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Schüler helfen Schülern

Schüler, Eltern und Lehrer der Oberschule haben sich für aus der Ukraine geflüchtete Menschen engagiert.

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Schüler des Produktiven Lernens und ihre Lehrer übergaben vergangenen Mittwoch diese erneuerten Fahrräder an Flüchtlinge aus der Ukraine, die im City Hotel wohnen.
Schüler des Produktiven Lernens und ihre Lehrer übergaben vergangenen Mittwoch diese erneuerten Fahrräder an Flüchtlinge aus der Ukraine, die im City Hotel wohnen. © Foto: Silke Richter

Von Silke Richter und Juliane Mietzsch

Hoyerswerda. Im Jahr 1959 schuf der Maler und Grafiker Kurt Heinz Sieger für die Polytechnische Oberschule „Ernst Schneller“ Wandbilder, die heute noch in den Treppenhäusern der Oberschule im WK I zu betrachten sind. Dort findet sich auch ein Detail, das vermutlich Schulleiterin Romy Stötzner zu einer Aktion inspirierte, die im Zusammenhang mit aus der Ukraine geflüchteten und nun in Hoyerswerda lebenden Menschen steht.

Die dort zu sehende Friedenstaube wurde also kurzerhand vervielfältigt, auf Buttons aufgebracht und gegen Spenden verteilt – zugunsten ukrainischer Geflüchteter. Insgesamt sind in den vergangenen Wochen so 1.114 Euro zusammengekommen. Daher hat sich eine kleine Abordnung um die Schulleiterin auf den Weg zum Léon-Foucault-Gymnasium gemacht, um diese Summe an die, die Ukraine-Hilfe koordinierende, Awo Lausitz zu übergeben. „Es sind mehr als 1.000 Euro zusammengekommen. Das freut uns sehr“, meint Romy Stötzner über die erfolgreiche Hilfsaktion. Um 150 Euro aufgestockt hat den Betrag schließlich noch das Institut für Produktives Lernen in Europa (IPLE) Berlin.

Ziel: Integration in reguläre Klasse

Das Léon-Foucault-Gymnasium war der Ort der Übergabe, weil es dort eine Klasse gibt, in der etwa zwanzig ukrainische Kinder gemeinsam Lernen, hier wird der Schulbesuch der Sekundarstufe für die in der Stadt lebenden Jungen und Mädchen abgesichert. Mittels Themenkomplexen, wie „Mein Tag“, „Neu hier“ oder auch „Meine Familie“ lernen die Schülerinnen und Schüler im Alter von zehn bis 17 Jahren gemeinsam Deutsch. Danach kann die Integration in ihre jeweilige Altersstufe erfolgen. Zwei Mädchen sind schon in einer neunten Klasse untergekommen, wie Schulleiter Uwe Blazejczyk berichtet. Ein Mitschüler verrät, dass die Kommunikation größtenteils auf Englisch läuft.

Bei der Betreuung der jungen Ukrainerinnen und Ukrainer bringt sich ein Hoyerswerdaer Senior ein, der einmal zunächst in Moskau studiert und später viele Jahre dort gearbeitet hat. Seine Sprachkenntnisse sind hilfreich, Russisch ist der gemeinsame Nenner. „Mein Anliegen war, zu helfen“, sagt er über sein Engagement. Zweimal wöchentlich hilft er für drei Stunden aus und geht mit den Kindern und Jugendlichen durch den Stoff. Er hat Spaß daran, und erklärt, dass Vokabeln und die Deklination gelernt werden, aber auch kleine Vorträge gehalten werden. Die Schülerinnen und Schüler sind zufrieden mit den Bedingungen und erklären, keine Schwierigkeiten mit ihrem unterschiedlichen Alter zu haben. Bis vor Kurzem wurde der Unterricht auch noch durch eine aus der Ukraine stammende Lehrerin abgesichert, die schon einige Jahre in Deutschland lebt, an der Oberschule Wittichenau unterrichtet. Doch sie wurde in ein Beschäftigungsverbot aufgrund von Schwangerschaft versetzt. Jetzt wird ein Ersatz erwartet, wie der Schulleiter mitteilt. Die Zuständigkeit liegt beim Landesamt für Schule und Bildung.

