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Handyparken mit Hindernissen

Mit dem Smartphone in Zittau zahlen ist kein Problem, wenn man das richtige Betriebssystem hat. Zur Not macht´s die Münze.

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© Matthias Weber

Von Mario Heinke

Kai Grebasch wartet am Parkautomaten auf dem Rathausplatz. Der Pressesprecher der Stadt Zittau will mir das Handy-Parken erklären. Ein verwirrender Begriff: Wer parkt schon sein Handy? Es geht darum, die Parkgebühr an den Parkautomaten mit dem Mobiltelefon zu bezahlen. Das ist seit Juni im Stadtzentrum möglich.

Grebasch zeigt mir sein Smartphone und drückt auf den Button, der die App (Anwendungssoftware) von „Park Me“ aktiviert. Die Benutzeroberfläche erscheint und zeigt Uhrzeit, Kennzeichen und den Standort an. „Die App erkennt, an welchem Automaten ich stehe“, so Grebasch begeistert. Ein weiterer Klick startet die Messung der Parkzeit. Die Vollzugsbediensteten vom Bürgeramt könnten bei einer Kontrolle jetzt das Kennzeichen von Grebaschs Auto auf ihrem Smartphone sehen und wüssten, dass er ordnungsgemäß, also gebührenpflichtig, parkt. Damit das alles so reibungslos funktioniert, muss der Handyparker sich zunächst die App von einem der drei Anbieter, die am Parkautomaten auf dem Aufkleber genannt sind, herunterladen und sich registrieren. Klingt unkompliziert, ist es aber nicht immer, wie sich zeigt. Ich gehe mit meinem Smartphone ins Netz auf die Webseite von „Park Now“, klicke „Gratis App downloaden und losparken“ und warte. Es passiert nichts. Irgendwann lese ich, dass die Seite nicht angezeigt werden kann. Was nun?

„Du meine Güte, das ist ja ein Win-dowphone“, sagt der Stadtsprecher, als käme ich von einem anderen Stern. Nicht ohne Grund, denn die Apps von „Park Now“ und „Park Me“ laufen nur auf Smartphones mit den Betriebssystemen Android oder IOS. Wer hingegen das Betriebssystem von Microsoft nutzt, so wie ich, kann sich lediglich bei „Easy Park“ registrieren. Mit diesem Insiderwissen ausgestattet, gehe ich auf die Webseite von „Easypark“, klicke auf „Download“ und erfahre, dass Windows 10 jetzt auch für mein Smartphone verfügbar wäre. Eigentlich wollte ich nur parken, statt ein neues Betriebssystem zu installieren. Dazu kommt es aber nicht, nach einem weiteren Klick lande ich auf den Internetseiten von Microsoft, auf denen ich über die neuste Software informiert werde. Genervt breche ich den Kontaktversuch ab.

Minutengenaue Messung

„Man kann auch die Servicenummern anrufen“, sagt Kai Grebasch. Ich wähle eine der Nummern und höre eine Computerstimme. Ich liebe es, mit Maschinen zu telefonieren! „Wenn Sie Kunde werden möchten, wählen Sie die Eins“, so der monotone Bass. Gesagt, getan. „Wenn Sie an einer Umfrage teilnehmen möchten, wählen Sie die Eins, wenn nicht die Zwei“. Ich wähle natürlich die Zwei. Die Computerstimme sagt: „Ich kann Sie nicht hören, senden Sie uns eine E-Mail.“ Mein Bedarf an Hightech-Technologie ist für diesen Tag gedeckt. Das Gefummel am Smartphone dauert jetzt schon eine halbe Stunde.

Nun sind nicht alle Menschen im Besitz eines offensichtlich schon wieder veralteten Gerätes, so wie ich, deshalb höre ich dem Stadtsprecher geduldig zu, der mir die Vorteile des Handyparkens erklärt. So wird die Parkzeit minutengenau gemessen und der Fahrer zahlt nur für die tatsächliche Parkzeit. Der Nutzer muss nicht einmal zur Parksäule gehen, kann den Parkvorgang noch im Auto starten. Auch die lästige Kleingeldsuche sei Vergangenheit, sagt Grebasch. Er ist der Beweis, dass alles ohne Probleme funktioniert, wenn man das richtige Smartphone besitzt und die einmalige Registrierung abgeschlossen hat.

Die schöne digitale Welt hat allerdings auch Kehrseiten, die man als Nutzer zumindest einmal gehört haben sollte. So schlagen die Anbieter eine kleine Gebühr auf die Parkgebühr obendrauf. Durch die minutengenaue Abrechnung der tatsächlichen Parkzeit käme dieser Betrag aber locker wieder rein, so der Stadtsprecher überzeugt. Und, die automatische Standorterkennung funktioniert nur bei eingeschaltetem Ortungssystem, dies sollten Leute wissen, die unter Verfolgungswahn leiden. Und nicht zu vergessen: Jeder Nutzer übermittelt persönliche Daten einschließlich der Bankverbindung an die Anbieter der App, von denen einer beispielsweise in Österreich sitzt. Wie sollen die App-Betreiber auch sonst die Gebühr kassieren? Zu den drei verfügbaren Systemen sollen noch weitere dazukommen, kündigt der Stadtsprecher an.

Ich greife in die Hosentasche, stecke zwei Fünfzig-Cent-Münzen in den Parkautomaten und ziehe den Schein. Die digitale Variante ist mir zu stressig und wohl für die Generation nach mir entwickelt.