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Großenhain: Fußball war Dieter Kührts Leben

Dieter Kührt ist nach schwerer Krankheit gestorben. Bekannt war er als Chronist des GFV. Aber auch als Skatbruder.

Von Thomas Riemer
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Dieter Kührt verpasste bis zuletzt kaum ein Heimspiel des Großenhainer Fußballvereins. Jetzt ist seine Stimme verstummt.
Dieter Kührt verpasste bis zuletzt kaum ein Heimspiel des Großenhainer Fußballvereins. Jetzt ist seine Stimme verstummt. © Foto: Matthias Kost

Großenhain. Bis zuletzt verpasste er kaum ein Heimspiel des Großenhainer Fußballvereins. Fuhr auch zu Gastspielen mit, sofern sich eine Mitfahrgelegenheit ergab. Jetzt ist Dieter Kührt im Alter von 87 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.

"Das perfekte Großenhainer Fußball-Lexikon" titelte die SZ zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2016. Zwar habe sein Vater niemals selbst aktiv gespielt oder als Schiedsrichter agiert, erzählt sein Sohn Steffen. Aber dafür penibel Buch geführt. Montags rief er meist die Übungsleiter der GFV-Mannschaften an und holt sich alle Informationen - also Aufstellungen, Torschützen etc. Zwei bis drei Stunden verbrachte Dieter Kührt täglich mit der Arbeit an der Chronik.

"Fußball war sein Leben", sagt Steffen Kührt. Bis ins hohe Alter war sein Vater bei jedem Heimspiel der 1. Männermannschaft vor Ort. Und sorgte hier und da auch dank seiner Emotionen für Furore. So bei einem Auswärtsspiel des GFV in Kreinitz. Da mussten die Großenhainer nach mehreren strittigen Entscheidungen des Schiedsrichters in der Schlussphase zwei Tore hinnehmen. "Da ist mein Vater auf den Platz gerannt, konnte nicht einmal von vier Security-Leuten aufgehalten werden", erinnert sich Steffen. Tags darauf stand in der SZ "83-jähriger Fan aus Großenhain sorgte für eine Spielunterbrechung". Das hat ihn gewurmt. Nicht die Tatsache an sich, "aber da war er höchstens 75", so Steffen Kührt.

Bei Heimspielen zukünftig schmerzlich vermisst

Anfang der 1950er-Jahre ist Dieter Kührt von Zella-Mehlis nach Großenhain gekommen, lernte hier seine Frau kennen, heiratete 1957. Er gehörte zur damaligen kasernierten Volkspolizei, dem Vorläufer der NVA, arbeitete später in der Dresdner Flugzeugwerft. "Auch darüber gibt es natürlich eine Chronik", sagt Sohn Steffen und muss schmunzeln. Dem Fußball ordnete sich so gut wie alles in der Familie unter - auch dank der inzwischen verstorbenen Frau von Dieter Kührt. Als die Tochter Hochzeit feierte, organisierte er, dass Sohn Steffen während der Feier als Erster das Mittagessen bekam, damit er danach pünktlich zu einem Spiel der Großenhainer in Löbau auflaufen und rechtzeitig wieder zum Feiern zurückkehren konnte.

Seine Chronik mit sämtlichen Aufzeichnungen hütete Dieter Kührt wie seinen Augapfel. "Er gab da nichts raus", weiß Steffen. Zum Tag der Sachsen 2014 in Großenhain beispielsweise gab es eine Anfrage zu einer Ausstellung mit Chronik-Inhalten Kührts. "Wird das auch alles bewacht?" hat Vater Kührt da gefragt. Weil dafür niemand garantieren konnte, kam die Präsentation letztlich nicht zustande.

Jetzt wird die Chronik schrittweise für die Fußballfans und andere Interessierte einsehbar sein. Sohn Steffen hat einen Großteil der Recherchen bereits ins Vereinsheim des GFV gebracht. Dort ist jetzt ein Archiv in Arbeit. Steffen selbst wird die Chronik weiterführen. "Das war mit meinem Vater schon lange verabredet", bestätigt er.

Nicht nur bei den Heimspielen des GFV wird Dieter Kührt künftig schmerzlich vermisst werden. Auch sein Stuhl beim 1. Skatclub Großenhain bleibt künftig leer. Dort spielte er regelmäßig montags in der Mückenschänke, um Spaß zu haben, unter Menschen zu kommen und hierbei auch vor allem den Jüngeren viel aus seinem aufregenden Leben zu erzählen. Dieter Kührt sah das Skatspiel stets sportlich – nicht des Zockens oder gar des Geldes wegen griff er zu den Karten.

Dieter Kührt starb am 9. November und wurde in der vergangenen Woche im engsten Familienkreis beigesetzt.