Bischofswerda
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Großes Kino für die Ohren

Sieben Jahre nach Schließung des Filmtheaters findet erstmals wieder eine Veranstaltung in den Räumen statt. Nicht nur aus diesem Grund eine Premiere.

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Beim „Tag der offenen Tür“ im April dieses Jahres herrschte Andrang im Kino. Inzwischen hat sich das Bild im großen Saal verändert. Auch die Geländer für die Besuchersessel sind inzwischen abgebaut.
Beim „Tag der offenen Tür“ im April dieses Jahres herrschte Andrang im Kino. Inzwischen hat sich das Bild im großen Saal verändert. Auch die Geländer für die Besuchersessel sind inzwischen abgebaut. © Archivfoto: Steffen Unger

Bischofswerda. Experimentieren erwünscht: Das ehemalige Kino an der Karl-Liebknecht-Straße wird am Sonntag ab 10 Uhr von einem Ort des Sehens zu einem Ort des Hörens. Gemeinsam mit dem Hauseigentümer, dem Verein KulturOrt, und Bischofswerdaer Bürgern gestaltet das Archiv der Avantgarden der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ein Projekt, das im besten Wortsinn aufhorchen lassen will: ein Hörkino. Die Besucher erleben Akustik auf vielfältige Weise und in unterschiedlichen Räumen, sagt Projektleiterin Bettina Lehmann.

Über den Seiteneingang des früheren Kinos werden die Besucher am Sonntag gleich den Saal erreichen. Dort beginnt eine Art Parcours, auf den sich jeder mit gesunder Neugier und Offenheit einlassen sollte. Jarii van Gohl vertont die Architektur des Hauses. Dafür fängt er Sounds der im Herbst 2012 geschlossenen Volkslichtspiele ein und baut daraus Musikstücke. Ein weiteres Klangerlebnis wird die Medienkünstlerin und -pädagogin Antje Meichsner beisteuern. Aus Schallplatten des Archivs der Avantgarden fertigte sie eine Musikcollage an. Ab 11 Uhr bis zum frühen Nachmittag können die Besucher mittels Bausatz ein Theremin bauen. Dabei handelt es sich um ein 1920 erfundenes elektronisches Musikinstrument, das ohne Berührung gespielt wird. Stattdessen sind es die Bewegungen des Spielers, die ein elektromagnetisches Feld und die Töne erzeugen. Spannend dürfte es auch von 15 bis 17 Uhr werden. Dann wird im Kino eine Radioshow aufgezeichnet, die ab 19 Uhr der Dresdner Sender Coloradio ausstrahlt. Die Radiokünstler Konrad Behr, Janine Müller und Margarete Kiss sind mit einem kleinen Wagen bereits in dieser Woche in Bischofswerda unterwegs und fangen Geschichten ein, die Schiebocker erzählen möchten, bevorzugt rund ums Kino. „Das Kino emotionalisiert und bewegt nach wie vor viele Menschen“, sagt Bettina Lehmann. Diese Geschichten werden Eingang in die Radioshow finden. Zu guter Letzt gibt es ab 18 Uhr ein Konzert mit elektronischer Musik von und mit Michael Weißhaupt.

Kunst und Design

Das Archiv der Avantgarten enthält eine der umfangreichsten Sammlungen von Kunstwerken, Objekten und Dokumenten der künstlerischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts, die der Sammler Egidio Marzona seit den späten 60er Jahren zusammengetragen hat. Dazu gehören Kunstwerke, Designobjekte, Möbel, Zeichnungen, Plakate, Architekturpläne, Schallplatten – insgesamt rund anderthalb Millionen Objekte. Einen Großteil seiner Sammlung schenkte der Mäzen den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Dass das „Offene Hörkino“ an diesem Sonntag nach Bischofswerda kommt, ist nicht nur den experimentierfreudigen Mitgliedern des Vereins KulturOrt um Eastchef Heiko Düring zu danken, sondern auch der Modedesignerin Bettina Kletzsch. Sie und Bettina Lehmann sind miteinander befreundet. Bettina Kletzsch, deren Eltern viele Jahre lang das Spielwarengeschäft an der Dresdner Straße führten, kennt die Tage der offenen Hinterhöfe in Bischofswerda. „Ich war damals mit dabei, habe im Geschäft meiner Eltern geholfen“, sagt sie. Nun organisiert sie das offene Hörkino mit.

Die Künstler vom Sonntag sind alle auch DJs, sagt Bettina Lehmann, die Kunstwissenschaft und Kulturmanagement studierte. Schon am Sonnabendabend legen sie im Eastclub auf – Musik, zu der man auch tanzen kann. „Wir bespielen einen zweiten Floor“, sagt sie. Das Nachtprogramm des East startet am Sonnabend um 22 Uhr ¨– bei schönem Wetter open air, ansonsten im Klub. (SZ/ir)