Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Häuser ohne Herren

Städte im Kreis plagen sich mit herrenlosen Immobilien herum. Richtige Probleme machen jedoch ganz andere Gebäude.

Teilen
Folgen
NEU!
© Dirk Zschiedrich

Von Matthias Weigel

Sächsische Schweiz. Die Fassade vergilbt. Der Putz bröckelt. Wegen herabstürzender Teile oder Gefahren musste die Straße schon gesperrt werden. Die Feuerwehr holte einen knapp fünf Meter hohen Schornstein vom Dach. Grüne Netze sichern inzwischen das Gebäude. Ein Bröckelhaus, wie es im Buche steht. Zu finden in Sebnitz an der Kreuzstraße 23. Was aus der verfallenden Bude wird? Schulterzucken allerorten. Denn das Haus hat nicht einmal mehr einen Eigentümer. Es wurde aufgegeben. Es ist herrenlos.

In der strukturschwachen Region ist das kein Einzelfall. Allein in Sebnitz gibt es sechs solcher herrenloser Immobilien. Neben der Kreuzstraße ein Flurstück in Hertigswalde, eine Wiese an der Kreuzstraße sowie die Gebäude Lange Str. 37, 47 und Weberstraße 12. Gut 3 500 Euro parkt man jährlich im Haushalt, um hier Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. „Wir nehmen sämtliche problembehaftete Objekte in Abständen in Augenschein und ergreifen, wenn nötig, Maßnahmen“, sagt Rathaussprecherin Kerstin Nicklisch.

Auch in anderen Orten des Kreises kämpft man mit dem Phänomen. Dippoldiswalde vermeldet aktuell drei herrenlose Grundstücke. Aus Angst vor Vandalismus will man sie nicht benennen. „Zwei davon sind gewerblich genutzt worden, eines ist ein Wohngrundstück“, so Sprecher Marko Hermersdörfer. Eine Zunahme solcher Fälle verzeichne man zwar nicht, da Grund und Boden in Deutschland immer noch als werthaltig betrachtet würden, sagt der Sprecher.

Allerdings müsse man Einnahmen aus der Grundsteuer mitunter abschreiben, bis sich neue Eigentümer finden – und in einem Fall seien zuletzt erhöhte Sicherungsmaßnahmen notwendig gewesen, da Jugendliche das Grundstück öfter unerlaubt betreten hatten. „Hier geht es in erster Linie um die Vermeidung von Unfällen und Vandalismus“, sagt Hermersdörfer. Größere Aufwendungen seien in Dipps aber damit insgesamt nicht verbunden.

Freital hat mit einem herrenlosen Grundstück zu tun. 3 000 Quadratmeter, zum Teil bebaut, heißt es. Es sei nicht zentral gelegen und auch nicht vermüllt oder verwildert. „Wir haben uns das Aneignungsrecht gesichert und sehen, was wir damit tun“, sagt Sprecherin Inge Nestler.

Oft Probleme mit Eigentümern

In Pirna gibt es kein herrenloses Grundstück. „Grundstücke mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen bereiten uns eher das eine oder andere Kopfzerbrechen“, so Stadtsprecher Thomas Gockel. Neustadt vermeldet: „derzeit keine herrenlosen Grundstücke oder Gebäude.“

Zunehmend schwieriger wird jedoch der Umgang mit sanierungsbedürftigen Immobilien, deren Eigentümer bekannt ist – jedoch im Ausland lebt oder aus anderen, meist wirtschaftlichen Gründen heraus seinen Pflichten zur Sicherung und zum Unterhalt nicht nachkommt. Mitunter auch trotz Aufforderungen vom Bau- oder Ordnungsamt oder der Baubehörde im Landratsamt. Einfach enteignen kann man die Flächen allerdings nicht.

Unisono beklagen die Kommunen im Kreis, dass derartige Probleme zunehmen. Häufiger müssen sie eingreifen – bei Gefahren durch herunterbröckelnden Putz oder herabstürzende Dachziegel beispielsweise muss die Baubehörde aktiv werden. Dann ließen die Kommune oder der Kreis die Stellen sichern, stellten es den Eigentümern in Rechnung, wenn sie denn zahlen können. Tragisch war ein Fall im vergangenen Jahr in Pirna. Damals starb eine Frau an einer Bushaltestelle durch herabstürzende Teile.

Doch zurück zu den herrenlosen Häusern. Drängend ist dort ja die Frage, was aus den Flächen wird. Freital will die genannte Immobilie möglicherweise für gewerbliche Zwecke entwickeln. „Ein weiteres Haus gab es einmal an der Ecke Dresdner Straße/Poisentalstraße“, so Stadtsprecherin Nestler. Das habe man dann im Zuge des Straßenbaus abreißen können und so den nötigen Platz an der Kreuzung geschaffen. Auch Dippoldiswalde hält sich für seine herrenlosen Immobilien erst mal alle Optionen offen, solange die Gefahr nicht überhand nimmt.

In Sebnitz sind einige der Häuser städtebaulich wertvoll, weswegen die Stadt zumindest an einigen Stellen Fördermittel akquirierte, um die Immobilien notdürftig zu sichern. Abriss geht so einfach nicht. Eine Lösung, um das Stadtbild aufzuwerten und die verfallenen Gebäude doch noch zu verkaufen oder zu sanieren, ist allerdings schwierig. Dennoch verfolge man intensiv jeden Weg und jede Möglichkeit, um etwas am Zustand zu ändern, so das Rathaus.