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Holländer auf dem Trecker

Auf ihrer Europareise besuchen niederländische Landwirte das Bauernmuseum. Sie interessiert mehr als nur alte Technik.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Zabeltitz. Die Niederländer kommen zu spät aus Polen. Jens Schulze-Forster, der Leiter der städtischen Museen, und seine Mitarbeiter Norbert Horey und Christa Schmidt warten schon eine Stunde. Noch immer ist der Reisebus nicht zu sehen. Ein Telefonat mit dem holländischen Reisebüro ergibt: Man hat sich beim Mittagessen in Bautzen verspätet. Nun steht im Zabeltitzer Bauernmuseum schon Kaffee und Kuchen bereit. Nach 90 Minuten biegt der weiße Bus endlich auf den Parkplatz ein. Anne-Marie Meijer kann sich nur vielmals entschuldigen.

Die sportliche Reiseleiterin der Historischen Motoren- und Traktorenvereinigung (HMT) hat 52 reiselustige Holländer mitgebracht. Fast alle sind Bauern, sie kommen aus ganz Holland, viele aus dem Süden des Landes. Seit 36 Jahren existiert ihr Freundeskreis, der in den Niederlanden immerhin über 6000 Mitglieder zählt. Sechs Tage reisen die Treckerfans durch Polen und Deutschland, das Zabeltitzer Bauernmuseum hat Anne-Marie Meijer im Internet gefunden – es passte in die Tour.

Wie groß war eigentlich die LPG?

Nun stehen sie interessiert auf dem Hof in der Sonne und kosten sächsische Eierschecke. Museumsleiter Schulze-Forster erzählt von der Geschichte des Hofes und der Landwirtschaft in der Großenhainer Pflege. Die Holländer, von denen einige gut Deutsch sprechen, wollen aber mehr sehen als nur die beiden Fortschritt-Traktoren im Dreiseithof. Sie wollen wissen, ob hier in der Region auch Landmaschinen gebaut wurden. Und wie das damals war mit der Kollektivierung. Wie groß war eigentlich eine LPG, fragen sie.

Jack Klaessen fällt durch seinen feschen Cowboyhut auf. Der 49-jährige ist Schmied und Dachdecker, stammt aus einem Bauernhof und ist seit 15 Jahren bei HMT. „Wir haben auch junge Mitglieder und sogar Familien“, erzählt er. Jedes Jahr veranstaltet die Vereinigung eine riesige Show in Panningen, wo auf einem 30 Hektar großen Gelände 1500 Traktoren ausgestellt werden. Klaessen ist dann auch mit seiner historischen Schmiede vertreten. Die stamme übrigens aus Deutschland, aus Bad Ems in der Vulkaneifel. „Von 1860 bis 1920 war sie dort in Betrieb, der Unterbau des Zeppelins ist dort entstanden“, erzählt Jack Klaessen.

Ein Mann drückt den Zabeltitzer Museumsleuten einen Flyer in die Hand. Er informiert über das Museum für Nostalgie und Technik in Langenboom bei Eindhoven. „Wenn Sie in Holland sind, kommen sie zu uns“, sagt der Mann. Ein anderer will wissen, ob die Holländer hier in der Region nach der Wende auch so viele Antiquitäten aufgekauft haben. Der böse Begriff „Holländer-Juden“ kommt von den Niederländern selber. In Zabeltitz ist er nicht geläufig.

Die Landwirte schauen sich im Bauernmuseum genau um, staunen über die alte Kücheneinrichtung und die Ausstellung auf der Tenne. Manche schlendern durch den Garten, andere halten sich länger in der Scheune auf. Wieder andere erzählen von ihren Polen-Erlebnissen. Dort darf ein Holländer nur Ackerland für die Agrarwirtschaft erwerben, wenn er fünf Jahre in Polen gelebt hat und eine Hochschulausbildung vorweisen kann, sagen sie. Bei Breslau besuchten sie einen solchen Hof mit 500 Hektar. Sie wollen wissen, ob in der Großenhainer Region auch Niederländer leben und wie es hier mit dem Flächenkauf für Landwirtschaft aussieht.

Auch noch ein Klassentreffen

Inzwischen ist eine Gruppe eines Klassentreffens im Bauernmuseum eingetroffen. Eigentlich sollten die Holländer nach zwei Stunden wieder abgefahren sein. Nun sind sie halt noch da, und es ist auch kein Problem. Norbert Horey und Christa Schmidt räumen das Geschirr weg und kümmern sich um die neuen Gäste. „Schön, dass der Hof so gut besucht ist“, freut sich Museumschef Jens Schulze-Forster. Er hat das gute Gefühl, dass die Holländer interessante Eindrücke von Zabeltitz mit nach Hause nehmen – nicht nur von Traktoren.

www.hmtklep.nl