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Mit dem E-Bus durch die Stadt

Für zwei Wochen testet die Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda ein Fahrzeug aus dem Hause Ikarus.

Von Uwe Schulz
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50 Jahre Ikarus-Busgeschichte nebeneinander: Links das aktuelle Vorserienmodell des Elektro-Busses 120e „City Pioneer“, rechts der Diesel-Ikarus 55 aus dem Jahr 1971. Der ist das Traditionsfahrzeug der Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda.
50 Jahre Ikarus-Busgeschichte nebeneinander: Links das aktuelle Vorserienmodell des Elektro-Busses 120e „City Pioneer“, rechts der Diesel-Ikarus 55 aus dem Jahr 1971. Der ist das Traditionsfahrzeug der Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda. © Foto: Uwe Schulz

Hoyerswerda. Als der Kraftverkehr Schwarze Pumpe in den 1980er-Jahren täglich rund 20.000 Menschen transportierte, geschah dies zum größten Teil mit Bussen des ungarischen Herstellers Ikarus. Eine Hand voll Busfahrer der heutigen Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda (VGH) ist die 200er-Modelle noch gefahren und kann sich auch an die O-Bus-Ära mit den 280T-Bussen in den Jahren 1989 bis 1994 erinnern.

Heute ist man froh, wenn man 20.000 Fahrgäste in der Woche zählt und die werden ausschließlich im Stadtverkehr mit Dieselbussen bewegt. Und die tragen meist einen Stern an der Frontpartie. Doch die VGH planen den Umstieg auf Elektrobusse – entweder mit einem großen Wurf über Strukturwandelgelder binnen weniger Jahre oder Schritt für Schritt über viele Jahre.

Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, schaut sich das Unternehmen nicht nur E-Busse verschiedener Hersteller an, sondern vereinbart auch Probefahrten im eigenen Liniennetz. Vor etlichen Monaten hatte man von Mercedes bereits einen E-Citaro für einige Tage im Einsatz. Einen MAN will man auch noch testen. Seit Dienstag ist nun ein 12 Meter langer Ikarus 120e in der Stadt unterwegs. Er fiel schon auf, als er Ende vergangener Woche huckepack vom Ikarus-Vertriebspartner in Deutschland nach Hoyerswerda gebracht worden war. Freitag rollte der Bus auf der B 97 Richtung Cottbus. Und bei der Presse-Präsentation durch Christian Geymeier, Leiter Verkehr, am Montag sah man im Stadtgebiet einige erstaunte Gesichter, die den neuen leisen Bus mit der freundlichen Frontpartie sofort registrierten. Zwei Wochen lang wird er auf allen Linien der VGH verkehren, schätzungsweise sechs, acht Fahrer werden ihn bewegen, ins Fahrtenbuch relevante Angaben schreiben, und ihre persönlichen Einschätzungen sind selbstverständlich gefragt. Wie beim Citaro hat man einen VGH-Ticket-Automaten neben der Fahrerkabine montiert.

Christian Geymeier hat sich das Ikarus-Vorserienmodell schon genau angeschaut. Es gibt Features wie den Türschließmechanismus an der dritten Tür, die sind in Deutschland so serienmäßig nicht zulässig, aber der Bus fährt mit ungarischem Kennzeichen und eben im Probebetrieb. Die Sitze mit den dünnen Lehnen sind bequem. In Reichweite befinden sich USB-Ladebuchsen. Die elektrische Heizung bullert gegen die aufziehende Kälte an. Wer aussteigen will, der drückt einen der grünen Halt-Anforderungs-Knöpfe, die auch mit Braille-Schrift versehen sind. Weiter oben gibt es noch rote Not-Knöpfe. In einem Personentransportmittel, das auf Langlebigkeit und praktischen Gebrauch ausgelegt ist, kann man als Hersteller kaum überraschen, es sei denn mit Details. Christian Geymeier am Steuer findet die Rückfahrkamera toll, andererseits ist der Bus für VGH-Verhältnisse nicht ideal bestuhlt. Denn Hoyerswerda ist Rollator-Stadt. Da setzt der Leiter Verkehr auf mehr Platz für die entsprechende Klientel. Ohnehin weiß man, dass 25 Prozent der VGH-Fahrgäste über einen Schwerbehindertenausweis verfügen, deutschlandweit sollen es 5 Prozent sein. Doch Christian Geymeier weiß, dass sich Bestuhlungen ja beim Bestellprozess ändern lassen – wenn es von der Konstruktion des Fahrzeugs her möglich ist. Letztlich werden viele Komponenten eine Rolle spielen, natürlich auch der Preis. E-Busse sind ohnehin viel teurer als Dieselbusse und nach gut 7-8 Jahren müssen die Akkus getauscht werden. Fakt ist, dass der Trend in den Verkehrsbetrieben hin zum E-Bus geht. In Hoyerswerda spielt die Topographie beim Thema Reichweite in die Karten. Ob Bus oder Pkw, ob Benziner, Diesel oder Stromer – Herstellerangaben zum Thema Verbrauch und Reichweite sind eine Sache für sich. Beim E-Ikarus geht man davon aus, dass nach 220-250 Kilometern der vollgeladene Akku bei 20 Prozent angelangt sein wird. Aktuell liegen die täglichen Umläufe der VGH-Busse bei 170 Kilometern. „Wir benötigen also keine zusätzlichen Ladestationen im Netz“, sagt der Leiter Verkehr. Nun will man prüfen, wie das Stromnetz am Stammsitz ausgelegt ist.

Christian Geymeier parkt den Bus rückwärts in die denkmalgeschützte Bushalle, stöpselt das mitgelieferte Ladegerät ein. In knapp drei Stunden soll der aus mehreren Einheiten im Heck und auf dem Dach des Busses bestehende Akku wieder zu 100 Prozent geladen sein.

Christian Geymeier am Arbeitsplatz des E-Ikarus. Vorn rechts das extra montierte Ticket-Terminal der VGH.
Christian Geymeier am Arbeitsplatz des E-Ikarus. Vorn rechts das extra montierte Ticket-Terminal der VGH. © Foto: Uwe Schulz
Jeder Sitzplatz hat in seiner Nähe eine USB-Ladebuchse, deren Nutzung im Fahrpreis inbegriffen ist.
Jeder Sitzplatz hat in seiner Nähe eine USB-Ladebuchse, deren Nutzung im Fahrpreis inbegriffen ist. © Foto: Uwe Schulz
Ladegerät einstöpseln und nach drei Stunden soll der Akku von 20 wieder bei 100 Prozent sein.
Ladegerät einstöpseln und nach drei Stunden soll der Akku von 20 wieder bei 100 Prozent sein. © Foto: Uwe Schulz