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Hat das Rathaus zu viele Mitarbeiter?

Diese Frage ist eine von vielen, die aktuell bei der Haushaltsplanung in Hoyerswerda zur Debatte steht.

Von Mirko Kolodziej
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OB Torsten Ruban-Zeh (hier im Februar im Stadtrat) und die Stadträte diskutieren derzeit den Doppelhaushalt 2021/2022 von Hoyerswerda.
OB Torsten Ruban-Zeh (hier im Februar im Stadtrat) und die Stadträte diskutieren derzeit den Doppelhaushalt 2021/2022 von Hoyerswerda. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda. Grundlegende Entscheidungen für kommende Monate und manchmal Jahre treffen Staaten oder auch Kommunen mit der Haushaltsplanung. „Seit Monaten beschäftigen sich die Mitglieder des Stadtrats-Finanzausschusses mit dem Vorschlag der Verwaltung zum Doppelhaushalt 2021/22“, heißt es also in einer am Donnerstagmorgen verbreiteten Mitteilung der Hoyerswerdaer Regionalgruppe von Bündnis 90 / Die Grünen, die mit der Abgeordneten Antje Naumann im Rat vertreten ist.

Öffentliche Diskussion gewünscht

Es gibt auch Forderungen: Geh- und Radwege zu sanieren zum Beispiel, oder den Erwerb von Bänken, Papierkörben sowie Hundetoiletten. Die CDU-Fraktion hatte schon am Montag wissen lassen, was ihr wichtig wäre (TAGEBLATT berichtete). Bisher war es so, dass die Wünsche im hinter verschlossenen Türen tagenden Finanzausschuss besprochen und letztlich mehr oder weniger im Konsens akzeptiert oder abgelehnt wurden. Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh (SPD), seit fünfeinhalb Monaten im Amt, hat angekündigt, davon abweichen zu wollen. „Solche Anträge sollen öffentlich gestellt und begründet werden“, findet er. Die geplante Sondersitzung des Stadtrates zum Haushalt dürfte demzufolge wohl etwas länger dauern.

Hinten oder vorn?

Dass die Lage nicht einfach ist, ist seit Monaten klar. „Wir zehren derzeit von unserer Liquidität“, sagt das Stadtoberhaupt. Ohne das Geld von der hohen Kante würde es hinten und vorn nicht reichen. Um im Bild zu bleiben, muss die Kommunalpolitik sich nun zwischen hinten und vorn entscheiden, was die Diskussion so schwierig macht. Die Rede ist von Defiziten, die sich nach Lage der Dinge bis 2022 auf drei bis vier Millionen Euro summieren könnten.

Freiwillige Haushaltssanierung

Man habe, sagt Ruban-Zeh, dem Landratsamt Bautzen als Rechtsaufsicht die Zusage abringen können, noch auf die Anordnung einer Haushaltskonsolidierung zu verzichten. Man kennt das Wort in der Stadt nur zu gut. 2010 nahm auf Druck des Kreises Sparkommissar Gerald Svarovsky von der Kommunalberatungsgesellschaft DSA die städtischen Finanzen unter die Lupe. In den folgenden vier Jahren wurden Ausgaben gesenkt und Einnahmen erhöht, wo es nur ging. Eine der Maßnahmen war es, bewusst auf Straßen- und Wege-Reparaturen zu verzichten. Dieses Mal will der OB einen anderen Pfad einschlagen, nämlich bis 2023 freiwillig Mittel und Wege suchen, um dann Einnahmen und Ausgaben wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Dass es dabei auf komplizierte Details ankommt, zeigt ein Beispiel, das auf Grund der Forderungen der CDU am Dienstag im Finanzausschuss eine Rolle spielte und das die Grünen nun wiederholen: Unter Berufung auf Ruban-Zeh heißt es, die Verwaltung beschäftige zu viel Personal. Fragt man ihn, sagt er etwa so: Ja, aber ...

