Hoyerswerda
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Eine außergewöhnliche musikalische Symbiose

In der Musikfesttage-Reihe „Das besondere Instrument“ wurde in diesem Jahr das Vibraphone präsentiert – im Duo mit Cello.

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„Cello meets Vibraphone“ war im Schlosssaal zu erleben.
„Cello meets Vibraphone“ war im Schlosssaal zu erleben. © Foto: Christine Neudeck

Von Christine Neudeck

Hoyerswerda. Zwischen den beiden großen Ereignissen der Hoyerswerdaer Musikfesttage, dem Eröffnungs- und dem Abschlusskonzert mit den philharmonischen Orchestern, sind die kleinen, aber feinen Konzerte das sprichwörtliche Sahnehäubchen.

Wie in allen vorausgegangenen Jahren wird in der Rubrik „Das besondere Instrument“ auch dieses Mal etwas Außergewöhnliches vorgestellt:

Anna Carewe trifft mit den dunklen, warmen Klängen ihres Cello auf die lieblichen, hellen Töne des Vibraphones, das Oli Bott meisterlich beherrscht. Beide Musiker spielen einzeln und gemeinsam sehr erfolgreich auf den Bühnen der Welt. Anna Carewe stammt aus England und ist eine äußerst vielseitige Cellistin, ihr Lebensmittelpunkt ist Berlin. Oli Bott, gebürtig in Hofheim am Taunus, studierte in den USA, er arbeitet heute als freier Musiker und Komponist ebenfalls in Berlin.

Das Konzert beginnt mit einer Verschmelzung der Barockmusik von Bach und Vivaldi mit Freedom Jazz Dance von Eddie Harris. Es lässt kaum Brüche zwischen diesen Epochen erkennen, denn alle drei Stücke haben einen Grundgedanken, die Freude am Musizieren, was der Motivation von Anna Carew und Oli Bott voll entspricht. Bei ihnen gibt es keine Grenzen zwischen alter und neuer Musik, zwischen heiterer und ernster oder zwischen den Jahrhunderten, es gibt nur Musik.

In diesem Sinn waren die weiteren Abschnitte thematisch zusammen gestellt. Ganz besonders berührend ein lyrisches Set von traditionellem Tanz, Bossa Nova, Musik aus dem Mittelalter und Erik Satie, ein sehnsuchtsvoller, melancholischer Grundton ist allen eigen und es entsteht eine ergreifende, homogene Komposition.

Nur die wenigsten der Zuhörer haben schon einmal ein Konzert mit Cello und Vibraphone erlebt, die totale Harmonie der Instrumente und der Interpreten waren wie ein Aha-Effekt. Während das Cello ein fester Bestandteil der Orchester ist, ist das Vibraphone weniger präsent. Oli Bott erzählt deshalb die Geschichte seines Instrumentes: Das Balafon, bei dem Melodien durch Schlagen auf unterschiedlich lange Holzklangstäbe erzeugt werden, stammt aus Afrika, es gelangte nach Südamerika und Mexiko, wurde dort weiter entwickelt zur Marimba, bei der die Töne durch unterschiedlich lange Holz-Klangröhren verstärkt werden. Anfang des 20. Jahrhunderts, als Swing und Jazz in den USA zum Kult avancierten, verwendete man Metallplättchen zum Anschlagen der Töne und Metallröhren als Verstärker. Die Röhren erhielten zudem am oberen Ende Metallplättchen, die durch sehr leise, kleine Motoren bewegt werden können und ein Vibrato erzeugen, das dem Instrument seinen Namen gab: Vibraphone.

In der Aula des Lessing-Gymnasiums gaben Oli Bott und Anna Carewe zudem ein Konzert für Schülerinnen und Schüler, wobei sie ihre Instrumente erläuterten.
In der Aula des Lessing-Gymnasiums gaben Oli Bott und Anna Carewe zudem ein Konzert für Schülerinnen und Schüler, wobei sie ihre Instrumente erläuterten. © Foto: Christiane Vogel

Die musikalische Bandbreite dieses Instrumentes ist in den weiteren Sätzen zu hören. Während das Cello meist die Grundmelodie der einzelnen Stücke „beinahe singt“, begleitet das Vibraphone furios und getragen, mit und ohne Vibrato, laut und sehr leise. Und immer wieder Bach, es scheint, als ob Bach mit allen Musikstilen korrespondieren könnte. Selbst neben einer Komposition von Oli Bott, die der osteuropäischen Musik gewidmet ist, erklingen Bach und György Ligeti – alles erscheint wie aus einem Guss.

Ein fast himmlisches Harfenspiel wird von beiden Instrumenten assoziiert, wenn Jakob Senleches aus dem 14. Jahrhundert mit der vielseitigen Jazzmusikerin Carla Bley und Afro Blue gemeinsam mit Bach erklingen. Wiederum glaubt man sich in ein Orgelkonzert versetzt, wenn Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ auf Diego Ortiz aus dem Mittelalter und den Jazz-Trompeter Dizzy Gillespie trifft. Die Zugabe „Air“ lässt Bach in der Interpretation von Anna Carewe und Oli Bott in einem ganz modernen Licht erscheinen. Ein in Erinnerung bleibendes „besonderes“ Konzerterlebnis.

In diesen Genuss sind zuvor am Nachmittag bereits Schülerinnen und Schüler des Lessing-Gymnasiums gekommen, als die beiden Künstler dort zu Besuch waren. In diese Richtung möchte Organisatorin Christiane Vogel die Musikfesttage weiterentwickeln: Engagierte Musiker in dieser Zeit in die Schulen bringen.