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Heiße Abfahrten am Valtenberg

Neukirch sucht nach Alternativen zum Wintersport. Und nach Möglichkeiten, den Hausberg besser zu vermarkten.

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Von Ingolf Reinsch

Neukirch. Oberwiesenthal hat sie, sonst kaum einer in Sachsen. Nun will Neukirch nachziehen. Die Gemeinde hat Pläne, den Valtenberg für Monsterroller zu öffnen. Bürgermeister Jens Zeiler (CDU) ist im Urlaub selbst auf einem der stabilen, dick bereiften Roller den Fichtelberg hinabgesaust. Sein Urteil: Fahrspaß pur.

Ein stilisierter Valtenbergturm aus Edelstahl soll ab diesem Jahr an den Ortseingängen auf Neukirchs Wahrzeichen hinweisen. Entworfen wurden die Aufsteller von der Neukircher Werbeagentur Sebald Design. Zurzeit läuft das Genehmigungsverfahren für den Baua
Ein stilisierter Valtenbergturm aus Edelstahl soll ab diesem Jahr an den Ortseingängen auf Neukirchs Wahrzeichen hinweisen. Entworfen wurden die Aufsteller von der Neukircher Werbeagentur Sebald Design. Zurzeit läuft das Genehmigungsverfahren für den Baua © Sebald Design

Mithilfe der Erzgebirger wollen die Neukircher voraussichtlich ab kommendem Jahr dieses Angebot auch in der Oberlausitz unterbreiten. Kein Hirngespinst. Gemeinsam mit Gemeinderat Edgar Lehmann und dem Valtenbergwirt Andreas Hübner war Jens Zeiler vor wenigen Tagen in Oberwiesenthal, um sich bei der Betreibergesellschaft zu informieren. Diese werde nun ein Angebot unterbreiten – von der Lieferung der Spezialroller, die es sowohl für Erwachsene als auch für Kinder gibt, bis zum Betreiberkonzept, sagte der Bürgermeister auf Anfrage der SZ. Dabei liefern die Erzgebirger „nur“ das Know-how. Die Investoren und künftigen Betreiber müssen aus Neukirch bzw. aus der Region kommen. Die Gemeinde sucht dafür Partner in der privaten Wirtschaft; erste Gespräche, darunter mit den Fahrradhändlern im Ort, gab es. „Wir sind offen für weitere Interessenten“, sagt der Bürgermeister.

Vor der Abfahrt steht der Aufstieg

Das Modell Oberwiesenthal lässt sich in Neukirch freilich nur bedingt kopieren. In der Erzgebirgsstadt können Touristen vier markierte Routen mit unterschiedlichen Zielen und Schwierigkeitsgraden buchen. Die Touren sind zwischen vier und zwölf Kilometer lang. Die Seilbahn bringt die Gäste auf den Berg. Die Angebote werden zum Teil mit einer Fahrt mit der Kleinbahn kombiniert. Attraktionen, die Neukirch nicht hat. – Trotzdem sehen Gemeindevertreter und Outdoorsportler in Neukirch ein gutes Potenzial, um dieses Vorhaben zu verwirklichen. Die Grundidee: In der Valtenbergbaude kann man die Roller ausleihen. Aus jetziger Sicht sollen zehn bis 20 Roller angeschafft werden. Für die Abfahrt sollen Waldwege, die schon jetzt von Wanderern und Mountainbikern genutzt werden, nach Neukirch ausgeschildert werden. Die Strecken lassen sich ausbauen, etwa durch Schleifen nach Ringenhain und Steinigtwolmsdorf, von wo aus man auf ruhigen Nebenstraßen, vorbei an schönen Umgebindehäusern, weiter nach Neukirch rollen kann. In Neukirch selbst sollen Touristen zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten geleitet werden – etwa zu den Töpfereien oder zur Leinenmanufaktur. Bei Partnern im Ort kann man die Roller abgeben. Von dort werden sie wieder auf den Valtenberg gebracht. Vor dem Abfahrtsspaß steht allerdings der Aufstieg auf den Berg – fünf Kilometer vom Ort, drei Kilometer vom Touristenparkplatz nahe des Waldschlösschens. Wer keine Sondergenehmigung hat, um auf den Gipfel mit dem Auto zu fahren, der muss wandern. Und das sind die meisten. Aber auch hierfür arbeite die Gemeinde langfristig an Lösungen, heißt es in Neukirch.

Und Jens Zeiler denkt über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus. Das Angebot könne auch für den Business- und Tagungstourismus von Interesse sein, sagt er. Im Rahmen der Touristischen Gebietsgemeinschaft „Oberlausitzer Bergland“ könne man das Angebot vermarkten. Mit renommierten Häusern, wie dem Erbgericht in Tautewalde und dem Hotel bei Schumann in Kirschau, sei man im Gespräch.

Gemeinsam das Risiko tragen

Potenzielle Partner in Neukirch sehen die Idee mit Interesse, aber auch mit Skepsis, was die Höhe der Investitionen und einen wirtschaftlichen Betrieb angeht. Ein Monsterroller kostet über 1 000 Euro. „Das Konzept ist noch in der Reifephase. Vor einer Entscheidung brauchen wir die Zahlen“, sagt ein Unternehmer, der namentlich (noch) nicht genannt werden möchte. Enrico Fillinger, Geschäftsführer des Fahrradmarktes in Neukirch, sagt: „Wir sind mit dabei, um der Gemeinde etwas zurückzugeben und beizutragen, die Region zu beleben. Geld verdienen werden wir mit den Monsterrollern aber wohl nicht.“ Dass einer allein das wirtschaftliche Risiko übernimmt, könne er sich nicht vorstellen, sagt Enrico Fillinger. Die Sache trägt sich aus seiner Sicht nur über einen Pool von mehreren Investoren – Gemeinde, Valtenbergwirt, Unternehmen –, die das geschäftliche Risiko gemeinsam übernehmen. Die Idee mit den Monsterrollern ist Teil eines Konzeptes, um den Valtenberg – mit 587 Metern die höchste Erhebung im Lausitzer Bergland – zu beleben. „Wir brauchen Ganzjahresalternativen zum Wintersport“, sagt Jens Zeiler – und er hat dabei nicht nur die Prognosen im Blick, wonach die Winter in der Tendenz milder und schneeärmer werden. Neukirch hat zwar einen der steilsten Abfahrtshänge in der Oberlausitz. Doch Skiläufer saßen in der Vergangenheit buchstäblich auf dem Trockenen, weil der Schnee nicht reichte und der Hang künstlich nicht beschneit werden durfte. Dann ging auch noch der Lift kaputt und der Betreiberverein löste sich auf ... Nun sucht die Gemeinde einen Neuanfang. Mit Monsterrollern und ausgeschilderten Routen für Mountainbiker als ersten Schritt. Hinzu kommen Visionen. Etwa für eine Sommerrodelbahn und eine Seilrutsche, von Fans Zipline genannt. Ein Konzept, das in den nächsten Jahren verwirklicht werden könnte. „Wir müssen den Valtenberg besser vermarkten“, sagt Neukirchs Bürgermeister. Noch in diesem Jahr will er an den Ortseingängen neue Begrüßungstafeln aufstellen lassen. In Form eines stilisierten Valtenbergturmes.