Strukturveränderungen mit Sinn

Basis sind Vorgaben des Landes Sachsen. Demzufolge sollen zum Beispiel ehemals kreisfreie Städte je 1.000 Einwohner maximal 9,3 Verwaltungsstellen haben. Hoyerswerda liegt – die für die Kreise Bautzen und Görlitz betriebene sowie von ihnen finanzierte Rettungsleitstelle nicht eingerechnet – bei 7,5 Stellen. Also alles in Ordnung? Nicht ganz. Denn es gibt einen zweiten Richtwert, der sich jedoch ausschließlich auf Gemeinden bezieht, die kleiner als Hoyerswerda sind: Die Kernverwaltung soll maximal 2,4 bis 2,6 Stellen je 1.000 Einwohner haben. Hoyerswerda hat 4,3. Nicht zur Kernverwaltung zählen neben der Leitstelle auch die Feuerwehr, die Kita- und Schulverwaltung, der Bauhof oder das Friedhofswesen. In Hoyerswerda gehören derzeit nur 139 der 320 Rathausmitarbeiter zu dieser Kernverwaltung. Nun ist die Stadt aber wie gesagt größer als die Kommunen, für die die genannten Richtwerte gelten. Außerdem ist sie auch Dienstleister für kleinere Nachbargemeinen, erledigt etwa deren verkehrsrechtliche oder standesamtliche Aufgaben mit. Ruban-Zeh sagt, er halte einen Zielwert von 3,2 in der Kernverwaltung für angemessen. Das wären dann 103 Beschäftigte. Es geht also um den Abbau von 36 Stellen. „Und das muss man mit Hirnschmalz machen“, meint der Rathauschef. Durch Rente und natürliche Fluktuation sind die Stellen eigentlich rechnerisch nicht so schwierig abzubauen. Aber die Verwaltung soll ja nicht schlechter funktionieren. Es geht also um Aufgaben-Neuverteilung, Struktur-Veränderung oder Effektivierung durch Digital-Lösungen. Alles prinzipiell kein Problem, allerdings kaum von heute auf morgen machbar. Ruban-Zeh führt dieser Tage intensive Personalgespräche, auch um herauszufinden, wie die Arbeit sinnvoller zu verteilen wäre. Pauschalaussagen zum Stellenabbau, meint der OB, wären wenig förderlich. Dass die Personalausgaben von 20 Millionen Euro im Jahr kein Pappenstiel sind und Handlungsbedarf besteht, bestreitet er jedoch nicht.

Erst die Planung, dann der Bau

Ein weiteres Beispiel dafür, dass es bei der Etatplanung auf Einzelheiten ankommt, ist das Ansinnen, die versprochene Innensanierung der Lindenschule im WK III endlich in die Tat umzusetzen. 2016 war die Fassade in Ordnung gebracht worden. Das Innere hingegen ist mehr oder weniger auf dem Stand von 1961. Torsten Ruban-Zeh stellt die Notwendigkeit einer Erneuerung nicht infrage. Nur, sagt er, gebe es bisher nicht einmal eine Bauplanung. Die Kostenschätzung mit der Angabe von 2,4 Millionen Euro sei auch schon wieder einige Jahre alt. Man könne jetzt natürlich die ersten Planungsphasen beauftragen, dann Fördergeld beantragen und schließlich die restliche Planung europaweit ausschreiben. Im Zweifel, so der Rathaus-Chef, würde womöglich das dann gefundene Planungsbüro die Arbeit des ersten nicht gut genug finden und wieder über den Haufen werfen. Er wäre dafür, gleich für alle Planungsphasen europaweit auszuschreiben und ohne Reibungsverluste im September 2022 den Fördermittelantrag einzureichen.

Sonderstadtrat am 11. Mai

Daraus, dass er die diskutierte Gewerbesteuersenkung für keine gute Idee hält, macht Ruban-Zeh kein Hehl. Im Prinzip würde das nach seiner Aussage die sofortige Haushaltskonsolidierung nach sich ziehen. Noch sind die Debatten nicht abgeschlossen: Am 28. April tagt noch einmal der Finanzausschuss, am 11. Mai dann der Stadtrat.