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Halbzeit im Erbgericht

Im alten Gasthof in Kreischas Ortsmitte entstehen Wohnungen. Der Umbau wird aber wohl länger dauern als geplant.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Stephan Klingbeil

Kreischa. Der Schlussstein ziert wieder den Bogen über der Eingangstür. Die Zahl 1885 ist in den Sandstein geritzt. Bauarbeiter passieren das schmale Tor des alten Gasthofs „Zum Erbgericht“ in Kreischa. Seit fast einem Jahr bauen sie in und an dem klobigen Denkmalbau am Haußmannplatz. Einiges hat sich dort getan. Die Halbzeit naht.

Der Neubau am Haupthaus birgt eine Tiefgarage. Der Gebäudetrakt im früheren Innenhof nimmt Konturen an.
Der Neubau am Haupthaus birgt eine Tiefgarage. Der Gebäudetrakt im früheren Innenhof nimmt Konturen an. © Karl-Ludwig Oberthür
Bauleiter Gerhard Bobe zeigt den ehemaligen Pfeiler vom alten Bahnhof Radebeul Ost. Er wird im Carport verbaut.
Bauleiter Gerhard Bobe zeigt den ehemaligen Pfeiler vom alten Bahnhof Radebeul Ost. Er wird im Carport verbaut. © Karl-Ludwig Oberthür
Das Dachgebälk im Erbgericht muss – anders als erhofft – nun wohl doch komplett ausgetaucht werden.
Das Dachgebälk im Erbgericht muss – anders als erhofft – nun wohl doch komplett ausgetaucht werden. © Karl-Ludwig Oberthür

Die Schloß Borthen GmbH aus Dohna, die den verwaisten Sanierungsfall 2012 gekauft hatte, will 14 bis 15 Mietwohnungen auf drei Etagen schaffen. Die sollen jeweils mit drei bis sechs Zimmern ausgestattet und 70 bis 160 Quadratmeter groß sein, auch Maisonettewohnungen sind geplant. „Für die Hälfte gibt es schon Anfragen“, so Achim Bernhardt von der Schloß Borthen. Weitere Interessenten können sich die Grundrisse beim Eigentümer anschauen.

Im Erdgeschoss sollen außerdem zwei Gewerberäume entstehen, vielleicht sogar drei. „Das steht noch nicht ganz fest“, erklärt Bernhardt. Fix sei jedoch, dass in den kommenden Monaten 32 Parkflächen geschaffen werden. Dazu wurden zunächst die alten Nebengebäude abgerissen. Dort, wo sich früher die hauseigene Schlachterei befand und wo später auch die Kreischaer Modelleisenbahner ihre Vereinzimmer hatten, entstehen nun zwei Wohnungen, eine Tiefgarage und ein großer Carport.

Der Rohbau auf dem alten Innenhof nimmt schon Konturen an. Stahlstreben ragen empor, Beton überall. In den Wänden wurden jedoch auch etliche Originalziegelsteine mitverbaut. Mitte Mai soll die Betondecke über der Tiefgarage fertig sein. Hier können bald 24 Autos parken, die über die Dresdner Straße hineinfahren werden. Anschließend wird darüber der Carport mit fünf Stellplätzen gebaut, der von den zukünftigen Mietern über die Straße Am Mühlgraben erreicht wird. Die alte Ziegelsteinmauer wird dazu weichen. Als neue Überdachung ist indes eine Konstruktion aus Gussstahl und Holzverkleidung vorgesehen. Hierzu wird ein Teilstück einer früheren Gleisüberdachung vom Bahnhof Radebeul Ost verwendet, das derzeit auf einer kleinen Freifläche zwischen Neubau und Baucontainer lagert. Gleich nebenan werden die drei Außenparkplätze angelegt.

Das neue Nebengebäude schließt direkt an das massive ortsprägende Haupthaus an. Die dem Innenhof zugewandte Wand des Viergeschossers ist jedoch schon weg. Sie musste aus statischen Gründen abgerissen werden und wird ersetzt. Momentan ist das riesige Loch dort noch mit einer graugrünen Folie überklebt. Dahinter, im Inneren, laufen die Bauarbeiten auch auf Hochtouren. Die Fortschritte bei der Sanierung erschließen sich aber auf den ersten Blick eher nicht. „Es ist wirklich viel zu tun, und immer wieder gibt es Überraschungen“, erklärt Bauleiter Gerhard Bobe aus Kreischa. Der 57-Jährige, dessen Firma LLB aus Dresden-Lockwitz auch in der Nachbarschaft baut und bis Ende Mai die barrierefreie Zufahrt zum Ärztehaus errichtet, verweist auf den Zustand der Ruine. Erst bei der Entkernung und während der denkmalgerechten Sanierung werde klar, was tatsächlich alles an Bausubstanz erneuert werden muss.

So mussten in den vergangenen Monaten mehrere Fundamente im großen Saal und Erdgeschoss, aber auch tragende Wände zusätzlich mit Beton verstärkt werden. Das sieht man nur bei genauerem Hinsehen. Zudem muss Vieles ausgetauscht werden. So kann ein Großteil des Holzgebälks doch nicht mehr verwendet werden. Der Holzwurm und frühere Wasserschäden haben dem Altmaterial zu sehr zugesetzt. Auch müssen immer mal wieder Gutachten von der Denkmalschutzbehörde angefertigt werden. Das betrifft etwa die Fassade des einst beliebten Ausflugsziels, in dem früher alle 14 Tage Tanzabende stattfanden. Was muss, was kann vom historischen Gebäude überhaupt erhalten werden? In Absprache mit den Experten werde das geklärt. „Daher ist auch noch offen, wie der neue Anstrich aussieht“, so Bernhardt. Ungewiss sei zudem, wie teuer das Millionenprojekt am Ende ganz konkret wird.

Klar ist jedoch, dass die Sanierung in der Kreischaer Ortsmitte etwas länger dauern wird als zunächst erwartet. Bislang war stets die Rede vom Frühjahr 2019 als Fertigstellungstermin. Nun heißt es seitens der Eigentümer jedoch, dass sie „Mitte, spätestens aber bis Herbst 2019“ mit dem Ende der Bauarbeiten im Erbgericht rechnen.