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Alles, was rollt, wird ins Visier genommen

Bundesweite Verkehrszählung läuft bis Ende Oktober auch in und um Hoyerswerda – per Hand und per Dauermessstelle.

Von Uwe Jordan
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Vollkommen unauffällig: Messstelle auf der S 95 in Wittichenau an der Alten Bootswerft nahe des Ortsausganges gen Oßling. Die Induktionsschleifen sind unter dem Straßenbelag verborgen, und der Schaltschrank ist elegant ins Erdreich versenkt worden.
Vollkommen unauffällig: Messstelle auf der S 95 in Wittichenau an der Alten Bootswerft nahe des Ortsausganges gen Oßling. Die Induktionsschleifen sind unter dem Straßenbelag verborgen, und der Schaltschrank ist elegant ins Erdreich versenkt worden. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda/Umland. Orangefarbene Weste. Block und Stift in der Hand der so gewandeten Männer werden eifrig betätigt. Sehr dienstlich aussehende Autos am Straßenrand geparkt ... – Manchen Kraftfahrer beschleicht bei diesem Anblick wie jüngst an der B 96 am Ortsausgang Hoyerswerda gen Lauta gesehen, ein ungutes Gefühl: Eine Geschwindigkeitskontrolle? Habe ich etwa gegen womöglich übersehene Neu-Regelungen verstoßen? Oder bin ich sonst irgendwie ins Visier der Behörden geraten und muss nun mit unangenehmer Post rechnen?

Die Antwort ist, ausgenommen das Ins-Visier-geraten-Sein, immer: Nein! Seit 6. April läuft im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums auf ausgewählten Autobahnen, Bundes- und Staatsstraßen eine Verkehrszählung, deren Ergebnisse als Grundlage für künftige Planungen dienen sollen, wann und wie welche Straßen auf Grund des ermittelten Verkehrsaufkommens ausgebaut werden sollen, müssen und werden. Aller fünf Jahre werden solche „Bedarfs-Ermittlungen“ erhoben. Eigentlich wäre schon im Jahre 2020 die nächste turnunsmäßige Zählung fällig gewesen, doch „wegen Corona“ war die Aktion auf 2021 verschoben worden.

An 40.000 Standorten bundesweit ...

Zuständig für die Verkehrszählung in Deutschland ist summarisch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), laut der von besagtem 6. April bis noch Mitte Oktober 2021 an insgesamt etwa 40.000 Standorten ermittelt werden soll, was über die Pisten rollt. Sachsen ist am 20. April in das Zähl-Geschehen eingestiegen. Das Heft in der Hand hat dabei das LaSuV, das Landesamt für Straßenbau und Verkehr – und in dessen Auftrag die in Hainichen ansässige Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen (LISt). Die wiederum hat mit den manuellen Zählungen eine Privatfirma beauftragt, und deren Mitarbeiter stehen jetzt gelegentlich im Landkreis Bautzen, also auch in und um Hoyerswerda, an der Straßen und führen Strichlisten zum Verkehrsaufkommen. Einzelne Kommunen sind nicht verantwortlich in diese Aktion einbezogen worden; es gibt also keine spezifisch hoyerswerdische Untersuchung. Frühestens ab Landkreis-Ebene setzt Mitwirkung ein.

... und 106-mal fest in Sachsen

Allerdings gibt es nicht nur solche sporadischen Erfassungen, sondern, so weiß es Sascha Rudolf, Projektleiter bei der LISt: In Sachsen sind auch 106 Dauerzählstellen eingerichtet worden. Zum Teil schon weit vor der 2021er-Zähl-Aktion. Deren Vorteil: Sie liefern nicht „Moment-Aufnahmen“, die immer anfechtbar sind, sondern an 365 Tagen rund um die Uhr Daten zu den Fahrzeug-Bewegungen. Das System ist einfach: In den Straßenbelag eingelassen worden sind Induktionsschleifen, die ähnlich wie die Technik der Geschwindigkeits- und Rot-Blitzer funktionieren: Die Deduktionsschlingen erfassen die Magnetfelder, die die darüber fahrenden Fahrzeuge erzeugen, und „melden“ den Wert an einen Schaltschrank weiter. Der kann ganz in der Nähe stehen – oder auch in bis zu 300 Metern Entfernung, wenn an der Messstelle selbst technisch-organisatorische Gegebenheiten die direkte Nachbarschaft ausschließen: Die Schaltschränke müssen ja von Wartungstrupps problem- und gefahrlos erreicht werden. Das aber ist, etwa bei vielbefahrenen Autobahnkreuzen mit wenig „Auslaufflächen“, kaum möglich; man muss also ein bisschen ausweichen.

