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Görlitzer Steakfreude

Im Steakhaus von Dirk Kretschmer in Görlitz-Rauschwalde ist Fleisch trotz WHO-Studie gefragt. Der Wirt hat schon schlimmere Krisen erlebt.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Matthias Klaus

Ach naja, diese Studie. Und diese Warnung vor dem Fleischverzehr. Dirk Kretschmer winkt ab. „Wenn in irgendeinem Labor etwas gefunden, und dann als große Erkenntnis verkündet wird ...“. Der Mitinhaber des Steakhauses in Rauschwalde zuckt mit den Schultern. „Ganz ehrlich, ich habe schon schlimmere Situationen überstanden“, lacht er.

Trotz der Warnung der Welt-Gesundheitsorganisation WHO bleibt das Lokal an der Kopernikusstraße nicht leer. Die Behörde hatte jüngst eine Studie veröffentlicht, in der vor Wurst- und Fleischverzehr gewarnt wird. Der Verdacht: Wer zu viel davon esse, bei dem steige das Krebsrisiko. Inzwischen hat die Organisation zwar zurückgerudert. „Aber natürlich werde ich auf das Thema ab und zu angesprochen“, sagt Dirk Kretschmer. Dass aber deshalb weniger Kunden in sein Restaurant kommen, das hat er nicht festgestellt.

Die Kunden seien zudem keinesfalls verunsichert. Denn bei Kretschmers sind sie Qualität gewohnt. Dirk Kretschmer bezieht seine Waren über den Großhandel: Rind aus Südamerika, Schwein, Pute, Kalb aus Deutschland. „Außerdem haben wir ja auch noch Fisch im Angebot“, schildert er. Er müsse sich auf seine Händler verlassen können, sagt der Mitinhaber des Steakhouse Amadeus. Natürlich schaue er sich die Ware genau an, bevor er sie auf den Grill legt. Bei Amadeus steht der Chef eben noch selbst am Gerät.

„Bei Studien wie der jüngsten von der WHO fragt man sich als Unternehmer immer: Wem nützt das Ganze?“, sagt Dirk Kretschmer. Er sehe in diesem Fall den globalen Zusammenhang, die Preispolitik der Fleischindustrie. „Zu einer gesunden Ernährung gehört dabei nicht nur Fleisch“, betont der Inhaber des Steakhauses. Beilagen, Salate machen ebenfalls einen großen Teil eines Menüs aus. Es ist ja auch nicht so, sagt Dirk Kretschmer, dass jeder Kunde nur ein Schweine- oder Rindersteak bestellt.

„Viele wollen das Fleisch so mager wie möglich“

Pute, Geflügel allgemein, sei groß im Kommen, geradezu ein Trend „Pute ist neben Rind derzeit ein absoluter Renner“, erzählt Dirk Kretschmer. Außerdem hat er festgestellt, ernähren sich die Steakfreunde bewusster. „Viele wollen das Fleisch so mager wie möglich“, sagt der Steakhaus-Chef. Natürlich könne man beim Rindersteak aber wählen – fett oder nicht.

Dirk Kretschmer sieht derweil Zusammenhänge zwischen Geschlecht, Alter und den bestellten Gerichten in seinem Haus. „Vor allem junge Männer mögen Schweine- und Rindersteak. Ältere Herren bestellen zwar auch gern Rind, aber oft auch Pute“, sagt er. Seine Schlussfolgerung: Mit zunehmendem Alter gehen die Männer doch etwas durchdachter an das Essen heran. Wobei, Geflügel bleibe trotz allem eine Domäne der Frauen.

Etwa 80 Prozent der Geflügelfreunde seien weiblichen Geschlechts. Das Geschäft mit dem heißen Fleisch läuft jedenfalls. Mit einem Stirnrunzeln erinnert sich Dirk Kretschmer an die Zeiten von BSE, dem Rinderwahn. „Das war für uns wirklich hart“, sagt er. Von einem Tag auf den anderen war kein Rindfleisch aus Südamerika mehr zu bekommen. „Ich habe mir damals extra eine Kühlzelle zugelegt und aufgekauft, was in der Gegend an Rindfleisch zu bekommen war“, erinnert er sich. Bis nach Brandenburg führten die „Hamsterfahrten“. Am Ende habe das Fleisch bis zum Ende der BSE-Krise gereicht.

Dirk Kretschmer und Frau Anja betreiben seit 1999 das Steakhouse. 44 Plätze hat der Gastraum, im Sommer kommen etwa 30 Plätze draußen dazu. Gerade wurde umfassend erneuert: Heizung, Sanitäranlagen, gemalert. Es muss nicht immer Altstadt sein, sagt Dirk Kretschmer. Etwa 80 Prozent seiner Kunden sind Stammkunden. „Die bringen dann wieder Bekannte mit“, schildert der Wirt. Neben den Kretschmers sind zwei Kollegen angestellt, außerdem werden drei Lehrlinge ausgebildet. „Ich sehe Investitionen auf lange Sicht“, sagt Dirk Kretschmer. Und dass ihm in den kommenden Jahren die Steakfreunde wegbleiben, das glaubt er nicht – Studien hin oder her.