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Wertvolle Motorräder aus Kripo live in Großenhain entdeckt

Nicht nur für Oldtimerspezialist Georg Kottke aus Sachsen-Anhalt eine Sensation: Drei gestohlene Maschinen durften am Mittwoch von Großenhain aus die Heimreise antreten. Zurück bleiben Fragen.

Von Catharina Karlshaus
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Nie hätte Georg Kottke damit gerechnet: Dennoch durfte der Oldtimerspezialist am Mittwoch aus den Händen der Polizeibeamten Nadine Zymbulow und Falko Hocke seine Maschinen entgegennehmen.
Nie hätte Georg Kottke damit gerechnet: Dennoch durfte der Oldtimerspezialist am Mittwoch aus den Händen der Polizeibeamten Nadine Zymbulow und Falko Hocke seine Maschinen entgegennehmen. © Norbert Millauer

Großenhain. Die Szenen sind filmreif: Mit ganz großen Schritten und glänzenden Augen eilt der soeben aus Gommern angereiste Mann durch den Innenhof des Großenhainer Polizeireviers. Gemeinsam mit einem anderen Mitglied des in Sachsen-Anhalt beheimateten Oldtimerclubs hat sich der 82-Jährige am frühen Morgen aufgemacht, um endlich selbst zu sehen, was er nach eigenem Bekunden niemals mehr für möglich gehalten habe.

Immerhin: Im Oktober 2015 sei es gewesen, als der sympathische Rentner entdecken musste, was bis dato eigentlich nahezu undenkbar erschien. Aus einer mit vier Schlössern gesicherten Garage waren drei der neusten Erwerbungen verschwunden. "Mein Sohn und ich hatten die Maschinen, welche wir dann in mühevoller Kleinarbeit teilweise schon begonnen hatten zu restaurieren, gerade erst bekommen. Es war unbegreiflich, dass diese durchaus schweren Teile aus einem gut gesicherten Gebäude letztlich doch gestohlen worden sind", bekennt Georg Kottke im Gespräch mit Sächsische.de.

Da schlagen Sammlerherzen höher

Um den unwiederbringlichen Wert wissend, habe sich die ermittelnde Polizei in Gommern schließlich seinerzeit auch an das Fahndungsmagazin "Kripo live" gewandt. Deutschlandweit sollte darauf aufmerksam gemacht werden, was Sammlerherzen höher schlagen lassen dürfte: Gesucht wurde fortan die aus dem Jahr 1963 stammende blaue Jawa CZ 250, eine Pannónia 250 von 1957 und eine Royal Enfield anno 1968 des gleichnamigen indischen Motorradherstellers. Abgesehen davon, dass diese zugleich die älteste noch produzierte Motorradmarke der Welt sei, wären alle drei Maschinen das, was inzwischen nicht einfach mal eben so auf dem herkömmlichen Markt zu haben ist.

Um so bedeutsamer einzuordnen demnach die Entdeckung, welche ein Röderstädter kürzlich in einem Großenhainer Privathaus machen sollte. Aus geschäftlichem Anlass bei einer von der Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht näher bezeichneten Privatperson zu Gast, seien ihm die dort gewissermaßen zur Dekoration aufgestellten Maschinen aufgefallen. "Nach ein paar Recherchen wusste er dann auch, dass es sich tatsächlich um die vor Jahren gestohlenen Motorräder handelt, und wandte sich vertrauensvoll an uns", erklärt Großenhains Revierleiterin Sandra Geithner.

"Schnelle Unterstützung von Bundesland zu Bundesland"

Eine Kontaktaufnahme, die in diesem Fall ganz nach dem Geschmack und vor allem dem präferierten Konzept des sächsischen Innenministers Armin Schuster sein dürfte. Sein Vertrauen schenkte der Großenhainer Einwohner nämlich am vergangenen Mittwoch just Bürgerpolizistin Nadine Zymbulow.

Die 36-jährige Polizeikommissarin kniete sich daraufhin umgehend in den damaligen Fall rein und nahm Kontakt mit dem zuständigen Polizeirevier in Gommern auf. "Die Kollegen unterstützten uns sofort auf kurzem Dienstweg und innerhalb kürzester Zeit erhielten wir durch die schnelle Unterstützung von Bundesland zu Bundesland die notwendigen Unterlagen", verrät Nadine Zymbulow.

Eine Akte, die alle in Großenhain Beteiligten sofort sicher sein ließ - das mussten die gesuchten Räder sein! Im Bewusstsein, dass es sich entsprechend der Gesetzeslage zwar um ein bereits sogenanntes verjährtes Diebstahldelikt handele, habe man der Maschinen dennoch so schnell wie möglich habhaft werden wollen. "Innerhalb weniger Stunden erhielten wir vom Riesaer Amtsgerichtsdirektor Herbert Zapf einen notwendigen Durchsuchungsbeschluss und konnten alle drei Motorräder am vergangenen Freitag um 8.25 Uhr sicherstellen", bekennt Ermittler Falko Hocke.

Ob es zum Kinohit reicht?

Eine rundum schwergewichtige Aktion - die betagten Gefährte mussten aus der zweiten Etage eines Hauses nach unten getragen werden -, die an diesem Mittwochvormittag ihr filmreifes Ende findet. Mit ganz großen Schritten und glänzenden Augen eilt Georg Kottke durch den Innenhof des Großenhainer Polizeireviers. Mit strahlendem Gesicht schaut er nahezu ungläubig auf die zweirädrigen Babys, die da fast unversehrt vor ihm stehen. "Ich kann das gar nicht fassen, denn ich habe ehrlicherweise nie gedacht, sie noch einmal wiederzusehen", sagt Georg Kottke gerührt und streicht liebevoll über den Sitz der blauen Jawa.

Ebenso wie die anderen zwei Raritäten wird sie anschließend in einen Transporter verladen, um die Heimreise nach Gommern im Jerichower Land anzutreten. Zurück bleiben Großenhains Polizeibeamte, die sich einerseits sehr über den Fahndungserfolg freuen und andererseits jetzt aufklären müssen, wie die Motorräder in die Röderstadt gelangt sind. Der bisherige Besitzer werde gegenwärtig in den Ermittlungen zur Hehlerei lediglich als Zeuge geführt. Ob der 49-Jährige wusste, woher die wertvollen Accessoires der eigenen vier Wände stammen, und von wem er sie wann eigentlich erworben habe, werde sich noch zeigen. Und damit auch, ob die filmreife Geschichte hier schon zu Ende ist - oder es gar zum Kinohit reicht.