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Schwedische Auswanderer touren durch Landkreis Meißen

Aus Bastuknappen zurück in die sächsische Heimat: Oliver Selle und seine Frau Petra Martina besuchen Großenhain, Weinböhla, Moritzburg und - eine Autowerkstatt.

Von Catharina Karlshaus
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Die beiden glücklichen Schweden-Auswanderer Petra Martina Schmid und Oliver Selle besuchten jetzt wieder einmal den Landkreis Meißen. Auch in Großenhain schauten sie in der Redaktion vorbei.
Die beiden glücklichen Schweden-Auswanderer Petra Martina Schmid und Oliver Selle besuchten jetzt wieder einmal den Landkreis Meißen. Auch in Großenhain schauten sie in der Redaktion vorbei. © Norbert Millauer

Großenhain. Am liebsten hätte Oliver Selle gleich wieder den Heimweg angetreten. So zwischen Rostock und Potsdam inmitten von viel Verkehr und gefühlt noch mehr Menschen. Denn auch wenn er sich natürlich darauf gefreut habe, die Familie und gute Freunde wiederzusehen. Die Umgewöhnung sei tatsächlich wirklich in jeder Hinsicht zu spüren. Luft, Temperatur, Geräuschpegel - die Entfernung zwischen dem neuen, 1.400 Kilometer entfernten Zuhause und den vertrauten Gefilden erscheine in vielerlei Hinsicht riesig. "Mir ist das hier alles zu viel Trubel, zu hektisch und zu laut", bekennt der 61-Jährige und lacht.

Kein Wunder auch. Nach Jahrzehnten hatte sich der gebürtige Dresdner und einstige Landkreisbewohner schließlich vor gut anderthalb Jahren gemeinsam mit seiner Frau Petra Martina den Traum vom Auswandern erfüllt. Was einstmals zunächst mit einem Umzug von Boxdorf in die Schweiz begonnen hatte, sollte für den Sohn des renommierten Radebeuler Hautarztes Wolfgang Selle schließlich wirklich in seinem Sehnsuchtsland Schweden enden.

Nach all den arbeitsreichen Jahren im Bau- und Montagekombinat Riesa und später in der Schweizer Wahlheimat darf der frühpensionierte Oliver Selle nun endlich in Bastuknappen das tun, wovon er schon als kleiner Junge träumte, als er mit Papa und später seinen Jagdfreunden durch Moritzburger Wälder stapfte: endlich ganz bewusst im Einklang mit der Natur leben. "Wir haben es wirklich ganz wunderbar getroffen! Elchkuh Elfriede gehört ebenso zu unserem Leben wie Hermann der Hase, Hans der Specht, Auerhähne, Eichhörnchen und Rehe", erzählt Oliver Selle und seine Augen leuchten vor Begeisterung.

Zu dritt ausgewandert, nun nur noch zu zweit

Zusammen mit Petra hatte er sich am Freitag auf den Weg nach Deutschland gemacht. Ließ die totale Abgeschiedenheit der bereits leicht verschneiten Wälder und weitreichenden Seen an der Grenze zu Norwegen zurück, ebenso das rote Holzhaus anno 1937, zu dem seit kurzem ein selbst gebautes Carport gehört und auch jenen Gefährten, mit dem sie vor Monaten in das fremde Land gegangen sind. "Wir sind zu dritt ausgewandert und seit zwei Wochen leider nur noch zu zweit. Unser geliebter Hund Lucky hat seine letzte Reise angetreten", berichtet Petra Martina Schmid traurig.

Allerdings wäre die 53-Jährige, welche strategische Beratung und Persönlichkeitsbildung in vier verschiedenen Sprachen anbietet, nicht jene Optimistin, die Sächsische.de schon bei ihren vorhergehenden Gesprächen kennengelernt hat, würde sie nicht trotzdem schnell ihr ansteckendes Lachen wiederfinden. Lucky sei als Auswandererhund von der ersten Stunde an bei ihnen gewesen. Habe zusammen mit ihnen die unbekannte Welt entdeckt, die 20 Minuten entfernt wohnende Nachbarin und inzwischen neue Freunde kennengelernt. Der Vierbeiner wäre dabei gewesen, als man 50 Kilometer weit zum Supermarkt gefahren ist, hörte seine Menschen zaghaft die ersten schwedischen Worte vor sich hin brabbeln, stapfte mit ihnen durch den hohen Schnee, schnüffelte im Sommer an den leckeren schwedischen Beeren und durfte Weihnachten - nur ausnahmsweise - ein paar Häppchen Elchfleisch vertilgen. Herzenswarme Erinnerungen, die für immer bleiben würden.

Das neue Leben inmitten der Natur nicht mehr missen

Zweifelsohne, das Auswandererpärchen macht bei seinem Überraschungsbesuch in der Großenhainer Redaktion einen rundum glücklichen Eindruck. Nein, bereut habe man den Wegzug auf keinen Fall. Die malerische Landschaft, die ruhigere Gangart bei allen Verrichtungen und das freundliche Miteinander wollen die Beiden nach eigenem Bekunden nicht mehr missen. Auch wenn das Wiedersehen mit der Mutter in Weinböhla, das gemeinsame Essen beispielsweise in Moritzburg, die Stippvisite in Großenhain, wo Oliver Selle 1979 seine Fahrerlaubnis gemacht hat oder die verlässlichen Dienste der Kalkreuther Autowerkstatt allesamt zu schönen Tagen gehörten. Ihr Zuhause sei jetzt jedoch Schweden - und dort warteten nicht nur einige lieb gewonnen Leute auf sie, sondern auch jede Menge Arbeit. "Ich gebe zu, ich habe es nicht ausgehalten, die Füße stillzuhalten", verrät Oliver Selle.

Ganz ohne Arbeit ging es dann doch nicht

Schon im Frühjahr habe er ein kleines Handwerksunternehmen gewerblich angemeldet und tue das, was er leidenschaftlich gern mache: Bauen, Werkeln, momentan gern mit Holz. Eine Veranda könne er mittlerweile ebenso vorweisen wie Treppen oder ein Wochenendhäuschen. Praktisch, dass seine Petra Martina alle Raffinessen und Anforderungen einer professionellen Buchhaltung beherrsche. Neben ihrer Beratungstätigkeit, für die sie eine Weiterbildung eben jetzt auch nach Deutschland geführt hätte, wäre das gut zu bewältigen.

Anfang kommender Woche werden sich Oliver Selle und Petra Martina Schmid dann wieder auf die Rückreise begeben. Im Gepäck Fleischsalat mit Gurke, Weihnachtsstollen und Geflügelsalat. Denn so wunderschön es auch im schwedischen Bastuknappen sein mag. Manche Dinge gebe es dann eben doch nur in hiesigen Gefilden.