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Herrenloses Grundstück könnte einen Besitzer bekommen

Die alte Bergbrauerei soll verkauft werden. Doch das ist juristisch brisant.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Zschieschen. Bis Montag haben Stadt und Erbengemeinschaft der ehemaligen Bergbrauerei Zeit, den Vergleich zur widerrufen. Klug wäre das für beide nicht, hat ihnen der Richter am Landgericht Dresden in einer Anhörung jetzt mit auf den Weg gegeben. Denn beide könnten beim Gang durch die Gerichtsinstanzen viel Geld lassen. Ausgang ungewiss. So was sorgt gewöhnlich für Vernunft. Ganz nebenbei könnte damit in Großenhain etwas gelingen, worüber sich Juristen in Fachmagazinen deutschlandweit die Köpfe zerbrechen. Es geht um herrenlose Grundstücke. Klingt einfach, ist es aber nicht, erst recht nicht, wenn Erbengemeinschaften im Spiel sind.

Genau das ist bei der bekannten Großenhainer Immobilie „Bergbrauerei“ der Fall. Es gibt zwar eine Erbengemeinschaft, doch die hat im Dezember 2007 auf ihr Eigentumsrecht verzichtet. Damit war das Grundstück plötzlich herrenlos und automatisch in Obhut des Freistaates. 2013 kaufte die Stadt für einen Euro dem Land das Aneignungsrecht ab. Anfangen konnte die Stadt mit der alten Brauerei zwar nichts, sie verhinderte damit, dass sich dort ungewollt Besetzer einnisten, wie das in anderen Städten passiert ist. Auch sonst war die Situation der Stadt eher nicht komfortabel – sie musste die Verkehrssicherungspflicht übernehmen, bekam aber keine Grundsteuer, weil sie nicht wirklich Eigentümer ist. „Ziel ist ja, das herrenlose Grundstück an einen Investor abzugeben, der eine sinnvolle Nutzung an den Fleck bringt“, so Jörg Heinert von der Kämmerei.

Dem städtebaulichen Coup steht allerdings ein großes Hindernis im Weg: Im Grundbuch sind noch Schulden von seinerzeit 400 000 DM, heute rund 204 000 Euro, eingetragen. Gläubiger der Grundschulden sind die Erben der ehemaligen Eigentümerin des Grundstücks. Und die stimmen trotz Zuredens des Freistaates und der Stadt Großenhain nicht der Löschung der Grundschulden zu, obwohl sie ihre Eigentümerpflichten abgegeben hatten. Nur, ein derart verschuldetes Grundstück übernimmt keiner.

Also suchte Jörg Heinert von der Großenhainer Kämmerei einen Weg, den Schandfleck in der Stadt beseitigen zu können. Die Stadt ließ es darauf ankommen und klagte vorm Landgericht. Es hatte durchaus Richter gegeben, die eine Löschung der Grundschulden unter diesen Umständen für richtig befanden. Zumal sich die Stadt Chancen ausrechnete, weil die Erben den Nachweis für die Grundschulden nur teilweise erbringen konnten, heißt es in einer Information an die Stadträte. Der Richter am Landgericht hielt solch einen Prozess dagegen für riskant: zum einen, weil nur wenige Juristen mit einem Eigentumsverzicht auch die Grundschulden verfallen lassen. Zum anderen, weil die Erben tatsächlich die Schuldenhöhe nicht belegen können und sogar Forderungen der Gläubiger vorgelegt wurden, die nach dem Zeitpunkt der Eintragung der Schulden entstanden sind. Da lauern erhebliche Prozessrisiken.

Nun wollen sich beide Seiten einigen. Die Erben geben die Löschungsbewilligung gegen eine Zahlung von 40 000 Euro. Die Geld kommt in dem Fall von den neuen Käufern der Immobilie, Kerstin und Sven Seurig. Beide haben bereits den Bergkeller erworben. Die Stadt würde damit ihr Aneignungsrecht weiterverkaufen. Die Gerichtskosten der Stadt betragen zum jetzigen Zeitpunkt rund 5 900 Euro. Im Falle eines Feuers oder Sturms könnten die Kosten der Verkehrssicherungspflicht ein Vielfaches betragen.