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Gymnasiasten dürfen länger schlafen

Der Unterricht beginnt im Coswiger Gymnasium 20 Minuten später. Davon waren anfangs nicht alle Schüler begeistert.

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© Norbert Millauer

Von Peggy Zill

Coswig. Die Schlummertaste können die 869 Coswiger Gymnasiasten nun mindestens einmal mehr betätigen. Und trotzdem bleibt noch Zeit für ein gemütliches Frühstück. Denn der Unterricht beginnt seit Anfang des Schuljahres nicht mehr 7.40 Uhr, sondern erst um 8 Uhr und passt sich so besser an die innere Uhr der Teenager an.

Mit mehr Schlaf sollen die Schüler motivierter und erfolgreicher lernen. Denn woran im Sommer weniger gedacht wird: Bald beginnen die dunklen Monate, die Sonne geht dann erst gegen 8 Uhr wieder auf. „Und solange es noch dunkel ist, bekommt man die Schüler schwer aktiviert“, erklärt Alexander Köpping, Lehrer und Leiter der sogenannten Steuergruppe, in der sich Arbeitsgruppen mit dem Thema Gesundheit und Schule beschäftigen. „Bei 15-Jährigen erreicht die Leistungskurve 8.30 Uhr ihren Höhepunkt und dann abends ab 20.30 Uhr wieder“, so Köpping. So kam die Idee, den Unterrichtsbeginn zu verschieben.

Lange wurde darüber diskutiert, Vor- und Nachteile abgewogen – mit Schülern, Lehrern und Eltern gleichermaßen. Am Ende entschied sich in der Schulkonferenz – oberstes Beratungs- und Beschlussgremium – eine Mehrheit dafür. Und auch die Stadt als Schulträger willigte ein.

Obwohl die Aussicht, länger in den Federn liegen zu können, nicht alle Schüler erfreute. Zwei von vier Schülervertretern waren bei der Abstimmung dagegen. „Auch meine Kinder wollten das anfangs nicht“, sagt Mario Nemec, Vorsitzender des Elternrats. Sie hätten befürchtet, dass sich das Unterrichtsende um 20 Minuten nach hinten verschiebt, es nachmittags aufgrund anderer Termine und Hobbys zur Hetzerei kommt. Und auch die Elternvertreter seien bei der Vollversammlung durchaus kritisch gewesen. Eine knappe Mehrheit stimmte dennoch für die Verschiebung. Denn Stress am Nachmittag dürften dadurch die wenigsten Schüler bekommen. Durch Umstrukturierung der Pausenzeiten – es gibt fast nur noch Doppelstunden – sind es nachmittags nur zehn Minuten länger, die die Kinder in der Schule sind, erklärt die Schulleiterin Britt Göldner. Man habe vorab auch geprüft, dass die veränderte Zeit zu den ÖPNV-Fahrplänen passt. „Für die Mehrheit geht es auf. Nur eine Handvoll kommt fünf Minuten zu spät.“ Während der heißen Wochen galt ein Kurzstundenplan, sodass keiner länger als bis 13 Uhr in der Schule schwitzen musste.

„Für alle aus Coswig ist der spätere Schulbeginn ein Gewinn“, sagt Mario Nemec. Nur die Kinder, die auf die Straßenbahn Richtung Weinböhla oder Radebeul angewiesen sind, müssten aufgrund des neuen Stundenplans manchmal eine Bahn später nehmen. „Auch in meinem Leistungskurs waren einige skeptisch“, gibt Kerstin Sachse, stellvertretende Schulleiterin, zu. Unterdessen würden sie es gut finden. Und neben der Leistungssteigerung habe man sich noch einen positiven Nebeneffekt erhofft: Dass den Schülern mehr Zeit bleibt, noch etwas zu essen. In der Vergangenheit seien viele gleich morgens mit Kreislaufproblemen im Krankenzimmer gelandet.

Ob mehr Schlaf gleich bessere Leistung bedeutet, wird das Schuljahr zeigen. Danach wollen sich erneut alle zusammensetzen und evaluieren. Geht es nach Schlafforschern, sollten die Kinder sogar noch länger liegenbleiben können. Eine Studie der Universität Leipzig hat gezeigt, dass schon eine halbe Stunde weniger Schlaf die Leistungsfähigkeit in der Schule um 30 Prozent reduziert. 9 Uhr wäre eine gute Zeit für den Schulbeginn, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Das wiederum wäre viel zu spät, meint Britt Göldner.