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Kavalierhaus-Vision wird Wirklichkeit

In Bad Muskau verbinden sich ab 2027 Kultur und Natur, Länder, Menschen, Ideen, Parks sowie Grenzen überschreitende Erlebnisse noch stärker.

Von Sabine Larbig
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Ministerpräsident Michael Kretschmer lobte die Ideen aus dem Architektenwettbewerb und unterstrich das Freistaats-Bekenntnis zu Bad Muskau und der Region.
Ministerpräsident Michael Kretschmer lobte die Ideen aus dem Architektenwettbewerb und unterstrich das Freistaats-Bekenntnis zu Bad Muskau und der Region. © Foto: Gernot Menzel

Bad Muskau. Von außen ist das Kavalierhaus schlicht. Doch im Inneren empfängt ein Foyer mit Informationstresen, Museums-Shop und Blick zum Hof-Café die Besucher, die durch Wandöffnungen schon von weitem ein riesiges Faltenbogenmodell sehen, an dem Museums-Rundgänge starten und enden. Über eine breite Treppe oder per Aufzug gelangen sie zuerst in die Ausstellungsräume im gewölbeartigen Untergeschoss, wo die Reise durch den Muskauer Faltenbogen von der Entstehung über die Gegenwart bis in die Zukunft mit der spektakulär in Szene gesetzten Eiszeit beginnt.

Kluge Lösung für knifflige Aufgabe

Kaum ein Besucher bemerkt beim Rundgang den Übergang vom Alt- in den Neubau an der westlichen Hofseite. Dort lädt ein mit Kiefern, Tannen und Farnen bepflanzter Tertiärhain ein, wobei sich ein Steg bis zu den Baumkronen spannt. Rechts und links aller Räume und Wege geben Fenster und Sichtachsen immer wieder den Blick auf neu zu Entdeckendes – wie Säugetiergruppen, Klima-Arboretum oder eine acht Meter hohe Gletscherwelt frei, bevor der Rundgang in einem Raum voller Projektionen und futuristischer Einblicke endet.

Ob alles genau so entsteht? Vielleicht. Doch die von der Arbeitsgemeinschaft knoppekgrahl (Berlin) mit hutterreimann Landschaftsarchitektur eingereichten Um-und Ausbauideen überzeugten die Jury. Sie kürte den Entwurf der jungen unbekannten Architekten zum Sieger des europaweiten Architektenwettbewerbs für das Kavalierhaus Bad Muskau. Laut Prof. Dr. Arno Lederer, Vorsitzender der Jury und Fachpreisrichter, habe der Vorschlag damit gepunktet, dass sich „der Neubau bescheiden im Hintergrund“ entwickle; Ein- und Ausgang über den Altbau erfolgen; ein Lehrpfad integriert ist und eine „kluge Lösung gefunden“ wurde, indem der Neubau nicht als direkter Anbau konzipiert worden sei.

Laut Jaroslaw Golaszewski, Leiter des für den Bau zuständigen Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (Niederlassung Bautzen), könnten nun die Planungs- und Genehmigungsverfahren intensiviert werden, um 2024 mit dem Bau zu starten. Parallel seien Ausstellungs- und Technikplanung möglich. Denn das bislang nutzungsunabhängig sanierte Gebäude im Unesco-Welterbe „Fürst-Pückler-Park“ soll 2027 als Besucher-, Bildungs- und Informationszentrum im sächsischen Teil des Unesco Global-Geopark „Muskauer Faltenbogen“ öffnen. Um Entstehung und Prozesse der geologischen Formation, daraus resultierende Rohstoffgewinnung und wirtschaftliche Entwicklung der Region sowie landschaftliche Folgen und Wechselwirkungen zwischen Klima und Landschaft von der Eiszeit bis zum aktuellen Strukturwandel auf 3.500 Quadratmetern Fläche anschaulich darstellen zu können, wird das historische Kavalierhaus um einen Neubau im Hof erweitert.

Für das Vorhaben stellen der Bund 14 Millionen Euro und der Freistaat Sachsen 20 Millionen Euro bereit.

34 Millionen stehen für Bau bereit

„Das Weltkulturerbe Muskauer Park ist ein Gesamtkunstwerk mit internationaler Strahlkraft. Mit dem Informationszentrum entsteht ein weiterer großer Schatz in der Lausitz, wird aus einer Vision nun Wirklichkeit“, so Ministerpräsident Michael Kretschmer anlässlich der Vorstellung der Siegerentwürfe des Architektenwettbewerbs, von denen er sich „beeindruckt“ zeigte. „Sie sind so spannend und inspirierend, dass man künftig einfach herkommen muss, um das Zentrum zu besuchen. Menschen zusammenbringen, beste Ideen und Macher einbeziehen und bewusst große Brötchen backen, ist, was wir in Bad Muskau wollten. Denn wir glauben an die Region und wollen Dinge schaffen, die Touristen bringen und die Region wirtschaftlich wachsen lassen“, begründete Kretschmer die Millioneninvestitionen im Park.

Cord Panning, Geschäftsführer der Fürst-Pückler-Stiftung, bezeichnete das Zusammenbringen zweier Welterbe in Bad Muskau als „wunderbar in die Zeit passend“ und die Bekanntgabe des Siegerentwurfs als denkwürdigen Tag, weil damit die Quadratur des Kreises gelungen sei. „Auf der Grundfläche des historischen Hofgrundrisses entfaltet sich ein schlüssiges bauliches Konzept, das mit «Tarnkappenfassaden» nicht in den umliegenden Park hineinwirkt und gleichzeitig im Innern moderne Raumkunst zelebriert.“

59 Ideen derzeit in einer Ausstellung

Ebenfalls begeistert ist Faltenbogen-Visionär und Förderverein-Vorsitzender Dr. Manfred Kupetz. Obgleich ab Juni 2022 nicht mehr der Verein, sondern der europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit in Sachen Muskauer Faltenbogen, für Erschließung, Vermarktung, grenzüberschreitende Kooperation, Projekte, Finanzierungen, Fachaustausch und Koordinierung zuständig ist, bleibt Kupetz bei Verein und Projekt involviert. „Ich begleite die wissenschaftlich-geologischen Inhalte der Ausstellung“, verriet er.

Wen es interessiert, was sich die Architekten der 59 eingereichten Entwürfe für das Besucherzentrum im Kavalierhaus ausdachten, kann die Ideen bis 13. Februar als Ausstellung im Neuen Schloss ansehen.

Sie posierten gern für ein Foto vorm Gewinnerentwurf des Architektenwettbewerbs für das Bildungs- und Besucherzentrum Unesco Geopark Muskauer Faltenbogen: Manfred Kupetz, Vorsitzender Förderverein Muskauer Faltenbogen, Parkdirektor Cord Panning, Jury-Vors
Sie posierten gern für ein Foto vorm Gewinnerentwurf des Architektenwettbewerbs für das Bildungs- und Besucherzentrum Unesco Geopark Muskauer Faltenbogen: Manfred Kupetz, Vorsitzender Förderverein Muskauer Faltenbogen, Parkdirektor Cord Panning, Jury-Vors © Foto: Gernot Menzel