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Hauptbahnhof verkauft

Zum zweiten Mal seit der Wende wechselt das Gebäude den Besitzer. Der neue Eigentümer hat bisher nur ungenaue Vorstellungen, was daraus wird.

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© Dietmar Thomas

Von Cathrin Reichelt

Döbeln. In einem kurzen Schreiben sind die Mieter von Räumen im Bahnhof darüber informiert worden, dass das Gebäude den Besitzer gewechselt hat. Neuer Eigentümer ist die Neumayr & Sedlmeir GbR aus Erding in Bayern. Ende Mai sollte vor Ort die Übergabe erfolgen. Allerdings sei dazu nur ein Vertreter des bisherigen Besitzers, der Firma Main Asset Management aus Dreieich in Hessen, erschienen, sagt Hannelore John vom DB-Reisezentrum.

Das bestätigt auch Janine Kalisch, Geschäftsführerin der Döbelner Filiale des Pizzabäckers Freddy Fresh. Der betreibt seit knapp vier Jahren eine Filiale im Erdgeschoss des Bahnhofes.

Den hatte das hessische Unternehmen im Jahr 2010 erworben, und seit geraumer Zeit versucht, ihn wieder zu verkaufen. Im vergangenen Jahr war von einem Kaufpreis in Höhe von 300 000 Euro die Rede. Wie viel der Bahnhof tatsächlich gekostet hat, ist nicht bekannt.

Der Döbelner Bahnhof

Das Gebäude des Döbelner Hauptbahnhofes wurde im Jahr 1870 in Betrieb genommen und steht heute unter Denkmalschutz.

Früher befanden sich in der Querhalle die Gepäckabfertigung, Wartesäle erster, zweiter und dritter Klasse, ein Speisezimmer und ein Wartezimmer für die besser Betuchten.

Heute stehen viele Räume des Gebäudes leer.

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Ob sich für das Reisezentrum und die Pizzeria aus dem Besitzerwechsel Veränderungen ergeben, wissen die Mitarbeiter nicht. In dem Schreiben wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Miete künftig an den neuen Vermieter zu zahlen ist. „Der Mietvertrag ist verlängert worden“, sagt Janine Kalisch. Neben den beiden Einrichtungen im Erdgeschoss befinden sich in dem Haus noch Büros der DB Netz AG sowie Räume für die Bahnreinigung, die Mitarbeiter der Mitteldeutschen Regiobahn und den Eisenbahnverein. Es stehen aber auch viele Räume leer.

Die neuen Eigentümer sind sich noch nicht im Klaren darüber, was sie mit der Immobilie anfangen. Denn es ist nicht ihre einzige Neuerwerbung. „Wir haben 127  Bahnhöfe in ganz Deutschland gekauft“, sagt Maximilian Neumayr, Geschäftsführer der Firma Neumayr & Sedlmeir auf Nachfrage des Döbelner Anzeigers. Das Unternehmen werde sich jetzt von Süd nach Nord und von Ost nach West jedes einzelne Objekt anschauen und dafür eine Planung entwickeln.

Die Optionen seien vermieten, verkaufen, im Bestand halten oder in einigen Fällen auch sanieren. Etwa in sechs Monaten könnte eine Entscheidung gefallen sein, meint Neumayr. Bis dahin würden für die Mieter alle aktuellen Konditionen erhalten bleiben.

Für Hannelore John ist es ein Unding, dass die Deutsche Bahn (DB) Bahnhöfe in dieser Größe überhaupt verkauft. Für die Betreiberin des Reisezentrums gehört es zum Service, dass die Kunden sich bei widrigen Wetterbedingungen in einem Gebäude unterstellen können. Aber die DB habe bereits vor rund zehn Jahren entschieden, dass eine Überdachung und ein Automat auf dem Bahnsteig als Service reichen.

Da Hannelore John das anders sieht, hat sie mit den Mitarbeitern von Freddy Fresh vereinbart, dass sie das Gebäude auch in Zeiten öffnen, in denen das Reisezentrum geschlossen hat. Nur der Eingang von den Bahnsteigen her bleibt geschlossen. Durch den kam der Unbekannte, der das Reisezentrum vor zwei Wochen mitten am Tag überfallen hat. „Da geht mir meine eigene Sicherheit vor“, sagt die Inhaberin.