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„Ich brauche nur einen Tisch, W-Lan und Kaffee“

Physik ist nicht jedermanns Sache. Julia Woithe aus Georgewitz interessiert sich dagegen brennend für die Naturwissenschaft.

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© Bernd Gärtner

Von Marcus Scholz

Physik ist nicht jedermanns Sache. Julia Woithe aus Georgewitz interessiert sich dagegen brennend für die Naturwissenschaft. Als Doktorandin arbeitet sie am Kernforschungsinstitut CERN im schweizerischen Genf. Heute gibt die 27-Jährige im Kulturraum Georgewitz einen kleinen Einblick in ihr Forscherleben. Vorab verrät sie schon einmal, warum es ihr die Physik angetan hat und warum mit ihrer Arbeit in der Schweiz ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Gerade ist die junge Frau auf Heimaturlaub.

Mit Schutzhelm und Notizblock ausgerüstet steht Julia Woithe vor dem Genfer Teilchenbeschleuniger. Damit geht ein Traum von ihr in Erfüllung.
Mit Schutzhelm und Notizblock ausgerüstet steht Julia Woithe vor dem Genfer Teilchenbeschleuniger. Damit geht ein Traum von ihr in Erfüllung. © privat

Frau Woithe, wie ist es wieder in der Heimat zu sein, abseits von Teilchen, Formeln und Experimenten?

Super. Ich habe schon Brombeeren im Garten gepflückt und Gurken eingelegt. Zum Abschalten ist das perfekt.

Wie kommt man als junge Frau denn auf die Idee Physikerin zu werden?

Ich wollte schon immer herausfinden, wie alles um mich herum funktioniert und woraus es zusammengesetzt ist. Für mich war deshalb schnell klar Physik zu studieren.

Und dann sind Sie am Ende im bekanntesten Kernforschungsinstitut der Welt, dem CERN in Genf gelandet?

Ja. Nach 5 Semestern Physikstudium habe ich mich dann dazu entschieden auf Lehramt für Physik umzusteigen. Ich wollte einfach mit Menschen zusammenarbeiten und ihnen etwas beibringen. Die ganze Zeit vor dem Computer zu sitzen ist nichts für mich.

Wie kommt man denn an eine Stelle am CERN, wonach sich viele Physiker weltweit die Finger lecken?

Meine Masterarbeit im Studium drehte sich um Teilchenphysik und um ein Experiment am CERN. Thema war, wie man Schülern die Physik näher bringt, wobei sie selbst Experimente auswerten sollten. Danach habe ich mich auf eine Stelle beworben und bin jetzt als Doktorandin in der Schweiz beschäftigt und neben der Arbeit mit Schülern beschäftige ich mich mit dem weltgrößten Teilchenbeschleuniger.

Können Sie kurz beschreiben was das Gerät macht und wie groß es ist?

Der Teilchenbeschleuniger, kurz LHC, ist ein rund 27 Kilometer langer Ringtunnel unter der Erde. Darin schießen wir kleine Teilchen mit annähernd Lichtgeschwindigkeit aufeinander und schauen dann was passiert. So wollen wir an neue Erkenntnisse über die Entstehung und Zusammensetzung unseres Universums gelangen.

Der Beschleuniger hilft also beim Verstehen der Welt?

Genau, so kann man das sagen.

Verstehen Sie denn immer alle Ergebnisse Ihrer Experimente?

Natürlich nicht. Auch ich weiß manchmal nicht, was ich mit bestimmten Ergebnissen anfangen soll. In der Forschung ist vieles so abstrakt, dass man es sich nicht mehr vorstellen kann.

Ist das auch die Faszination, dass alles so weitläufig ist und es immer wieder neue Sachen zu entdecken gibt?

Eigentlich ist es genau das Gegenteil. Unser Ziel ist es eine Art Weltformel zu finden. Also eine Theorie, die alle Prozesse und Phänomene im Universum beschreibt. Wir wissen aber auch, dass wir da noch einen weiten Weg vor uns haben.

Das bedeutet?

Etwa fünf Prozent des Universums sind bisher erforscht, der Rest fehlt noch.

Wie muss man sich denn das CERN-Gelände eigentlich vorstellen. Etwa wie einen großen Campus einer Universität?

Das Gelände liegt etwas außerhalb von Genf und ist riesig. Täglich arbeiten dort um die 10 000 Forscherinnen und Forscher aus aller Welt. Allerdings war ich nach meinem ersten Besuch etwas vom Baustil enttäuscht. Ich hatte andere Erwartungen.

Warum denn das?

Gelder werden in die Forschung und nicht in Gebäude investiert. Durch mein Büro spazieren manchmal Ameisen und an den Wänden verlaufen Wasserrohre. Klimatisiert sind auch nur wenige Gebäude.

Macht das Arbeiten in so einer Atmosphäre denn überhaupt Spaß?

Ich habe mich daran gewöhnt und brauche eigentlich sowieso nur einen Tisch, W-Lan und ganz viel Kaffee. Es war lange mein Traum da zu arbeiten. Die Größe der Experimente ist beeindruckend.

Was machen Sie neben dem Forschen?

Am CERN wird uns viel geboten. Es gibt einen Yoga-Kurs, eine eigene Fußballmannschaft und ich leite einen Bastelkurs. Man kann sich den ganzen Tag auf dem Gelände beschäftigen. Nur nicht übernachten.

Gibt es eine Gemeinsamkeit zu Ihrer Heimat nahe Löbau?

18 Uhr schließen in Genf die Läden. Da muss ich vorher Feierabend machen, um noch etwas einkaufen zu können.

Der Vortrag über Julia Woithes Leben in der Schweiz beginnt heute, um 19.30 Uhr, im Kulturraum Georgewitz.