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Großenhainer zahlen nicht für neue Straßen

Die Zwangsabgabe ist abgeschafft. Doch was wenn die Fördergelder nicht mehr reichlich sprudeln?

Von Birgit Ulbricht
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Wenn grundhaft ausgebaut wurde, mussten bisher auch die Grundstückseigentümer mitzahlen.
Wenn grundhaft ausgebaut wurde, mussten bisher auch die Grundstückseigentümer mitzahlen. © Archiv

Großenhain. Mit einem Fingerzeig haben die Stadträte ihre Bürger von den Straßenbaubeiträgen befreit. Auch für Verkehrsanlagen müssen sie jetzt nichts mehr zahlen. Die Satzung ist abgeschafft. Nun muss die Stadt für Bauvorhaben die Gelder alleine zusammenkratzen. 

Kämmerin Elke Opitz wollte das eigentlich nicht, doch die CDU-Fraktion hatte in einer der letzten Sitzungen darauf gedrungen, die Zwangsabgabe nicht nur zu halbieren, sondern ganz abzuschaffen. Das sächsische Kommunalabgabengesetz, die Grundlage der Zwangsabgabe, hielt bislang allen juristischen Anfechtungen stand.

Doch nun sind es auf einmal die Kommunen selbst, die eine nach der anderen und fast geräuschlos ihre Satzungen zur Erhebung eben jener Straßenausbaubeiträge abschaffen und damit die rechtliche Grundlage, ihren Bürgern Geld abzuverlangen.

 „Es sind ja nicht nur die Straßen. Wir stellen in den nächsten Jahren auf LED-Lampen um, das hätten die Leute wieder mitbezahlen müssen“, erklärt Stadtbaudirektor Hönicke. Und es gibt noch einen Fall, der sicher hochgekocht wäre. Wenn der Radweg Zschauitz/Lenz gebaut wird, gibt es in Zschauitz eine freie Fläche, an der nur drei Häuser stehen und deren Umbau dann voll auf diese Anlieger angerechnet werden würde. 

Solche Einzelfälle will die Stadt unbedingt vermeiden. In Großenhain gab es die Zwangsabgabe seit 1. Januar 1995. Im November 1999 flatterten Anwohnern das erste Mal Bescheide ins Haus. Seitdem haben Grundstückseigentümer bei 25 Straßenbau-Maßnahmen insgesamt 1,1 Millionen Euro ans Rathaus gezahlt. Zabeltitz und Wildenhain sind hier statistisch bis 2010 nicht erfasst. Die Letzten, die zahlen mussten, waren dann ausgerechnet die Waldaer. Das war im März 2017.

Bisher hatte die Stadt das Mögliche voll ausgeschöpft: Bei Anliegerstraßen durften die Grundstückseigner höchstens zu 75 Prozent herangezogen werden, bei innerörtlichen Durchgangsstraßen zu 50 Prozent und bei überörtlichen Durchgangsstraßen zu 25 Prozent. Und genauso hat es Großenhain gehalten. Nun also die komplette Kehrtwende.

Oberbürgermeister Sven Mißbach bleibt skeptisch: Bürgermeisterkollegen hatten ihn gewarnt: Muss der Bürger nichts mehr zahlen, werden die Wünsche schnell größer. Doch das ist längst nicht die einzige Sorge.

 Was passiert, wenn das Fördergeld für den Straßenbau nicht mehr so üppig fließt? Amüsiert sein werden aber auch diejenigen nicht sein, die schon gezahlt haben. Denn sie haben keine Chance, Geld zurückzufordern. Die Satzung gilt mit ihrer öffentlichen Bekanntmachung.