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Großer Bahnhof für die Gaststätte Saxonia

Das Restaurant eröffnete 1928 noch vor dem neuen Bahnhof. Mit Qualität und Freundlichkeit hält es sich als eine der letzten Bahn- hofsgaststätten in Sachsen.

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Peter Anderson

Hinter der Schwingtür im Ostteil der großen Bahnhofshalle beginnt die Zeitreise. Ein mit dunklem Holz getäfelter hoher Speisesaal nimmt den Reisenden auf. Rechterhand schwingt sich eine breite Treppe zur Empore nach oben. Früher war dort die Rezeption eines der vier DDR-Mitropa-Hotels. Der Treppenpfosten unten wird von einer hölzernen Putte des Meißner Bildhauers Georg Türke bekrönt.

Steffen Heinrich, der Wirt des Meißner Bahnhofsrestaurants „Saxonia“ sorgt seit 1994 als Pächter dafür, dass Interieur, Küche und Service der Traditionsgaststätte ihr Niveau halten. Insgesamt ist er dem Haus 34 Jahre beruflich verbunden.Den Namen seines Restaurants hat Heinrich von der ersten einsatzfähigen deutschen Lokomotive übernommen. Mit ihr wurde am 7. April 1839 die Linie Dresden – Leipzig eingeweiht. Damit begann die Hoch-Zeit der Bahnhofsgaststätten im Elbland. Genau genommen ein Jahr zuvor. Louis Heine, Inhaber der Traditionsgaststätte „Goldenen Weintraube“ in Radebeul, errichtete 1838 am Endpunkt der von Dresden kommenden Eisenbahn-Probestrecke ein Restaurant für die ersten Bahnreisenden und nannte es „Kleine Weintraube“. Auch das Saxonia war dem Eisenbahnanschluss voraus. Es eröffnete im Juli 1828, der Bahnhof erst am 15. Dezember des gleichen Jahres.

Die Wartezeiten waren damals oft länger als heute. Um den Reisenden ihre Zeit möglichst angenehm zu vertreiben wuchsen seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Nähe der Bahnsteige Hotels, Restaurants und Läden aus dem Boden. „Schmückende gärtnerische Anlagen oder Parks, mit Ruhebänken in Bahnhofsnähe, wurden geschaffen, um dem ankommenden Reisenden einen erste angenehmen Eindruck des Ortes zu vermitteln.“ So beschreibt es der Bahn-Historiker Manfred Berger in seinem Buch „Historische Bahnhofsbauten in Sachsen“. Bahnhofsrestaurants wie das Meißner Saxonia galten als vornehmstes Haus am Platz. Wirt Steffen Heinrich zeigt eine Aufnahme aus den 30er Jahren. An Stelle der heutigen Küche ist ein eleganten Vereinszimmer zu sehen. „Hier tagten die Meißner Handwerksvereine“, erzählt der Wirt.

Spätestens mit der Wende hat sich die Funktion des Bahnhofs gewandelt. In Meißen wird kaum noch umgestiegen. Es bleibt keine Zeit für einen Stopp in der Saxonia. Wirt Heinrich hat den Wandel geschafft. Patienten, die sich in einem der Cöllner Ärztehäuser kurieren lassen, essen bei ihm Mittag. Freizeitsportler schieben auf der Kegelbahn im alten Wartesaal der 3. Klasse eine ruhige Kugel. Kränzchen von älteren Damen trinken ihr Likörchen in der Veranda. Vereinsvorstände tagen bei einem kleinen Schwerter-Pils im großen Saal. Und manchmal trinkt doch der eine oder andere S-Bahn-Fahrer noch ein Feierabendpils an der Theke.