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Großenhain muss Lasten für Dresden stemmen

Windräder sollen aufs Land. An der Devise hat sich nichts geändert. Im Gegenteil.

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© Archiv/Norbert Millauer

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Beim renitentesten Völkchen im Regionalen Planungsverband findet die neuerliche Windkraftrunde zuletzt statt. Am Dienstag 30. August 18 Uhr im Alberttreff – und renitent deshalb, weil es just die Großenhainer waren, die 2009 jegliche Windkraftplanung unerwartet zu Fall brachten und damit sogar den Landesentwicklungsplan kippten.

Inzwischen ist viel Zeit vergangen, der Planungsverband Oberes Elbland/Osterzgebirge hat entsprechend der Bundes- und Landesgesetze sogenannte harte und weiche Ausschlusskriterien für Windräder erarbeitet, es gab unzählige Treffen in der Arbeitsgruppe mit den Bürgerinitiativen, unter anderem den Rödernern und Strauchern. Das Ergebnis ist aus deren Sicht denkbar ernüchternd: Wolfgang Raddatz von der Bürgerinitiative Gegenwind Strauch brachte es zuletzt in einem SZ-Interview auf den Punkt, als er sagte, die Bürger seien in diesen Gremien jahrelang nur an der Nase herumgeführt worden, und wenn entgegen Stadtrats- und Landkreisbeschluss jetzt die Windparks von oben durchgedrückt würden, müsste sich die Politik nicht wundern, wenn die Bürger zu massiven Protesten übergingen.

Die Wut auf die Landespolitik entzündet sich vor allem daran, dass sich die CDU Sachsen zuerst sehr wohl mit Bayern für festgelegte Mindestabstände zum Wohnhäusern ausgesprochen hatte – und inzwischen – in Koalition mit der SPD – jeglichen Abstand ablehnt, um wie es sooft in einer gängigen Floskel heißt „der Windkraft Raum zu verschaffen“. Diese Formel, gleichsam zum Argument erhoben, weshalb es gar keine Mindestabstände geben kann, hatten Windkraftplaner und Ministerium schon 2009 auf jener denkwürdigen Sitzung des Planungsverbandes vorgebracht, als die Großenhainer zum ersten Mal offiziell erfuhren, dass nördlich von Großenhain urplötzlich ein riesiger Windpark ausgewiesen werden sollte.

Beide Gebiete, Rödern und Großenhain, waren nachträglich in die Planung hineingerutscht, damit Sachsen auf einen Schlag die Vorgaben des Bundes für grünen Strom erfüllt. Was die Bürgerinitiativen die ganze Zeit über kritisierten, war auch, dass die derweil entstandenen Windparks und die nachgerüsteten Windräder (Repowering) nie in die Vorgaben eingerechnet wurden. Angeblich, so der Planungsverband mehrfach, wisse man aktuell gar nicht, bei welcher Leistung man stehe. Werner Raddatz hält das schlicht für eine weitere Hinhaltetaktik.

Aktuelle hat der Planungsverband 26 Windparks in seinem Gebiet im Visier – bereits bestehende und neue. Wie die ausgewählt wurden, will Vorsitzender Michael Geisler am 30. August in Großenhain erklären. Danach soll es vor Ort zum einen eine artenschutzrechtliche Beurteilung der Gebiete geben und anschließend nochmals – als Gesamtschau aller Aspekte – eine Einzelfallprüfung. „Es kann sein, dass da noch ein bis drei Standorte herausfallen“, so Geisler gegenüber der SZ.

Doch ob Großenhain damit gemeint ist, lässt er gänzlich offen. Klar ist auch, das Großenhainer Land soll die Hauptlast tragen und zugleich Dresden komplett windradfrei halten, weil Windräder dort nicht zumutbar wären. Nicht nur den Menschen, sondern auch den Kulturgütern. Da erinnert sich mancher doch gewiss an 2012, als die Großenhainer vom Ministerium schwarz auf weiß mitgeteilt bekamen, sie wohnten als Einzige in Sachsen in einer minderwertigen Gegend. Der Landesentwicklungsplan 2012 klassifizierte 70 Regionen nach ihrer „Kulturlandschaftstypischen Schönheit“. Und die Großenhainer Pflege fiel mit der Bedeutung „sehr gering“ glatt durch. Das steht nun zwar nirgends mehr, aber gehandelt wird weiter so.