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Himmelblaues Prachtstück

Ein französisches Auto ist das älteste Fahrzeug im Kfz-Museum Cunewalde. Aber nicht nur deshalb kamen in 15 Jahren schon 35 000 Besucher.

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© Uwe Soeder

Von Katja Schäfer

Der auf Hochglanz polierte hellblaue Lack spiegelt die Umgebung wider. Die Hupe glänzt golden. Die verchromten Felgen und Speichen funkeln. – Dem Oldtimer-Caprio ist sein Altern nicht anzusehen. Vor 92 Jahren wurde das Auto der Marke Amilcar in Frankreich gebaut. Seit 15 Jahren können es Besucher des Cunewalder Kfz- und Technikmuseums bewundern. „Es ist unser ältestes Fahrzeug“, sagt Gerald Neubert und wischt vorsichtig, ja geradezu zärtlich, mit einem weichen Lappen etwas Staub vom rechten Scheinwerfer.

Auf der Rennstrecke überschlagen

Das himmelblaue Prachtstück gehört zu den ersten Exponaten der Ausstellung, deren 15-jähriges Bestehen der Oberlausitzer Kfz-Veteranenclub am Sonntag begeht. Im Frühjahr 2000 hat der Verein das Museum in der dreistöckigen Scheune des Dreiseitenhofes an der Blauen Kugel in Cunewalde eröffnet. „Angefangen haben wir mit sieben Motorrädern und einer Diesel-Ameise sowie ein paar Motoren aus dem Cunewalder Werk“, erinnert sich Mitglied Gerald Neubert. Schnell kamen weitere Fahrzeuge hinzu, zum Beispiel der Amilcar. Er gehört dem Löbauer Arzt Holm Krumpolt. Sein Vater hatte das Auto in der Oberlausitz aufgetrieben, gekauft und hergerichtet. Wie es zuvor in die Gegend kam, ist nicht bekannt. Gerald Neubert weiß aber zu berichten, dass es sich einst auf der Berliner Rennstrecke Avus überschlagen hat und danach wieder aufgebaut wurde.

Besucher bis aus Israel

Im Oldtimer-Museum steht es auf einem exponierten Platz in der zweiten Etage, gegenüber einer historischen Tankstelle. In der Ausstellung sind die alten Fahrzeuge nicht aufgereiht, sondern die Vereinsmitglieder präsentieren viele davon in kleinen Szenen. So gibt es zum Beispiel auch eine alte Werkstatt zu sehen. Das macht den besonderen Reiz des Museums aus. In den 15 Jahren seines Bestehens haben es schon mehr als 35 000 Leute besucht. Eine beachtliche Zahl; erst recht, wenn man bedenkt, dass die Ausstellung nur zwischen April und Oktober geöffnet ist, und dann auch nur an den Wochenenden. Die Besucher kommen nicht nur aus der Umgebung, sondern aus ganz Deutschland, aber auch vielen anderen Ländern, zum Beispiel England, Frankreich und Spanien. Die weiteste Anreise hatten bisher Gäste aus Israel.

Zur Attraktivität des Museums, das der Verein rein ehrenamtlich betreibt, trägt auch bei, dass es solche Raritäten zu bieten hat wie den hellblauen Amilcar. „Davon gibt es in Deutschland nur noch höchstens 15 Stück“, sagt Gerald Neubert. Das Armaturenbrett des Autos ist aus Holz. Die zwei Sitze sind mit beigefarbenem Leder bezogen. Unter der halbrunden Motorhaube stecken 30 PS. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 110 Kilometern pro Stunde angegeben. Gestartet wird das Fahrzeug eigentlich mit einer Kurbel, die zwischen den Vorderrädern aus der Karosse ragt. Doch der Besitzer hat einen Anlasser einbauen lassen – um zu vermeiden, dass er sich in Lebensgefahr begeben muss, wenn ihm der Amilcar mal auf einer belebten Kreuzung ausgeht. Denn das Prachtstück steht nicht nur im Museum, sondern rollt oft über die Straßen der Oberlausitz. Auch am Sonntag wieder. Denn da veranstaltet der Oberlausitzer Kfz-Veteranenclub zum 15-jährigen Museumsjubiläum eine Oldtimer-Ausfahrt.