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Die Broilerbar hat wieder eine Eiche

Am Sonnabend wurde der städtische Wappenbaum mit einem Taufspruch gesetzt und mit einem Gedenkstein versehen.

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Broilerbar-Chef Silvio Wand (links) und Jörg Hassemeier von den Hoyerswerdaer Baumschulen Kmetsch bei der „Taufe“ der neuen Eiche.
Broilerbar-Chef Silvio Wand (links) und Jörg Hassemeier von den Hoyerswerdaer Baumschulen Kmetsch bei der „Taufe“ der neuen Eiche. © Foto: privat

Hoyerswerda. Seit vergangenem Sonnabend, also seit dem 28. November, hat die Broilerbar im Hoyerswerdaer WK II an der Frederic-Joliot-Curie-Straße 25 einen Lebensbaum – pardon, natürlich eine Eiche. Korrekt gesagt: Sie hat wieder eine Eiche.

Und das beziehungsweise die hat eine Vorgeschichte, wie Silvio Wand, der Inhaber der Broilerbar, bei der Pflanzung des langlebigen und unerschütterlich harten Holzgewächses erzählte: „Vor einigen Jahren habe ich die 1.000-jährige Eiche in Löcknitz in der Uckermark besucht.´Ich habe mir die Zeit genommen dieses Wunder der Natur zu betrachten und mir vorgestellt, wie viele Generationen an diesem Anblick Freude und Glück empfanden. Ich fragte mich aber auch: Wie viele Stürme hat sie überstanden? Wie viel Leid hat sie gesehen? Eines jedoch ist sicher: Diese Eiche, sie ist Sinnbild für Beständigkeit.“

Aus den USA über Bulgarien

Ebenjene Beständigkeit möchte die Broilerbar haben – und hat sie schon bewiesen. Ganz genau gesagt, seit Pfingsten 1961. Da wurde sie als Restaurant „Aktivist“ eröffnet; als Wohngebietsgaststätte des Wohnkomplexes II eines der ersten Lokale der Hoyerswerdaer Neustadt. 1973 wurde umgebaut, renoviert und zur ersten Erlebnisgaststätte Hoyerswerdas aufgewertet – nunmehr und als Broilerbar. Der Broiler (Gebratenes, Gegrilltes) stammt eigentlich aus den USA, wo er zuerst in den 30er-Jahren auf den Teller kam. Das legendäre KFC, das Kentucky Fried Chicken (Kentucky-Brathuhn), kam erst zwei Jahrzehnte später: die Kette wurde am 24. September 1952 gegründet. Dennoch wäre der Broiler ein ideologisches Problem gewesen – ein Name vom Klassenfeind ... Da traf es sich, dass der Broiler Anfang der 60er Jahre zunächst nach Bulgarien „auswanderte“ – und da war es in der DDR leicht, das 1.000 bis 1.200 Gramm Verzehrfertig-Gewicht habende Brathuhn, das es 1968 auch hierhergeschafft hatte, „bulgarischen Broiler“ zu nennen. Und dabei blieb’s – wer verstand schon Bulgarisch ...

Mit beziehungsweise ohne Eiche

Diesen Namen und diesen Anspruch, eben Broilerbar, behielt die Hoyerswerdaer Gaststätte auch nach dem Mai 1991, als das Haus in Nachwendezeiten privatisiert und vom nunmehrigen Inhaber Silvio Wand komplett umgestaltet, modernisiert und mit einem rustikalem Ambiente ausgestattet worden war.

Und zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon ein paar Jahre/Jahrzehnte ihre Ur-Eiche. Denn „... 1961 dachten sich die Planer unserer Stadt, dass an dieser Stelle (also vor dem «Aktivisten») eine Eiche gepflanzt werden soll. Es gibt ein Foto, das die Gaststätte noch vor der Eröffnung zeigt – ohne Baum. Eine befreundete Stammkunden-Familie namens Otto schenkte mir ein Foto von Anfang der 70er-Jahre als die Eiche direkt vor dem Haupteingang ihre Äste in den Himmel streckt. Sie war schön und stolz, gab Schatten und Schutz, wurde zum Wahrzeichen unseres Hauses.“ Und wahrscheinlich stünde sie noch heute und würde einer Stattlichkeit entgegenwachsen wie die Eichen am Schloss – aber gegen entfesselt-blindwütige Naturgewalten ist halt auch eine Eiche machtlos: Ein Blitzschlag 2016 beschädigte sie schwer. Im trockenen Sommer 2017 verlor sie ihre Kraft; ihre Rinde löste sich, ihre Äste neigten sich. Sie hatte keine Chance. „Eine schlimme Stunde, als sie im Sommer 2018 gefällt werden musste“, erinnert sich Silvio Wand.

