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Gruftis gesucht

Wer ein besonderes Grab haben möchte, dem bieten einige Friedhöfe nun Grüfte und Marmorskulpturen.

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© Sven Ellger

Von Andreas Weller

Eine Grabkammer hat immer etwas Monumentales: Früher bekamen nur Monarchen, hohe Kirchenvertreter, Adelige oder reiche und bedeutende Persönlichkeiten eine Gruft, in der sie bestattet wurden. Heute ist es verboten, neue Grüfte zu bauen, erklärt Ulrich Hübner vom Denkmalamt der Stadt. Aber nun gibt es die Chance, sich eine feudale Grabstätte für später zu sichern. Einige Dresdner Friedhöfe bieten Patenschaften an. Wer ein Denkmal herrichtet und über Jahre pflegt, kann gediegen unter die Erde kommen.

So hat beispielsweise der Erbauer des ehemaligen DVB-Hochhauses am Albertplatz Max Hermann Paulick (1875 bis 1952) eine riesige Gruft auf dem Johannisfriedhof in Tolkewitz. Die Grabkammer ist 3,5 mal 9,5 Meter groß und vier Meter tief. Darin liegen Paulick und seine Familie. „Für sechs weitere Särge wäre noch Platz“, so Friedhofschefin Beatrice Teichmann.

In der Stadt gibt es insgesamt 58 Friedhöfe. Allein auf dem Johannisfriedhof gibt es um die 33 000 Gräber und Grüfte. 420 davon gelten als Einzeldenkmal, auf dem benachbarten Urnenhain sind es weitere 380. Viele von ihnen verkommen immer mehr, weil die üblichen 20 Jahre, für die ein Grab in der Regel gekauft wird, abgelaufen sind, es keine Angehörigen mehr gibt oder diese weit weg sind und der jeweilige Friedhof kaum Geld hat, sie instand zu halten. „Wir haben etwa 500 leer stehende Grüfte“, schätzt Teichmann. Es gibt Grüfte, zu denen noch große Bronzefiguren gehören, aber auch normale Gräber, auf denen Marmorplatten und -skulpturen stehen und anderer wertvoller Grabschmuck. „Heute wäre das kaum noch bezahlbar“, erklärt Denkmalschützer Hübner. „Stattdessen können Paten die Denkmäler restaurieren lassen und haben dann später ein ganz besonderes Grab für sich.“

Der Friedhof hat bereits rund 120 Patengräber. „Ich hätte aber sofort mindestens 1 000 weitere frei“, so Friedhofschefin Teichmann. Deshalb suchen Friedhöfe sozusagen Gruftis. „Uns fehlen einfach die Einnahmen“, erklärt Teichmann. Das Geld reiche, um den Friedhof zu bewirtschaften, für Sanierungen von Denkmälern aber nicht. Auch sehe sie Trends wie Leichenstaub zu Diamanten zu pressen kritisch, da dadurch immer weniger Tote auf den Friedhöfen landen.

„Es gibt einen Wandel in der Debatte um die eigene Beerdigung“, stellt Hübner fest. Immer mehr Dresdner setzen sich intensiver mit dem Thema auseinander und wollen entweder anonym beigesetzt werden oder etwas Besonderes haben. Das Besondere sichern einige Friedhöfe nun zu: eine Patenschaft. Dabei bleibt der jeweilige Friedhof Eigentümer der Grabanlage, der Pate verpflichtet sich zur Pflege und zum Erhalt des Denkmals. Dafür muss er keine Gebühr zahlen, aber die Restaurierungskosten tragen. Für die Neuanfertigung einer großen und aufwendigen Marmorskulptur müssten laut Hübner heute mindestens 80 000 bis 100 000 Euro gezahlt werden, eine restaurieren zu lassen liege dagegen etwa bei 3 000 Euro. Dafür können der Pate und seine Angehörigen, die von ihnen gepflegte Grabstätte nach dem Tod selbst nutzen und diese für eine Gebühr wie bei einem normalen Grab für mindestens 20 Jahre behalten. Die Regeln lauten: Der Erhalt steht im Vordergrund, und aus den Gräbern und Gruften werden keine Särge oder Urnen entfernt.

Denkmalschützer wie Hübner begleiten die Patenschaften. Die Paten müssen einen genauen Sanierungsplan vorlegen und immer wieder nachweisen, dass Restaurierungen fachgerecht durchgeführt werden. Das Amt genehmigt und nimmt die Denkmäler später auch ab. Es gebe sogar Steuervorteile für jemanden, der ein Denkmal saniert, erklärt Hübner.

Am Wochenende ist der Tag des Friedhofs. Dazu informieren viele über ihre Besonderheiten von 10 bis 17 Uhr.