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Holzhaus statt Hotel

Die Internetseite Airbnb will das Gastgewerbe weltweit verändern. Das birgt auch für Nieskyer Chancen.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Sein Geld verdient Jörg Müller eigentlich als selbstständiger Koch. Aber auch abseits von Mehrgängemenüs hat der Nieskyer eine besondere Delikatesse im Angebot. Urlauber, die Niesky gerne kennenlernen wollen, können bei ihm eine Einliegerwohnung in einem historischen Holzhaus in der Christophstraße mieten. Jörg Müller bietet das besondere Erlebnis über die Internetplattform Airbnb an. „Im originalen Holzhaus aus den 20er-Jahren finden sie Ruhe und Entspannung“, schreibt der Gastgeber und wirbt mit einladenden Fotos.

Die Plattform Airbnb ist gerade bei jungen Menschen beliebt. Das hat zwei Gründe. Preislich sind die privaten Inserate sehr oft günstiger als Hotelzimmer. Außerdem verspricht das Unternehmen den Nutzern, durch die privaten Kontakte schneller Anschluss in einer fremden Stadt zu finden und wirbt mit besonderen Erlebnissen jenseits von austauschbaren Hotelzimmern. So weit die Theorie. In der Praxis aber nutzen auch viele Pensionen die Seite, um auf sich aufmerksam zu machen.

Das Ferienhaus Lausitzsonne in Weißkeißel beispielsweise lässt sich auch über andere Kanäle buchen. Gleiches gilt für die Ferienwohnung der Familie Karch in Rietschen. Statt eines individuellen Textes führen sie Fakten an. „Handtücher, Bettwäsche + Endreinigung inkl.“, heißt es da sehr nüchtern. Das klingt so gar nicht nach dem viel beschworenen Gemeinschaftsgefühl, welches sich das aufstrebende Unternehmen aus Kalifornieren doch eigentlich auf die Fahne geschrieben hat.

Übernachten bei Freunden? Der Freundeskreis ist seit der Gründung der Firma im Jahr 2008 beachtlich gewachsen. Mehr als zwei Millionen Unterkünfte in 190 Ländern sollen mittlerweile auf der Website gelistet sein. Tendenz steigend. Den Wert des Unternehmens schätzen Beobachter schon jetzt auf 25 Milliarden Dollar. Gerade in großen Städten wie Berlin oder München sorgt das Unternehmen regelmäßig für Schlagzeilen. Denn dort haben viele Mieter und Vermieter die Zwischenvermietung via Airbnb als lukrative Einnahmequelle entdeckt.

Doch das Geschäft ist umstritten. Mieter, die einzelne Zimmer an Fremde vermieten, verstoßen unter Umständen gegen den eigenen Mietvertrag und riskieren eine Kündigung. Vermieter, die aufgrund der hohen Nachfrage via Airbnb mehr Geld als mit herkömmlichen Mietverträgen erzielen können, wird vorgeworfen, den Wohnraum in Toplagen zu verknappen und so Mieten in die Höhe zu treiben.

Die Gefahr besteht für das beschauliche Niesky fernab von Metropolen wohl eher nicht. Jörg Müller ist mit seinem Inserat „Wohnen im Holzhaus“ hier bisher der einzige Anbieter. Und auch die Nachfrage ist noch überschaubar. Erst zwei Bewertungen von Nutzern gibt es für die Unterkunft im historischen Flair. „Grundausstattung alles vorhanden und auch Danke noch mal für das Aushelfen mit dem Kaffee“, schreibt etwa Jennifer zufrieden und empfiehlt das Angebot weiter. „Jenni kam pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt bei uns an und war freundlich und aufgeschlossen“, lobt wiederum Jörg Müller.

Im Internet sind Bewertungen eine wichtige Währung. Das bestätigt auch Christina Piche, die in Weißwasser das Hotel Kristall betreibt. Klar gebe es auch Ausreißer bei den Bewertungen, die zu positiv oder zu kritisch sind, räumt sie ein. „Aber der Durchschnitt der Bewertungen gibt schon ein realistisches Bild ab“, sagt die Unternehmerin. Vom Angebot Airbnb hat Christina Piche bisher noch nicht gehört. Ob die Plattform irgendwann auch für die klassischen Hotels zur Bedrohung wird? Schwer zu sagen.

Das Internet allgemein habe die ganze Branche verändert. Rund ein Drittel seiner Buchungen erzielt das Hotel in Weißwasser heute jedes Jahr digital. Die Kunden buchen über zentrale Seiten wie booking.com oder hrs.de. Der Vermittler streicht dafür eine Provision ein. Natürlich gibt Christina Piche nicht gerne 15 Prozent an andere ab. Trotzdem überwiegen für sie die Vorteile. „Wir erreichen Gäste, die uns sonst nie auf den Schirm hätten“, sagt sie. Mit den Hotelportalen im Internet sei es wie mit den Kreditkartenanbietern. Auch die bitten zur Kasse. Doch auf diesen Standard zu verzichten, kann sich ein Hotel eigentlich nicht mehr leisten.

Das kalifornische Unternehmen Airbnb verdient natürlich auch gut an Buchungen, die über die Plattform abgeschlossen werden. Wenn Nutzer sich vorab Telefonnummern oder Mailadressen senden wollen, werden diese schon mal unkenntlich gemacht. Erst brav buchen – das ist die Botschaft. Bei Jörg Müller im Nieskyer Holzhaus wäre dies aber kurzfristig gar nicht möglich. Denn im Bad stehe gerade eine Reparatur an, schreibt er.

www.airbnb.de