Aber er fühlte auch eine Art Verpflichtung in sich aufsteigen: „Wir leben im Land der Eichen. Wir wohnen in der Stadt der drei Eichen. Ein Baum steht für Leben. Die Eiche steht für Hoyerswerda. Und unsere Eiche stand an diesem Ort für die Broilerbar. Warum soll der Wohnkomplex II nicht seine Broilerbar-Eiche wieder bekommen?, dachte ich mir und beschloss: «Eine neue Eiche muss her!»“

Statt eines Richtspruchs

Und nicht nur eine Eiche – auch einen Stein, der davon kündet, was es mit genau dieser Eiche auf sich hat. Die hiesige Steinmetzfirma Israel lieferte ihn; das Holz hatten die Hoyerswerdaer Baumschulen Kmetsch in persona der Familie Hassemeier aus gesucht – und am Sonnabend um 15 Uhr wurde der Baum gesetzt und das Ensemble eingeweiht. So, wie’s für ein neues Haus einen Richtspruch gibt, gab’s für die Broilerbar-Eiche einen Taufspruch (siehe unten). Alle Kosten für Baum, Pflanzung und Stein wurden durch die Baumschule Kmetsch und die Broilerbar getragen. Die Broilerbar übernimmt die Patenschaft und sorgt für die Pflege des Baumes.

Glühwein und frisches Wasser

Silvio Wand fand dazu treffende Worte: In Zeiten von Ungewissheit soll uns dieser Baum Zuversicht und Optimismus geben. Dazu gibt es ein treffendes deutsches Sprichwort: «Je größer die Stürme, desto fester wurzelt die Eiche.» Die Achtung vor der Natur war Antrieb; das Wissen um die Geschichte Auslöser und die Liebe zur Heimat war der Motor. Natur, Geschichte und Heimat sind Werte, welche uns Menschen über Jahrhunderte zu dem gemacht haben, was wir sind: Menschen mit tief verwurzelter Identität.“ Dann erhoben die etwa 30 Gäste dieser Freiluft-Zeremonie das Glas – nicht mit Sekt, sondern mit Glühwein (Anstoßen wäre ja angesichts des Sicherheitsabstandes auch mit einigen Schwierigkeiten verbunden gewesen ...). Nur die Eiche bekam nichts leicht alkoholisch Wärmendes, denn sie ist ja, nach Eichen-Maßstäben, noch im Kindesalter – sie musste sich also mit einem Trunk Wasser aus der grünen Gießkanne zufrieden geben. Dafür kam auch sie in den Genuss der drei Musikstücke, die die knappe halbe Stunde ihrer „Einzugsparty“ umrahmten, und die Gäste machten anschließend eifrig fotografische Aufnahmen vom Baum-Stein-Duo. Vielleicht wird ja eines der Lichtbilder das Wand’sche Album ergänzen – dann aber hoffentlich als Pendant zu einer prächtigen Broilerbar-Eiche in natura. (JJ/SW)

Taufspruch für die Broilerbar-Eiche

Tausendmal soll der Frühling durch deine Blätter brausen.
Tausendmal soll dich der Herbstwind zerzausen.
Wirst Frieden erleben und Schlechtes ertragen,
Lachen und Freude wird’s geben, genauso Verzagen.
Du Eichbaum bist Symbol und Pfand
für Beständigkeit und Liebe zu unserem Heimatland.
Jetzt stehst du hier im Borken-Gewand
und wirst ab heute „Broilerbar-Eiche“ genannt.