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Was ist denn da in Großenhain los?

Schmierereien, beschädigte Spielplätze und nun auch noch geklaute Blumen. Die Stadtväter sind verärgert, gehen aber statt in die Schmollecke in die Offensive.

Von Catharina Karlshaus
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Der Geschäftsbereichsleiter für Stadtkultur und Ordnung, Matthias Schmieder, dokumentiert die Zerstörungen an der Festwiese. Wo vorher gegrillt werden konnte, ist wieder alles beschädigt.
Der Geschäftsbereichsleiter für Stadtkultur und Ordnung, Matthias Schmieder, dokumentiert die Zerstörungen an der Festwiese. Wo vorher gegrillt werden konnte, ist wieder alles beschädigt. ©  Foto: Kristin Richter

Großenhain. Er ist keiner, der sich schnell aus der Ruhe bringen lässt. Ganz im Gegenteil! Großenhains Geschäftsbereichsleiter für Stadtkultur und Ordnung strahlt seit Jahren eine bewundernswerte Gelassenheit und sympathische Souveränität aus. Nein, kommunikativ aus der Reserve locken oder vorschnell urteilen, ist ganz gewiss nicht seine Art.

Vor ein paar Wochen hat es Matthias Schmieder allerdings doch getan. Ist deutlich geworden, anstatt darüber hinwegzusehen. Hat sich seinen Frust gewissermaßen von der Seele geschrieben - und zwar öffentlich. Im aktuellen Amtsblatt der Stadt wendet sich der Mann, welcher in Großenhain durchaus auch mal einen zweiten oder dritten Blick in Sachen saubere Straßen und Wege, besprühte Wände oder gar mutwillig zerstörte Papierkörbe riskiert, an jene Menschen, die letztlich allen Einwohnern Schaden zufügen. Der auch für öffentliche Grünanlagen verantwortliche und langjährige Planer der Sanierung des Stadtparks musste nämlich just in jenem Areal, für welches er auch jetzt noch mit viel Herzblut und Leidenschaft verantwortlich zeichnet, entdecken, was auch jeden privaten Grundstückseigentümer gehörig auf die Palme bringen würde.

Bei seiner morgendlichen Runde im Stadtpark fiel ihm auf, was er letztlich so schildert: „Im Sommerblumengarten erfreute ich mich an den duftenden Frühlingsboten wie Stiefmütterchen, Goldlack, Vergissmeinnicht, Akelei und den Gänseblümchen, die unser fleißiger Stadtbauhof wie jedes Jahr gepflanzt hat. Und dann sah ich es: Erst eine Lücke und dann noch eine und noch eine. Insgesamt 58 Blumen - ich habe sie gezählt und schätze 20 Stiefmütterchen, acht Goldlack, 16 Vergissmeinnicht, 14 Gänseblümchen - fehlten im Beet und man sah deutlich die ehemaligen Pflanzstellen. Irgendjemand hatte die Blumen vorsichtig mitsamt ihren Ballen herausgehoben und mitgenommen“, schreibt Matthias Schmieder in einem offenen Brief an die unbekannte Blumenfreundin beziehungsweise den vermeintlichen Blumenfreund ohne Namen.

Traurig, aber leider wahr: die ausgegrabenen Pflanzen sind nicht die einzigen Verluste, welche Großenhain zu beklagen hat. Ist das Beschmieren von neu gestalteten Häuserfassaden, Stromkästen der Sachsen-Energie oder Brücken mit Dynamo-Schriftzügen wie in anderen Städten auch längst zum Dauerbrenner geworden, kommen immer wieder neue Ärgernisse hinzu. Umgestürzte Papierkörbe, beschädigte Spielplätze und zerstörte Hundetoiletten sind durchaus keine Seltenheit. Und damit nicht genug! „Am Dienstag habe ich mir den Platz an der Festwiese angeschaut. Es ist wirklich bitter zu sehen, dass alles, was wir dort Jahr um Jahr neu hergerichtet haben, immer wieder zunichte gemacht wird“, bekennt Matthias Schmieder.

Tatsächlich schaut es im Bereich des ehemaligen Grillplatzes aus, als hätten da die sprichwörtlichen Vandalen gehaust. Die Holzlatten sind gewaltsam entfernt worden, der Wein, welcher Schatten spenden sollte, wurde abgerissen und ein achtlos hingeworfenes Fahrrad erinnert an jene, die regelmäßig hier ihre Freizeit verbringen. "Wir wissen, dass der Platz gern von Jugendlichen besucht wird. Und wir wissen auch, dass wir viele Hinterlassenschaften ihnen zu verdanken haben", gibt Matthias Schmieder unumwunden zu.

Moralkeule herauszuholen, reicht nicht

Bei dem Satz einfach belassen möchte er es allerdings nicht. Einerseits, weil eben ganz und nicht nur ausschließlich junge Leute dafür verantwortlich sind, wenn etwa irgendwo im Stadtgebiet Müll abgelagert wird oder der Papierkorb Opfer eines kräftigen Fußtrittes wird. Andererseits seien solche Ereignisse auch immer ein Spiegel der Gesellschaft und die heutige Zeit sei eben zugegebenermaßen alles andere als einfach für Heranwachsende. Dass sich sportbegeisterte Teenager beispielsweise in einem Waldstück nahe Großenhain eine BMX-Strecke gebaut haben, wäre sicherlich auch den momentanen Umständen geschuldet. Eine Eigeninitiative, wie sie ihre Väter sicherlich einst auch schon in Jugendjahren mit Lust und Laune gezeigt hätten. "Das darf man auch nie vergessen! Dass der Aktion auch gesunde Bäume zum Opfer gefallen sind, ist freilich nicht in Ordnung. Doch immer gleich die große Moralkeule herauszuholen, macht es nicht besser", ist sich Matthias Schmieder sicher.

Stattdessen setze man darauf, mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen. Auch und erst recht im Fall der Festwiese. Gemeinsam müssten Lösungen gesucht werden, um Freizeit sinnvoll gestalten zu können, aber den Jugendlichen gleichsam deutlich machen, dass ihr Verhalten auch Konsequenzen haben muss. Die Reinigung der großflächig besprühten Häuserfassade koste ebenso viel Geld, wie die Anpflanzung jener ausgegrabenen Pflanzen im Stadtpark. Und diese unbekannten Blumenfreunde wären mit Sicherheit keine Kinder, sondern Erwachsene gewesen.

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