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Großenhainer Firma setzt auf Fachkräfte - Nationalität? Egal!

Das deutschlandweit agierende Elektro Zentrum Großenhain beschäftigt über einhundert Frauen und Männer. Am Montag wurde ihm der Integrationspreis verliehen.

Von Catharina Karlshaus
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Der Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik im 2. Ausbildungsjahr, Abdullah Toutanji (l.) und Ausbilder Hendrik Tetzner an einer Notlichtanlage in der Lehrwerkstatt des EZG in Großenhain.
Der Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik im 2. Ausbildungsjahr, Abdullah Toutanji (l.) und Ausbilder Hendrik Tetzner an einer Notlichtanlage in der Lehrwerkstatt des EZG in Großenhain. © Norbert Millauer

Großenhain. Es sei eben wie im wahren Leben. Entscheidend wäre die Chemie untereinander und natürlich die fachliche Eignung. Ob der Bewerber um einen Ausbildungsplatz beziehungsweise einen Job im traditionsreichen Unternehmen dabei aus der Röderstadt, Dresden, Hamburg oder vielleicht auch Kasachstan käme, spiele eine völlig untergeordnete Rolle.

Mehr noch. Marko König macht keinen Hehl daraus, dass sich das Großenhainer Elektro Zentrum (EZG) zwar natürlich sehr über die Auszeichnung mit dem Sächsischen Integrationspreis freue. "Aber unsere Mitarbeiter sind es tatsächlich gewohnt, deutschlandweit tätig zu sein und dabei sowohl mit Menschen verschiedener Nationalitäten zusammenzuarbeiten als auch Kollegen aus anderen Ländern zu haben", betont der Vorsitzende im Elektro Zentrum Großenhain EZG eG.

Tägliches Miteinander geräuschlos praktiziert

Am Montagabend waren die Großenhainer von Sozialministerin Petra Köpping und dem Ausländerbeauftragten des Freistaates, Geert Mackenroth, gemeinsam mit zwei weiteren Preisträgern geehrt worden. Immerhin 82 Vereine, Verbände, Initiativen und Unternehmen – so viele wie übrigens noch nie - hatten sich um den jeweils mit 3.000 Euro dotierten Preis beworben.

Schwerpunkt des aktuellen Wettbewerbes seien laut Sächsischem Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltige Integrationsprojekte sowie Initiativen, die zur Selbsthilfe anregen. Überragende Arbeit, die einen besonderen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leiste, solle damit gewürdigt und sichtbar gemacht werden.

Am Montagabend überreichten Sozialministerin Petra Köpping (li.) und Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth (re.) im Beisein von Landtagsvizepräsidentin Andrea Dombois (2.v.li.) sowie Vorständin und Geschäftsstellenleiterin von Wirtschaft für ein
Am Montagabend überreichten Sozialministerin Petra Köpping (li.) und Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth (re.) im Beisein von Landtagsvizepräsidentin Andrea Dombois (2.v.li.) sowie Vorständin und Geschäftsstellenleiterin von Wirtschaft für ein © privat

Eine Anerkennung für ein tägliches Miteinander, das in Großenhain seit Jahren gewissermaßen geräuschlos praktiziert werde. Vielleicht auch deshalb, weil Zusammenhalt schon immer im Unternehmen großgeschrieben worden sei. Marko König, der seit 2020 leitend und lenkend an der Spitze des EZG steht, weiß nur allzu gut, wovon er redet.

Von der Pike auf lernte er in jenem Unternehmen, welches 1956 von vier Handwerksmeistern und fünf Gesellen unter dem Namen "Produktionsgenossenschaft des Handwerks PGH 1. Mai Elektro-Radio-Fernsehen" gegründet wurde. Nach 20 Jahren als bauleitender Monteur bundesweit unterwegs, mit einem Meisterbrief und einem betriebswirtschaftlichen Studienabschluss in der Tasche, sorgt er inzwischen gemeinsam mit seinen führenden Mitstreitern dafür, einerseits die Fachkräfte selbst auszubilden und andererseits die Belegschaft über Jahre hinweg an den von Nord- bis Süddeutschland tätigen Betrieb zu binden.

Arbeitsmarkt ist wie leer gefegt

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: 109 Beschäftigte, zuzüglich 30 Leiharbeiter und sogenannte Nachunternehmer bemühten sich gegenwärtig ebenso wie 20 Auszubildende darum, die Aufträge der renommierten Kunden zu bester Zufriedenheit abzuarbeiten. Stets sei man auf der Suche nach geeignetem Personal, was nach jahrelanger Erfahrung in den seltensten Fällen aus Quereinsteigern rekrutiert werden könne. "Man muss da nicht drum herumreden! Der Arbeitsmarkt ist wie leer gefegt. Deshalb haben wir bereits 2016 die Chance ergriffen und sind in Kooperation mit der Diakonie Meißen dankbar für Interessenten, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind", bekennt Marko König.

Das Prozedere bei den betreffenden Frauen und Männern wäre dabei nicht anders als bei potenziellen Bewerbern aus der Region. Wer eine Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik oder zum Informationselektroniker anvisiert, sollte nicht nur einen mittleren Schulabschluss in der Tasche haben, sondern auch Interesse an Mathematik und Physik besitzen sowie über handwerkliches Geschick und körperliche Fitness verfügen. Unterstützt durch eine Azubi-Patenschaft - ein erfahrener Kollege stehe dem Neuzugang neben Ausbilder Hendrik Tetzner mit Rat und Tat zur Seite - sei stets die langfristige Übernahme als Teil des Teams das Ziel.

Deutsche Sprachkenntnisse sind ganz entscheidend

Nicht unerheblich für die Auszubildenden und später fest angestellten Facharbeiter aus Pakistan, Syrien, Afghanistan, Kirgistan und Kasachstan sei selbstverständlich die umfassende Kenntnis der deutschen Sprache, welche im Laufe der EZG-Zeit schließlich mit Fachbegriffen bereichert werde. "Diese Voraussetzung muss natürlich gegeben sein. Aber wir haben es noch nie erlebt, dass sich ein Bewerber nicht um den erfolgreichen Abschluss der Deutschprüfung mit dem Zertifikat B2 bemüht hätte", sagt Marko König.

Innerhalb des Kollegenkreises sei die Herkunft, ähnlich wie in Unternehmen, in denen deutsche Fachkräfte im Ausland arbeiteten, kein Thema. Entscheidend wäre, dass alle für den erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens mit anpackten. Eben wie im wahren Leben.