Auch der Zweig des Produktiven Lernens, ein alternatives Bildungsangebot, an der Oberschule hat eine Unterstützungsaktion ins Leben gerufen. Das Grundanliegen hierbei ist, in Hoyerswerda lebenden Flüchtlingen aus der Ukraine die Möglichkeit zu geben, unabhängig von Zeit und Ort Ämter und andere Einrichtungen auch ohne öffentliche Verkehrsmittel erreichen zu können. Engagierte Eltern hatten zur Umsetzung dieser Idee vier Fahrräder aus dem Privatbesitz gesponsert, die von den Jugendlichen in den letzten Wochen wieder fahrtauglich und aufgemöbelt wurden. Es wurde fleißig geschliffen, gestrichen, geschraubt, montiert, Luft aufgepumpt und bei der Umsetzung auf die Verkehrstauglichkeit der Räder nach der Straßenverkehrsordnung geachtet. Auch die Suche nach Sponsoren, die das Projekt unterstützen möchten, war erfolgreich. Die notwendigen Reflektoren sind vom Fahrradhändler „Little John Bikes“ gespendet worden.

Ein Lageplan soll folgen

Derzeit erarbeiten die Schüler des Produktiven Lernens auch noch einen Lageplan für ukrainische Flüchtlinge auf dem unter anderem auch Ausflugsziele in der näheren Umgebung zu finden sein sollen. Der Wegweiser ist noch in Arbeit und wird nach seiner Fertigstellung übergeben, so PL-Lehrer Enrico Mager. „Ich finde es ganz stark, was hier entstanden ist“, meint Romy Stötzner begeistert. Die Leiterin der Oberschule freut sich über diese beiden Aktionen.

Die Übergabe der Fahrräder fand bereits am vergangenen Mittwoch am City Hotel in der Bautzener Allee 1a statt. Dort leben derzeit noch einige wenige aus der Ukraine geflüchtete Menschen. Mitte Juni sollen, laut Auskunft vom City Hotel, alle Flüchtlinge in Wohnraum umgezogen sein, wenn alles nach Plan läuft. Das war bisher eine Mammutaufgabe, wie es Awo-Mitarbeiter Björn Fünfstück beschreibt, die in den letzten Wochen jedoch dank Ehrenamtlicher und weiterer Unterstützung durch zum Beispiel den Lionsclub, die Feuerwehr und die Euro-Schulen Hoyerswerda bewältigt wurde. Etwa 80 Wohnungen in Hoyerswerda, Lauta, Bernsdorf und Kamenz werden, nach Auskunft der Awo, von ukrainischen Familien bewohnt. 287 Personen, darunter 119 Kinder konnten daher schon dezentral untergebracht werden. Eine Handvoll Personen ist noch in der ehemaligen Tennishalle untergebracht. Die soll ebenfalls bald leergezogen sein. Insgesamt 45 Kinder besuchen Schulen im Stadtgebiet, 19 Kinder eine Kita.

Am Foucault-Gymnasium lernen mehr als 20 Schülerinnen und Schüler, die aus der Ukraine stammen. Die Oberschul-Leiterin Romy Stötzner und zwei Schüler-Vertreter kamen an das Gymnasium, um die Spenden einer dort initiierten Aktion sowie Friedens-Buttons zu
Am Foucault-Gymnasium lernen mehr als 20 Schülerinnen und Schüler, die aus der Ukraine stammen. Die Oberschul-Leiterin Romy Stötzner und zwei Schüler-Vertreter kamen an das Gymnasium, um die Spenden einer dort initiierten Aktion sowie Friedens-Buttons zu © Foto: Juliane Mietzsch