Das trifft auch auf Hoyerswerda zu. Nur konnte man hier Bestehendes nutzen statt einen Schrank an der Straße zu installieren: Die Zählstelle an der B 97 in Hoyerswerda in Richtung Dresden/Bernsdorf ist seit 2012 in einem Gebäudekeller verbaut.

Die zweite stationäre Erfassungsstelle im Hoyerswerdaer Umland, siehe Bilder, befindet sich in Wittichenau; an der S 95, genauer gesagt, an der Umgehungsstraße in Richtung Oßling/Kamenz in unmittelbarer Nähe der „Alten Bootswerft“.

Formel 8 + 1

Während die Von-Hand-Erfasser nach Augenschein die Fahrzeuge kategorisieren und eintragen müssen, können das die Dauermessstellen von selbst nach dem Prinzip „8+1“. Sascha Rudolf erklärt diese Formel: „Die Messstellen können acht verschiedene Fahrzeug-Typen erkennen und zuordnen; etwa Lkw oder Busse. Das «plus eins» steht für Mobile, die auf Grund ihrer Geschwindigkeit und veränderlichen Länge oder Breite von der Automatik nicht eindeutig festzulegen sind; etwa Trecker Gespanne oder landwirtschaftliche Spezialmaschinen.“ Die fallen in Kategorie „+1“. (Nebenbei: die persönlichen Zähler erfassen die Fahrzeuge in „nur“ sechs Sparten.) Was die sonst absolut zuverlässigen und genauen Anlagen gar nicht können: Radfahrer erfassen. Das ist nur den manuellen Zählern möglich – und den Geräten zur Kurzzeit-Erfassung: kleinen grauen, vom Vorüberfahrenden kaum auszumachende Kästen, die zeitweise an den Straßen positioniert werden und deren gelieferte Daten gleichfalls ins Gesamtergebnis eingehen.

Ergebnisse wohl im Herbst 2022

Dieses Gesamtergebnis, dann auch systematisch geordnet und kommentiert, soll idealerweise im III. Quartal 2022 vorliegen. Es wird nicht nur Hinweise geben, wo Handlungsbedarf an den Verkehrsadern in Sachen Neu- und Ausbau besteht, sondern sie werden auch laut BASt-Sprecherin Petra Peter-Antonin „von Forschungsinstitutionen, Bürgerinitiativen oder Verbänden für Lärm- und Emissionsberechnungen oder Mobilitätsstudien genutzt“ (Sächsische Zeitung 12. April 2021 / Seite 18).Um die wechselnden Verkehrsstärken bewerten zu können, wird nicht nur arbeitstags, sondern auch am Werktag Sonnabend und sonntags gezählt. Nicht nur in „Normal“-Zeiten, sondern auch während der Ferien, also in Wochen/Monaten, in denen wegen Urlaubsfahrten das Verkehrsaufkommen deutlich höher liegen kann als während der von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Schul-Phasen.

P.S. des Autors: Wünschenswert wäre, dass die B 97 Hoyerswerda – Schwarze Pumpe (Spremberg/Cottbus) zu den Betrachtungsobjekten der Zähl-Teams gehört. Hier besteht, wohl auch bergbaufolgehalber, dringlicher Handlungsbedarf ...

Zählungsmessstelle Wittichenau an der S 95 Richtung Oßling vor der Alten Bootswerft. Roter Strich: Verlegungsort der Induktionsschleifen unter dem Straßenbelag.
Zählungsmessstelle Wittichenau an der S 95 Richtung Oßling vor der Alten Bootswerft. Roter Strich: Verlegungsort der Induktionsschleifen unter dem Straßenbelag. © Foto: Sascha Rudolf/LISt