SZ + Großenhain
Merken

Immer wieder nagt der Biber in der Röderaue

Die Elbe-Röderregion ist mittlerweile komplett von den geschützten Nagern besiedelt – das birgt auch Konfliktpotenzial mit Landwirten und Waldbesitzern.

Von Manfred Müller
 2 Min.
Teilen
Folgen
Ein Biber in der Röderaue, wo die Tiere durch die vielen miteinander verbundenen Gewässer und den Auwald beste Lebensbedingungen vorfinden.
Ein Biber in der Röderaue, wo die Tiere durch die vielen miteinander verbundenen Gewässer und den Auwald beste Lebensbedingungen vorfinden. © Friedheim Richter

Landkreis. Es war im Frühjahr 2015, als am Springbach in Kleinnaundorf erstmals Biber gesichtet wurden. Zwei Jahre später hatten die Tiere einen 50 Meter langen Damm gebaut. Oberhalb der Feldmühle stand eine stattliche Biberburg, und es hatte sich schon Nachwuchs eingestellt. Das Gelände ringsum verwandelte sich allerdings in einen Sumpf. Der breitete sich langsam in der Bach-Aue aus, Bäume starben ab oder wurden abgenagt.

Überdies staute der Biber – indem er schwimmende kleine Hilfsdämme errichtete – das Wasser bis zu den etwa 500 Meter entfernten Wohnhäusern auf. Deren Bewohner hätten es am liebsten gesehen, wenn die Tiere eingefangen und in der Königsbrücker Heide wieder ausgesetzt worden wären. Aber Biber sind streng geschützt, deshalb ließ sich die Naturschutzbehörde nicht darauf ein. Es wurden vielmehr zusätzliche Ablaufrohre in den Damm eingebaut, um die Stauhöhe und die Vernässung der Umgebung in Grenzen zu halten.

Ein Mekka für den Elbebiber

Konflikte wie diesen hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben: am Mühlenteich bei Lenz, am Radener Runzengraben, im Koselitzer Teichgebiet. Die Gegend um Frauenhain, Tiefenau und Koselitz ist ein regelrechtes Mekka für Elbebiber. Hier treffen Röder, Geißlitz und Floßkanal aufeinander und speisen mehr als 20 Teiche. Der Auwald bietet reichlich Nahrung, und die miteinander verbundenen Gewässer erleichtern die Wanderung der Tiere. Die Biber haben hier mehr als ein Dutzend Burgen errichtet, zwischen denen sie manchmal pendeln.

„Bauern und Waldbesitzer sehen es nicht so gern, wenn ihre Flächen vernässt werden“, erklärt Naturschützer Friedheim Richter. Es sei schon vorgekommen, dass sie dann zur Selbsthilfe greifen und einen Biberdamm mit dem Bagger abtragen. Das aber ist mit ziemlich heftigen Strafandrohungen belegt. Wer einen Biber fängt, verletzt, tötet oder seine Fortpflanzungs- und Ruhestätte zerstört, dem drohen Bußgeldzahlungen in Höhe von bis zu 50.000 Euro.

Ganze Arbeit: Meister Bockert, wie er im Volksmund genannt wird, kann auch recht dicke Stämme durchnagen, wie hier bei Zschauitz.
Ganze Arbeit: Meister Bockert, wie er im Volksmund genannt wird, kann auch recht dicke Stämme durchnagen, wie hier bei Zschauitz. © privat

Mehr lokale Nachrichten gibt's hier: aus Riesa | Großenhain

Die Ausbreitung des Elbebibers in der Region ist für den Naturschutz eine geradezu beispiellose Erfolgsgeschichte. Durch Bejagung und Lebensraumzerstörung an den Rand des Aussterbens gebracht, gab es im Jahr 1952 nur noch etwa 90 Biber-Ansiedlungen. Sie konzentrierten sich auf die mittlere Elbe bei Dessau und Wittenberg. Durch umfangreiche Schutzmaßnahmen, wissenschaftliche Überwachung und Einbürgerungsprojekte stabilisierte sich der Bestand und eroberte Schritt für Schritt aufgegebenes Territorium zurück.

Meist kommt der Biber erst abends aus dem Bau

Dass man Biber dennoch selten zu Gesicht bekommt, liegt an ihrer versteckten Lebensweise. Meistens kommen sie erst in der Abenddämmerung, wenn die meisten Leute schon vor dem Fernseher sitzen, aus ihrem Bau.

Friedheim Richter hat den ersten Biber in unserer Gegend schon in den 1970er-Jahren gesehen – am Röderlauf bei Bauda. „Als der aus dem Wasser kletterte, kam er mir groß wie ein Wildschwein vor“, erinnert sich der passionierte Tierfotograf. Mit einer Biberfamilie freundete sich Richter so eng an, dass die Tiere keinerlei Scheu mehr vor ihm empfanden. Er konnte sich sogar gemeinsam mit den Nagern fotografieren.

Da mittlerweile fast alle geeigneten Biotope besiedelt sind, hat es der Biber heute schwer, sein Leben ohne Konflikte mit dem Menschen zu gestalten. Wenn durch seine Arbeit Nutzflächen zu überfluten drohen, kann man immerhin durch Dammreduzierungen und Drainagen Abhilfe schaffen. Diese müssen allerdings von der Naturschutzbehörde genehmigt und von Biberbetreuern regelmäßig kontrolliert werden.

Mit Maschendraht gegen die Schäden

Meister Bockert, wie er im Volksmund genannt wird, liebt vor allem Weichhölzer wie Pappeln und Weiden, die er fällt, um die Blätter sowie die dünnen Zweige und die Rinde zu verspeisen. Mit seinen scharfen Schneidezähnen kann er eine zehn Zentimeter dicke Pappel in einer halben Stunde durchnagen. Er versucht sich aber auch an stärkeren Stämmen – es wurden schon von Bibern gefällte Bäume von einem Meter Durchmesser gefunden.

Dickere Äste und dünne Stämme nutzen die Tiere als Baumaterial für Dämme oder die Biberburg. Wo die Nager Forst- und Obstbaumkulturen heimsuchen, schützt man diese am besten durch Umhüllungen oder Maschendrahtzäune. In Sachsen leben derzeit etwa 1.100 Elbebiber, vor allem im Elbe-Röder-Gebiet und in der Dahlener Heide. In Ostsachsen gibt es darüber hinaus knapp 100 aus Polen eingewanderte „Neißebiber“.