche, Polen und Asylbewerber. Dass diese Konflikte auch während des Altstadtfestes eskalieren, glaubt Wieler nicht: „Im Gegenteil, wenn mehr Menschen auf dem Platz sind, haben wir eine größere Sozialkontrolle und weniger Raum für Probleme.“

Ganz ähnlich sieht es Philipp Bormann vom Theater. Sein Haus veranstaltet das Straßentheaterfestival Viathea, die zweite jährliche Großveranstaltung auf dem Marienplatz. Es fand Anfang Juli statt. „Mir sind keine Vorfälle während des Festivals bekannt geworden“, sagt Bormann. Kunst in sanfter Form, wie sie beim Viathea kennzeichnend ist, trage eher zur Befriedung von Plätzen bei: „Vielleicht vertreibt das auch bestimmte Leute vom Marienplatz.“ Eine verstärkte Polizeipräsenz jedenfalls gab es auf dem Marienplatz nicht. Und Sicherheitskräfte gebe es prinzipiell an allen Auftrittsorten: „Dafür haben wir ein umfassendes Sicherheitskonzept.“

Auch die Polizei sieht bei großen Volksfesten auf dem Marienplatz kein größeres Problem. „Dem Marienplatz und den anderen öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet widmen wir derzeit natürlich eine besondere Aufmerksamkeit“, sagt Dirk Linczmajer, Leiter des Polizeireviers Görlitz. Grundsätzlich sei jedoch immer nach Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden, ob und in welcher Form Veranstaltungen eine Präsenz der Polizei brauchen. Auf konkrete Feste geht er in seiner Antwort allerdings nicht ein. Viele große Höhepunkte sind es ohnehin nicht, die den Marienplatz jährlich bevölkern. Das Festival der Weltkulturen zum Beispiel ist abgewandert: Es findet am 13. und 14. August hauptsächlich im Stadtpark statt, daneben auch in der Volkshochschule und der Frauenkirche.

Doch wenn es bei Festen auf dem Marienplatz so friedlich ist: Sollte es dann zusätzliche Veranstaltungen hier geben? Prinzipiell schon, sagt Wieler: „Um soziale Konflikte auf dem Marienplatz zu vermeiden, müssten wir mehr Feste feiern.“ Der Kulturservice oder die Stadt können dabei aber nicht selbst aktiv werden, schränkt Wieler ein: „Feste zu feiern, kostet ja auch immer Geld.“ Zudem sei es eine Frage von Ressourcen und Anlässen. Und kommerzielle Veranstaltungen dürfe die Stadt ohnehin nicht organisieren. Wenn allerdings Private kämen, die den Marienplatz nutzen wollen, würde sich die Stadt sehr freuen.

Große Hilfen könne er aber nicht anbieten. So könne die Stadt nicht einfach die Sondernutzungsgebühr erlassen: „Dann könnten wir ja gleich unsere Gebührensatzung abschaffen.“ Aber so hoch sei der Betrag ohnehin nicht – und Veranstalter könnten zudem Geld aus der städtischen Kulturförderung beantragen, um solche Kosten zu decken. Auch der Betriebshof könne zusätzliche Feste am Marienplatz nicht unterstützen: „Die Männer sind ausgelastet.“ Müssten sie bei weiteren Veranstaltungen helfen, würde andere Arbeit liegen bleiben, etwa das Mähen von Grünflächen: „Das wollen wir aber auch nicht.“

Zumindest eines aber wird sich kulturell auf dem Marienplatz tun: Direkt nach dem Altstadtfest zieht die „Herde“ hierher um – jene Installation, die derzeit im Rahmen der Ausstellung Görlitzer Art am unteren Ende der Elisabethstraße steht. Dass sie zum Vandalismusopfer werden könnte, glaubt Wieler nicht. Auch in der Elisabethstraße sei sie verschont geblieben. Und die Vorfälle auf dem Marienplatz richten sich ja nicht gegen Gegenstände, sondern sind meist Konflikte zwischen Menschen.