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Hölzern ist nur das Material

Der Radebeuler Künstler Fritz Peter Schulze zeigt im Freitaler Einnehmerhaus, dass Geometrie alles andere als langweilig ist.

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© Thomas Morgenroth

Von Thomas Morgenroth

Freital. Dreiundzwanzig überdimensionale Heftklammern aus Holz, die der Tacker nicht ganz in den Untergrund bekommen hat, stecken nebeneinander auf einer weißen Platte und formen sich dort zu einem Relief, dem Fritz Peter Schulze den Titel . „Modulation R --- G“ gegeben hat. Wer sich dem Objekt von links nähert, nimmt eine gewellte rote Gitterstruktur wahr, wer von rechts schaut, sieht sie grün, und für den, der sie sich von vorn betrachtet, ist sie schwarz. Was für den Radebeuler Künstler vor allem ein formales Farbenspiel ist, könnte auch politisch ausgelegt werden, im besten Falle als große Koalition, in der sich alle einig sind, eine Utopie also.

Fritz Peter Schulze, der im April 80 geworden ist, zeigt im Einnehmerhaus Freital eine Auswahl seiner stereometrischen Objekte und beweist, dass Geometrie alles andere als langweilig ist. Der gelernte Zimmermann, der zehn Jahre als Handwerker arbeitete, bevor er in Schneeberg Angewandte Kunst studierte, befasst sich bereits sein ganzes Berufsleben lang mit Dreiecken, Quadraten, Rechtecken oder Kreisen. In Form von Collagen oder Skulpturen aus Holz, die durchaus raumgreifend und übermannshoch sein können, wie seine Installation „Fahrt“, die vor fünf Jahren ein Höhepunkt des Projektes „Grenz(t)räume“ auf Schloss Weesenstein war.

In Freital bleiben die Dimensionen seiner Objekte bescheidener, sie wirken spielerisch und laden zu Erkundungen ein. Es ist stets eine Frage des Lichtes und des Blickwinkels, aber auch der Fantasie, was der Betrachter in Schulzes filigran wirkenden Konstruktionen entdeckt. Mit Landschaften, die Titel haben wie „drei ebenen im licht“, „lichter morgen“, „aufsteigendes gleichgewicht“ oder „wahrscheinliche durchdringung“ schafft er es, Mathematik und Physik mit der Poesie zu vermählen.

Er baut zum Beispiel aus seinen selbst gesägten Stäben vom Jazz beeinflusste „Irrlichter“, die den Rhythmus der Musik aufnehmen und wie eine wildbewegte Partitur wirken. Oder er lässt weiße Stäbe wie ein Mikado fallen, das nach allen Seiten auseinanderstrebt. Auch hier, in „WEISS expandierend“ von 2012, spielt die Musik eine Rolle, wie in vielen Arbeiten Schulzes. Der Bildhauer und Grafiker lässt sich vor allem von zeitgenössischer Musik anregen, etwa von John Cage und Steve Reich. Seit 1986 arbeitet er zudem mit der Dresdner Pianistin Bettina Otto zusammen.

Eine grundlegende Quelle seiner Inspirationen allerdings ist der Taoismus, eine chinesische Philosophie und Weltanschauung, deren Ursprünge im vierten Jahrhundert liegen. Ein unscheinbares Reclam-Heft mit 81 Gedichten von Lao-tse, dem Vordenker, war zu DDR-Zeiten Schulzes Aha-Erlebnis. An den Erkenntnissen, die immer wieder neue Fragen aufwerfen, arbeitet er sich seitdem künstlerisch ab. Auch mit Collagen zu japanischen Gedichten, sogenannten Tankas, die aus dem neunten und zehnten Jahrhundert stammen. Mit so poetischen Zeilen wie diesen: „Ich schau auf den Mond und tausendfach trübt sich in Trauer mein Herz. Dabei wurde es Herbst doch für alle und nicht nur für mich.“

Die Blätter auf Abaca- und Japanpapier, die Schulze in handgefertigten Kassetten vereint, ergänzen seine Schau mit stereometrischen Objekten, in denen mehr Leben steckt, als auf dem ersten Blick zu erahnen. Hölzern ist nur das Material.

Bis 25. September im Einnehmerhaus Freital, geöffnet Di. bis Fr. 16-18 Uhr; Sa./So. 10-17 Uhr.