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Gut Gamig bleibt in Familienhand

Renate Frühauf baute die Einrichtung für psychisch Kranke nach der Wende auf. Jetzt ist sie 75 und übergibt an ihre Tochter.

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© Norbert Millauer

Von Heike Sabel

Dohna. Zum letzten Mal begrüßte Renate Frühauf im Herbst als Geschäftsführerin die Gäste des Herbst- und Erntedankfestes in Gamig. Den Abschied von Gut Gamig hatte die 75-Jährige bis dahin lange vorbereitet. „Es ist für mich auch ein besonderes persönliches Dankfest, denn ich weiß, dass Grundgedanken von Gut Gamig schon lange weiter getragen werden von der Geschäftsführung, den Mitarbeitern des Gutes und den Vereinsmitgliedern“, sagte sie damals.

Trotzdem konnte sie es wohl zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht glauben, dass ihre Zeit auf Gut Gamig vorbei sein sollte. Über 25 Jahre hatte sie dem Gut und dem Verein ihre Handschrift gegeben. Und auch jetzt wird sie es nicht ganz verlassen. Nicht nur, weil ihre Nachfolgerin die eigene Tochter ist, sondern weil sie dem Haus, der Idee, den Menschen verbunden bleibt.

Ihre Tochter Katja gehörte von Anfang an dazu. Als Praktikantin und Helferin – beim Ausmisten des Schafstalles genau so wie bei der Apfelernte. „Ob wir als Schüler wirklich eine Hilfe waren, weiß ich nicht mehr, aber es hat Freude gemacht, dabei zu sein“, so die 42-Jährige. Nach dem Abitur arbeitete sie als Pflegehelferin in einer Einrichtung für mehrfachbehinderte Menschen in Südirland und in einem Camp in Nordirland. Nach dem Soziologiestudium kam sie nach Gamig zurück und arbeitete in der Wohnstätte. Mutter, Tochter und Mitarbeiter setzten das Konzept der medizinischen und beruflichen Rehabilitation für psychisch kranke Menschen um. Der externe Standort dafür wurde in Dresden-Niedersedlitz eröffnet. Katja Frühauf übernahm die Einrichtungsleitung. Die ärztliche Leiterin war und ist Renate Frühauf.

Noch vor fünf Jahren hatte sich Renate Frühauf bei der Frage nach ihrer Nachfolge unsicher gegeben. Doch zwei Jahre später wählte die Mitgliederversammlung Katja Frühauf zum zweiten geschäftsführenden Vorstand neben Renate Frühauf. Damit war klar, Gamig wird auch nach dem Ausscheiden der Seniorin Ende vorigen Jahres so weitergeführt wie bisher.

Die Übernahme der Geschäfte und Verantwortung ist für Katja Frühauf nichts Neues, sondern etwas Selbstverständliches. „Das mache ich ja schon die ganze Zeit.“ Dennoch ist der Übergang von der Doppelspitze zur alleinigen Führung eine neue Erfahrung.

Renate Frühauf hat in den über 25 Jahren auf Gut Gamig viel erlebt. Der Kampf um das Gut ganz am Anfang, die Sanierung der Gebäude, der Aufbau der Werkstätten, das Wohnheim, die Kapelle als Ort der stillen Einkehr. Eine der letzten großen Aktionen war der Kauf der Gamiger Ländereien. 20 Jahre muss der Kredit dafür abbezahlt werden. Aber: „Wir haben damit so viel Sicherheit wie möglich für Gamig geschaffen.“ Nun könne sie wie ein alter Bauer, der seine Felder jahrzehntelang gemeinsam mit anderen bestellt und die Ernte eingebracht hat, wohlgemut und sehr dankbar ins Altenteil ziehen. Ihre Tochter sät und erntet jetzt.

„Natürlich habe ich eine andere Art als meine Mutter, und ich gehe manche Dinge anders an. Das Ziel ist jedoch dasselbe: Gamig erhalten und entwickeln, damit es ein besonderer Ort bleibt, an dem jeder Mensch in Würde leben, wohnen und arbeiten kann.“

Die Mutter hört es gern. Sie hat ihr Werk in gute Hände gegeben, nicht nur die ihrer Tochter.