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Der erste Schritt zur Olympia-Teilnahme

Schwimmerin Leonie Senf vom SSV Hoyerswerda wechselt auf die Sportschule.

Von Mirko Kolodziej
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Leonie Senf ist oft im Lausitzbad zu finden, und zwar nicht zum Baden, sondern zwecks ernsthaftem Training.
Leonie Senf ist oft im Lausitzbad zu finden, und zwar nicht zum Baden, sondern zwecks ernsthaftem Training. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda. Auch daran, welche Vorbilder jemand wählt, kann man einen Menschen erkennen. „Franzi“, sagt Leonie Senf, Schwimmerin beim SSV Hoyerswerda. Sie ist zwölf. Als Franziska van Almsick 2004 ihren letzten Wettkampf schwamm, war die Hoyerswerdaerin also noch nicht einmal geboren. Aber natürlich sind mehrere Welt- und Europarekorde sowie Olympiamedaillen nicht so leicht zu übertreffen.

Auch der US-Amerikanerin Lilly King und dem Briten Adam Peaty eifert Leonie nach. „Das sind super-erfolgreiche Brustschwimmer“, sagt das Mädchen, dessen Schokoladendisziplin Brustschwimmen ist. King bringt aus Tokio Bronze und Silber mit, Peaty zweimal Gold. Es fällt noch der Name Charlotte Dörr: „Sie ist sehr schnell, aber immer freundlich, gar nicht abgehoben.“ Es handelt sich um eine Mannschaftskollegin vom SSV. Die Anfang-Dreißigjährige gehört zu den Leistungsträgern im Verein. Leonie darf trotz ihres Alters schon in Charlotte Dörrs Trainingsgruppe mitschwimmen. Denn auch das Kind ist im Wasser alles andere als langsam.

Und das führt nun zu einem Wechsel nach Dresden. Leonie besucht dort ab dem kommenden Schuljahr die Sportschule, wird dazu in der Landeshauptstadt ins Internat ziehen. Bisher lernt sie in einer der Sportklassen des Léon-Foucault-Gymnasiums. Schulleiter Uwe Blazejczyk drückt die Daumen für den Neustart, obwohl seine Schule damit einen Aktivposten einbüßt. „Ein cooles, selbstbewusstes und erfolgreiches Mädchen“, nennt Blazejczyk sie.

Liebe auf den ersten Blick war das Wasser für Leonie nicht. Sie erzählt, dass sie als kleines Kind regelrecht Angst gehabt habe. Elterliches Eingreifen bei zwei Mallorca-Urlauben legte den Grundstein für eine diesbezügliche Veränderung. Leonie wurde auf der Insel jeweils zum Schwimmkurs angemeldet. Mit sechs belegte sie anschließend einen Lehrgang bei Petra Zickler im Lausitzbad. „Von da an war sie eine richtige Wasserratte“, berichtet Mutter Nicole Senf. Das „Seepferdchen“ als niedrigste Stufe der Schwimmer-Qualifikation wurde übersprungen. Es wurde gleich der Bad-eigene „Seeräuber“. Erst voriges Jahr im Sommercamp des Lausitzbades erwarb Leonie das erste Leistungsabzeichen. Die Sammlung sollte komplett sein, obwohl daheim im Kinderzimmer schon mehr als 150 Medaillen hängen und acht Pokale stehen.

Eine Aufholjagd beginnt

Im Sommer 2015 wurde Leonie Senf SSV-Mitglied. Im Jahr darauf stand in Freital der erste Wettkampf an. „Da habe ich mir gleich eine Beule geholt“, lacht die Zwölfjährige. Beim Einschwimmen stieß sie sich am Beckenrand. Es gab dennoch die allererste Silbermedaille. Inzwischen gehört Leonie zum sächsischen Landeskader. Man findet sie auf mehr als einer Handvoll der Fotos im SSV-Schaukasten im Eingangsbereich des Lausitzbades. Schon vor zwei Jahren stand ein Wechsel an die Sportschule zu Diskussion. Damals war die vertraute Umgebung aber wichtiger. Der nunmehrige Anlauf nach allerlei Überlegung hat nicht nur, aber auch mit der Covid-19-Pandemie zu tun. Denn während hier das Lausitzbad über Monate geschlossen war, konnten die Gleichaltrigen am Landesstützpunkt weitertrainieren.

Zwar ist Leonie schon vorher zweimal in der Woche nach Dresden gefahren. Aber die Ausnahmegenehmigung fürs Training galt nur für Sportschüler. Und Leonie haben das Wasser sowie die Übungseinheiten gefehlt. Als das Lausitzbad vor ein paar Wochen wieder öffnete, war sie gleich am ersten Tag wieder im Becken. Die Hoyerswerdaerin weiß, dass sie Einiges aufzuholen hat, bis sie ihre Bestzeiten wieder erreicht. Das heimische Training mit Anleitung per Video-Konferenzschaltung konnte das Bahnenziehen natürlich nicht ganz ersetzen.

Aber die Zwölfjährige sagt nicht nur von sich, dass sie Ehrgeiz besitzt. Sie ist auch äußerst diszipliniert. Dauerläufe etwa mag sie gar nicht. Aber es stehen nun einmal regelmäßig acht bis zehn Kilometer Jogging im Trainingsplan. „Es muss sein, also mache ich das.“ Sie wolle, erklärt Leonie, nun den Turbo zünden. Petra Zickler ist zuversichtlich. „Als Brustschwimmerin wird man geboren“, sagt die Trainerin. Das heißt: Die Anlagen sind da. Und ihr Schützling hat ein recht ambitioniertes Ziel vor Augen: „Ich möchte Olympiasiegerin werden.“ Dresden sei nun die Chance, dieses Ziel zu erreichen. Am 6. September beginnt das neue Schuljahr. Schon drei Wochen vorher ist Trainingsstart.