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Großenhainer helfen Meißner Tierpark

Hiesige Tierfreunde bezahlen die Stromrechnung für zwei Monate. Tierparkchef Drechsler will die Spender nach Meißen einladen.

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© SZ-Archiv/Claudia Hübschmann

Von Jörg Richter

Großenhain/Meißen. Der Tierpark Siebeneichen in Meißen ist für Familien mit Kindern mindestens genauso wichtig wie die Albrechtsburg und die Porzellanmanufaktur. Wenn nicht sogar wichtiger. Das wissen die Großenhainer anscheinend besser als die Meißner selbst. Weil die Ratsherren in der benachbarten Domstadt dem Tierpark-Chef Heiko Drechsler weitere finanzielle Unterstützung vorenthalten, hat eine Großenhainer Facebook-Gemeinschaft beschlossen, Spenden zu sammeln. Mehr als 2000 Euro sind in nur vier Wochen zusammengekommen. Zwei Mitglieder der Großenhainer Facebookgruppe überreichten jetzt 1 722,80 Euro an Heiko Drechsler. Aber nicht einfach so. Sie fuhren gemeinsam mit ihm zu den Meißner Stadtwerken und bezahlten damit die Strom- und Heizkosten des Tierparks für die Monate Januar und Februar. „Das hat mich total überwältigt“, sagt Drechsler. „Die Großenhainer haben in vier Wochen so viel Geld gesammelt, wie der Meißner Tierpark-Freundeskreis in zwei Jahren nicht.“

Mehr als 50 Großenhainer haben sich bisher an der Spendenaktion beteiligt. Sie läuft noch bis Ende Februar, so dass Anfang März eine zweite Spende an den Meißner Tierpark überreicht werden soll.

Drechsler ist Dresdner und hatte vor 15 Jahren den Tierpark Siebeneichen übernommen, als die Anlage an der B 6 schon einmal vor dem Aus stand. Er erfüllte sich damals einen Kindheitstraum. „Denn ich wollte schon immer Zoo-Direktor sein“, erzählt der 54-Jährige. Viel Geld und Kraft habe er in den Erhalt des Tierparks gesteckt, nicht selten die eigene Familie eingespannt, um Wege und Gehege zu bauen oder das Kassenhäuschen zu besetzen.
In den letzten zwei Jahren unterstützte die Stadt Meißen den Tierpark mit jeweils 60 000 Euro pro Jahr. Von dem Geld konnte Drechsler u. a. drei Mitarbeiter bezahlen. Doch Mitte 2017 wurde bekannt, dass der Stadtrat weitere Zuwendungen für den Tierpark auf den Prüfstand stelle. Sie seien nicht auf Dauer angedacht gewesen.

Diese Nachricht erreichte Drechsler ausgerechnet in der aufgeheizten Schlussphase des Bundestagswahlkampfes. Und Drechsler, bekennender Anhänger der damaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petri, machte mit Wut im Bauch einen Fehler. Er hing ein AfD-Wahlplakat an das Kassenhäuschen des Tierparks auf und brüskierte damit alle Parteien, die im Meißner Stadtrat vertreten sind. Stadträte von CDU, Die Linke und FDP kritisierten, dass Drechsler, der öffentliche Gelder erhielte, nicht neutral geblieben ist.

Obwohl Drechsler das Plakat schon nach wenigen Tagen wieder abnahm, schwelt seitdem zwischen ihm und dem Meißner Stadtrat ein Konflikt. Eine Finanzhilfe für 2018 gibt es bislang nicht.

Die SZ machte den Fall bekannt. Seitdem schlägt Drechsler eine große Welle der Solidarität entgegen. Es gebe Hilfsangebote aus Dresden, Wilsdruff, Oschatz, Weinböhla, Coswig, ja sogar aus Hannover, Kiel und Hamburg. „Aber die größte Spende kam bisher aus Großenhain“, sagt Drechsler. „Ich bin total geplättet.“

Er will sich bei den zahlreichen Unterstützern aus Großenhain bedanken. Drechsler plant, alle namentlich bekannten Spender mit ihren Familien im Mai oder Juni in den Tierpark Siebeneichen einzuladen. Ein Termin soll rechtzeitig bekanntgegeben werden.

Aktualisierung vom 30. Januar 2018: Wie die SZ im Nachgang zu dem Artikel über eine Spendenaktion aus dem Raum Großenhain für den Meißner Tierpark erfahren hat, wurde diese initiiert durch den Anti-Asyl-Aktivisten Dierk Damen. Der Pegida- und AfD-Sympathisant hat die Spende persönlich übergeben. Während der Flüchtlingswelle 2015 und 2016 hatte er mit rassistischer Hetze vor allem über Soziale Netzwerke die Proteste gegen Asyl-Unterkünfte in Großenhain geschürt.